Was können Sie tun, damit sich Patientinnen in Ihrer Praxis wohl und aufgehoben fühlen? Häufig reicht es schon, die eigenen Räume und das eigene Team mit den Augen der Patientin zu betrachten. Und dann die richtigen Rückschlüsse zu ziehen. Wir geben Tipps für ein werteorientiertes Marketing.
Oscar Wilde wird das Zitat zugeschrieben: „Ich habe einen ganz einfachen Geschmack. Einfach nur das Beste.“ Oder anders ausgedrückt: Den Profi erkennt man an der Sorgfalt im Detail. Beide Formulierungen eignen sich als Handlungsimpuls für die Marketing-Bestandsaufnahme einer Frauenarztpraxis:
• Was können die Patientinnen von unserer Praxis erwarten?
• Welches Anspruchsniveau haben wir selbst?
• Worin unterscheiden wir uns von anderen?
Nur wer etwas anders macht, kann auch erwarten, dass es anders läuft. Augen sind dabei genauere Zeugen als die Ohren. Laden Sie sich selbst ein, mit den Augen einer (neuen) Patientin einmal den Weg durch Ihre Praxis zu gehen. Direkt beim Betreten wird das Praxisambiente sichtbar und erlebbar. Mit einer mehr oder weniger gespannten und empfänglichen Wahrnehmung öffnen sich alle Sinne. Gesichts- und der Gleichgewichtssinn nehmen die räumliche Aufteilung, die Orientierung innerhalb der Praxis und die optischen Reize wahr. Hier spielen vor allem Licht, Farben und Hinweise eine Rolle. Fast zeitgleich schalten sich der Gehörsinn und der Geruchssinn ein. Während die Optik und die Akustik beim ersten Eindruck bewusst wahrgenommen und bewertet werden, beeinflusst der Geruch eher unbewusst. Die Nase entscheidet oft blitzschnell, ob wir jemand sympathisch finden oder uns in Räumlichkeiten wohlfühlen. So kann räumliche Enge in Wartebereichen – verbunden mit einem unangenehmen Duftklima – sehr schnell Stimmung, Gefühle und damit Verhalten beeinflussen. Eine nicht unerhebliche Rolle spielt auch der Temperatursinn. Frauen reagieren sehr feinfühlig auf Wärme und Kälte – nicht nur in den Behandlungsräumen, sondern auch bei Instrumentarien.
Gerade weil der Besuch beim Frauenarzt oft mit Unsicherheit, Ängsten und Erwartungsdruck verbunden ist, sollte das Thema „Angstabbau“ auch aus Marketingsicht in der ärztlichen Umgebung eine wichtige Rolle spielen. Als Top-Partner Ihrer weiblichen Klientel kann dieser Schwerpunkt schon ein besonderes Alleinstellungsmerkmal werden. Merke: „Unsere Patientinnen schätzen die ruhige und vertrauensvolle Behandlungsatmosphäre – auch wenn sie gerade in einer herausfordernden und schwierigen Lebenssituation unsere Hilfe und Unterstützung benötigen.“ Zu den stimmungsvollen Aufmerksamkeitssignalen gehören auch eine hochwertige Blumendekoration an der Rezeption und ein besonderer, persönlicher Willkommensgruß. So selbstverständlich das auch klingt, hilft es gestressten Patientinnen doch, rasch Zweifel und Ängste beim Praxisbesuch abzubauen. Aufmunternde Zeichen und gezielt eingesetzte Harmonieakzente zeugen von einer niveauvollen, gewinnenden Praxisphilosophie und der ärztlichen Kompetenz im Bereich sanfter Therapien, Entspannungs- und Gesundheitsleistungen, die auf die Patientinnen sofort positiven Einfluss nimmt und unangenehme Gefühle vertreibt. Beispiele finden Sie im Kasten. Dass Stimmungen unser Denken und Handeln beeinflussen, kann jeder aus eigener Erfahrung bestätigen. Grund genug, die private Frauenarztpraxis auch unter dem Aspekt „Wohlfühl-Praxis“ aktiv zu gestalten – zu beiderseitigem Nutzen übrigens. Denn in positiver Stimmung gehen Ihnen die Dinge auch leichter von der Hand, das Klima im Team und in der Interaktion mit den Patientinnen sind gelöster. Besonders wichtig: die Besucher Ihrer Praxis werden in ihrer Meinung bestätigt, dass sie die richtige Frauenarzt-Wahl getroffen haben.
