Im Zeitalter von E-Mails, sozialen Medien und Instant Messaging könnte man meinen, dass das Telefon an Relevanz verliert. Doch das ist weit gefehlt. Nach wie vor ist es das primäre Kommunikationsmittel zwischen Arztpraxen und Patientinnen bzw. Patienten. Angebote wie Online-Terminbuchung werden eher als Ergänzung gesehen.
Im Wesentlichen lässt sich die Bedeutung des Telefons auf 2 Hauptgründe zurückführen: Zum einen besteht die Befürchtung, dass sich die Qualität der Terminvergabe (z. B. nach Dringlichkeit) nicht oder nicht vollständig über Online-Terminbuchungen oder ähnliche Angebote abdecken lässt. Ein Telefonat mit einer Arztpraxis ist eben keine Pizzabestellung. Zum anderen gibt es auch viele Patientinnen und Patienten, die Online-Angebote aus verschiedenen Gründen gar nicht haben möchten. Vor diesem Hintergrund setzen viele Arztpraxen auf einen digitalen Hybridansatz, der sowohl die Telefonkommunikation als auch online Angebote umfasst. Dieser Ansatz ermöglicht es, die Bedürfnisse einer breiten Palette von Patientinnen und Patienten zu erfüllen.
Auch wenn die Kommunikationswege immer vielfältiger werden und spezielle Online-Medizinservices sich Marktanteile auch in der Gynäkologie erobern (Beispiel: „Justanswer Gynäkologie“ – Live-Chat mit dem Frauenarzt), gilt nach wie vor: Es gibt auch einfache Lösungen, die sowohl für Frauenärzte und -ärztinnen als auch für Patientinnen gleichermaßen attraktiv sind.
Klar ist: Für gelingende und heilende Gespräche sowie eine kontinuierliche Patientinnenbindung sind telefonische Kontakte, vor allem, wenn sie einfach und unkompliziert möglich sind, neben dem persönlichen Kontakt in der Praxis unverzichtbar. Während Telefonsprechstunden einfach und unkompliziert zu organisieren sind, stellt sich bei Videosprechstunden die Frage des Aufwandes und ob das eigene Patientinnenklientel dafür infrage kommt.
In Zeiten knapper zeitlicher Ressourcen ist die gut organisierte und strukturierte Telefonsprechstunde also ein erfolgreiches und aktuelles Tool einer modernen Privatpraxis. Und das sollte an der Rezeption auch entsprechend kommuniziert werden.
„Wir haben Sie am … um … Uhr für die Telefonsprechstunde vorgemerkt. Frau Dr. … hat dann Zeit, um mit Ihnen die Laborbefunde in aller Ruhe zu besprechen. Und Sie müssen nicht extra herkommen.“
Sie können Ihre Patientinnen auch direkt auffordern, den „heißen Draht“ zu nutzen: „Rufen Sie mich gerne an, wie die Salbe gewirkt hat; meine Mitarbeiterin an der Rezeption gibt Ihnen einen zeitnahen Telefontermin und wir sprechen miteinander.“ Das erhöht die Patientinnenbindung immens: „Mein Frauenarzt/Meine Frauenärztin ist für mich erreichbar.“
Geringer Aufwand, hoher Ertrag
Die Organisation dieser Arbeitsmethode ist vom Aufwand her im Vergleich zum deutlichen Nutzen eher gering. Neben dem positiven Marketingeffekt lässt sich mit einer Telefonsprechstunde auch zusätzliches Honorar erwirtschaften.
Die notwendigen administrativen Voraussetzungen dafür kann über die Mitarbeiterin an der Rezeption erfolgen. Beim Aufnahmeverfahren neuer Patientinnen am Empfang kann das Einverständnis abgefragt und in der EDV notiert werden:
Auf der Praxis-Homepage und in den Praxisräumen, aber auch im persönlichen Gespräch sollte offensiv auf die Möglichkeiten des telefonischen Kontaktes – auch über Video – hingewiesen werden. Erstaunlicherweise wird in Privatpraxen das Angebot einer „Telefonsprechstunde“ meist nicht explizit erwähnt oder gar nicht angeboten. Auch möchte nicht jede Patientin über Video kontaktiert werden; manche verfügen nicht über einen digitalen Zugang. Für dieses Klientel sind kurze Beratungen, Auskünfte oder Fragestellungen im telefonischen, persönlichen Arztkontakt ausreichend.