Viele Frauenarztpraxen erarbeiten sich ein Motto oder Leitbild. Hierbei ist der entscheidende Faktor die Authentizität: wirklich gelebtes Qualitätsmanagement und eine für die Patientin tatsächlich erlebbare Unternehmens-/Praxisphilosophie, die vielleicht sogar ein „AHA-Erlebnis“ auslöst. Der erste Schritt dazu ist die Analyse der Zielgruppen Ihrer Praxis. Stellen Sie sich folgende Fragen (Fragebogen-Aktionen, Benchmarketing):
• Welche Patientengruppen hat Ihre fachärztliche Privatpraxis? (z. B. altersmäßig, interessiert an Vital- und Gesundheitsleistungen, Schwangere, junge Erwachsene, selbstständig Tätige etc.)
• Wer ist die Kernzielgruppe? Wie viel Prozent des Umsatzes entfallen auf sie?
• Welche Zielgruppe wird derzeitig noch vernachlässigt und sollte in Zukunft verstärkt angesprochen werden?
• Wie viel Prozent unserer Patientinnen interessieren sich für Zusatzleistungen?
• Wie wird die Attraktivität und Anziehungskraft unserer Praxis beurteilt?
Die exakte Definition der eigenen Zielgruppen ist deshalb so wichtig, weil aus diesem Wissen gezielte „Marketingaktivitäten“ resultieren. Die Wahl der Zielgruppen ist eine wichtige unternehmerische Entscheidung, die die gesamte Zukunftsstrategie beeinflusst.
Von enormer Bedeutung ist der Erstkontakt sowohl am Telefon als auch am Praxisempfang. Hier kann ein individuell formulierter, werteorientierter „Knigge“ als kleines Handbuch und verbindliche Dienstanweisung von Nutzen sein:
Signale erstellen die Wohlfühlbilanz der Patientinnen: Der Patientin, die die Praxis zum ersten Mal betritt, ein gutes Gefühl zu geben, das Gefühl der Unsicherheit zu nehmen und mit „Sterne-Qualität“ analog zum Sterne-Hotel zu punkten, ist ein Kernprozess, der definiert, eingeübt und immer wieder trainiert werden muss – wenn er als gewünschter Standard gesichert werden soll. Hier sollte auf die Kongruenz des Verhaltens der Praxisleitung und des Praxisteams geachtet werden. Nicht selten werden gewünschte Verhaltensweisen von Mitarbeiterinnen anders gesehen und vielleicht nicht als notwendig erachtet. Zwei Beispiele von werteorientiertem Praxismarketing:
1. Lächeln bei der Begrüßung einer Patientin
2. Anklopfen als häufig unterschätztes Signal der Höflichkeit und des Respekts
Prüfen Sie, inwieweit diese beiden Aspekte in den Arbeitsalltag etabliert sind. Erfolgreiche Praxen sind immer auf der Suche nach Impulsen, die den Patientinnen den Aufenthalt in den Praxisräumen so angenehm wie möglich machen. Angstnehmende Maßnahmen sind nicht nur ein Gebot der Menschlichkeit, sondern gehören zum Erfolgsprogramm zukunftsorientierter Praxisteams, die immer ein wenig besser als andere sind. Für einen geglückten Praxiskontakt brauchen Patientinnen faszinierende Momente, die sie mit nach Hause nehmen! Sie gehen nicht einfach nur zum Arzt, sondern sie wollen ein gutes Gefühl besitzen, wenn sie die Praxis wieder verlassen. Verzaubern Sie Ihre Patientinnen durch das Besondere: magic moments.
Strategien für das Wohlfühlen und gegen die Angst
Für die meisten Patientinnen ist der Besuch beim Frauenarzt ein Ereignis, das mit Unsicherheit und unterschwelliger Besorgnis einhergeht. Eine individuell und liebevoll gestaltete Praxisatmosphäre haben heilende Wirkung, insbesondere bei psychosomatischen Störungen. Hier ein paar bewährte Beispiele für eine gynäkologische Praxis:
• einladendes Entree, das bereits vor dem Betreten der Arztpraxis sympathisch wirkt
• wohltönende Türglocke
• jahreszeitlich angepasste Dekoration
• eine freundliche Begrüßung durch das Praxisteam „Ich bin Anne Neumann, ich bin Ihre Ansprechpartnerin in dieser Praxis!“
• Hinweise auf die Praxisörtlichkeiten (hochwertige Beschriftungen und Piktogramme)
• hohe Diskretion; unbedingte Beachtung der Schweigepflicht, Vermeiden von peinlichen Situationen (z. B. bei der Urin- oder Stuhlabgabe oder der Angabe von Personalien)
• aufmerksamer Service (Abstellmöglichkeiten für Kinderwagen, Regenschirme, Hinweise auf Stufen, gut ausgeleuchtete Treppenhäuser)
• Informationen über den Behandlungsablauf: schriftlicher Diagnostik- und Behandlungsplan
• Sensibilität für angstauslösende Momente und Faktoren
• aktive Stimmungspflege z. B. mit einem beruhigenden Wort, einer angebotenen Erfrischung wie beispielsweise eine Tasse Aroma-Tee
• „weich zeichnende“ Spiegel und farblich angenehme Akzente
• Ausschalten von Lärm- und Störungsquellen und schrillen Geräuschen (Telefonklingeln auf optische Signale umstellen)
• milde Farbtöne und sanfte, indirekte Beleuchtung
• in Behandlungsräumen gedämpftes Licht (Dimmer)
• angenehme Raumtemperatur
• optische Ruheelemente wie Wasserobjekte, Zimmerbrunnen, entspannende Bildmotive, Aquarium
• dezente und beruhigende Hintergrundmusik
• hochwertige Duftlampen und Duftsteine
• Literatur zum Relaxen und Entspannen
Sind Sie auch eine Salutogenese-Praxis?
Wie stellt sich die Praxis unter dem Aspekt „Gesundheit und Wohlbefinden” dar? Vor allem privat versicherte Patientinnen haben oft ein besonderes Interesse an Angeboten zur Prävention und Gesunderhaltung. Als vertrauensvoller Partner in allen Belangen der Frauengesundheit begleitet der Gynäkologe die Frau in jedem Abschnitt ihres Lebens: vom Teenageralter über Schwangerschaft und Geburt bis in die Wechseljahre und ins Alter. Ihr Leistungs- und Angebotsspektrum sollte diese Vielfalt widerspiegeln.
Fazit
Werteorientiertes Praxismarketing entsteht nicht von selbst. Neben der Vorbildfunktion der Praxisleitung müssen qualitative Strukturen aufgebaut und als Zielsetzungen mit dem Praxisteam abgestimmt werden – mit konkreten Regeln und Vorgaben zur offensiven, planvollen Außendarstellung und bindenden Verhaltensgrundsätzen in konkreten Situationen. Trotz viel Engagement können im „Echtbetrieb“ die besten Vorsätze und Voraussetzungen leiden. Darum sind regelmäßige, praxisinterne Refresher-Meetings notwendig, um immer wieder mit ganz gezielten Hinweisen, Übungsbeispielen und konkreten Plänen (z. B. zur Dekoration) darauf hinzuarbeiten, dem eigenen Selbstverständnis einer anspruchsvollen Praxiskultur gerecht zu werden. Jede Praxis muss ihren Stil finden, der zum Profil der Leitung, des Teams und den Patienten-Zielgruppen passt, und glaubwürdig, nicht übertrieben oder gar aufgesetzt wirkt.