Weil zurzeit insgesamt in Arztpraxen eher die (negative) Tendenz besteht, dass die telefonische Erreichbarkeit für Patientinnen und Patienten nicht optimal ist, besteht hier eine Marktlücke für die private gynäkologische Facharztpraxis. Sie können höchst flexibel erreichbar sein, ohne dass die Qualität allgemein leidet oder die persönliche Betreuung vernachlässigt wird.
„Tue Gutes und rede darüber“ – dieser bewährte Marketinggrundsatz gilt auch für das Bekanntmachen der telefonischen Kontaktangebote:
Als Praxisinhaber oder -inhaberin sollten Sie sich zunächst im Klaren darüber sein, welche Zeitfenster für das Angebot zur Verfügung gestellt werden sollen und wie mit Rückrufen verfahren wird, wenn Patientinnen dringende Anliegen haben und Sie zeitnah sprechen möchten. Aspekte des individuellen Zeitmanagements und der bevorzugten Patientenzielgruppe spielen dabei eine entscheidende Rolle für die Wahl geeigneter Termine. So möchten berufstätige Privatpatientinnen vielleicht eher am Abend als tagsüber kontaktiert werden. Eine Telefonsprechstunde am Samstag ist ebenfalls vorstellbar. Damit wächst die Wertschätzung bei den Patientinnen für die Möglichkeit, unkompliziert und trotzdem verbindlich und schnell mit „Ihrer Frauenärztin“ oder „Ihrem Frauenarzt“ kommunizieren zu können. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie der organisatorische Ablauf telefonischer Kontakte gestaltet werden kann:
Die erste Möglichkeit hat den Vorteil, dass der Arzt oder die Ärztin selbst souverän übers eigene Zeitbudget verfügen kann, ohne dass jemand vergeblich in der Warteschleife hängt. Gibt es eine hohe Nachfrage nach telefonischen Terminen, kann es zeitsparender sein, dass eine MFA auf einem Zweitapparat die nächste Patientin bereits anwählt, während der Arzt oder die Ärztin noch auf der anderen Leitung spricht.
Die Einsatzmöglichkeiten der Telefonsprechstunden sind vielfältig. Dazu gehören:
Unverzichtbar ist natürlich die sorgfältige schriftliche Dokumentation der Telefonkonsultation sowohl inhaltlich als auch vom entsprechend erbrachten Leistungsumfang. In Sachen Datenschutz ist zu bedenken:
Bei jedem telefonischen Kontakt sollte sicher sein, dass man mit der Patientin spricht, mit der man sprechen will. Zur Sicherheit sollte man vor der telefonischen Übermittlung von Laborergebnissen nach dem Geburtsdatum fragen sowie wann (Tag und Uhrzeit) die Probe abgenommen/abgegeben wurde.
„Phone Power“
Die Konstanz der Patientinnenbindung hängt natürlich von der fachlichen, aber vor allem auch von der menschlichen Kompetenz des betreuenden Praxisteams ab. Mit der unkomplizierten Möglichkeit, den Facharzt bzw. die Fachärztin auch telefonisch zu kontaktieren, wird eine empathische Brücke der besonderen Verbundenheit geschaffen, die nicht zu unterschätzen ist. Oft genügen telefonisch schon einige wenige Worte bestärkender Kommunikation in einem einfühlsamen Tonfall, die der Patientin Ruhe und Verständnis vermitteln.
Neben dem gesamten Leistungsspektrum der Praxis ist es letztlich der ausgewogene Mix von fachlich-technischen und zugewandt-kommunikativen, menschlichen Leistungen, mit denen die Beziehung zu den Patientinnen gestärkt wird. Neben dem Vieraugengespräch bieten telefonische Konsultationen die Chance, die Resonanz und damit das Verständnis zwischen beiden Gesprächspartnern zu vertiefen.
Die Autorin
Theresia Wölker
Beraterin und Fachreferentin im Gesundheitswesen
(Schwerpunkte QM, Kommunikation, Stressbewältigung und Resilienz)
Bildnachweis: privat