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Onkologie

Studie zur Therapieentscheidung bei Leukämie-Patienten

1.3.2023

Bei einer Akuten Myeloischen Leukämie (AML) mit mittlerer Risiko-Prognose und Verfügbarkeit eines potentiellen Stammzellspenders führt eine unmittelbare Stammzelltransplantation während der ersten Komplettremission im Vergleich zu einer fortgesetzten Chemotherapie und möglichen Transplantation bei Krankheitsrückfall nicht zu einem verbesserten Gesamtüberleben.

Eine randomisierte Studie an 16 deutschen Kliniken liefert wichtige Grundlagen für die optimale Therapieentscheidung bei AML-Erkrankten mit mittlerem Risiko. Wichtigste Indikatoren für die Einstufung in drei Risikogruppen – günstige Prognose, mittleres Risiko, ungünstige Prognose – sind bestimmte genetische Merkmale der Krebszellen, die Rückschlüsse auf den weiteren Verlauf der Erkrankung zulassen. Nach einer initialen Chemotherapie mit Komplettremission werden Erkrankte mit günstiger Prognose mit einer Chemotherapie weiterbehandelt, während Betroffene mit ungünstiger Prognose bei Vorhandensein eines geeigneten Spenders eine Stammzelltransplantation erhalten.

Bei Patienten mit mittlerem Risiko herrschte bislang Uneinigkeit darüber, welche der beiden Behandlungsmethoden zu bevorzugen ist. Die aktuelle Studie zeigt, dass eine sofortige Transplantation allogener Stammzellen bei der größten Gruppe der AML-Patienten mit mittlerem Risiko während der ersten Komplettremission zwar sehr effektiv ist, aber gegenüber einer fortgesetzten Chemotherapie und Transplantation im Bedarfsfall keinen Vorteil für das Gesamtüberleben bringt.

Kein Vorteil bei sofortiger Stammzelltransplantation

In die Studie eingeschlossen waren 143 erwachsene AML-Erkrankte zwischen 18 und 60 Jahren, bei denen ein passender Spender für eine Stammzelltransplantation verfügbar war und bei denen nach der ersten intensiven Chemotherapie eine Komplettremission der Erkrankung erzielt werden konnte. Randomisiert erhielten die Betroffenen entweder eine Stammzelltransplantation oder wurden mit einer Chemotherapie weiterbehandelt, der bei Rückfall eine Stammzelltransplantation folgte.

Insgesamt zeigten die Behandlungsergebnisse in beiden Studien-Armen ein 2-Jahres-Überleben bei 74% beziehungsweise 84%. Im Vergleich der beiden Gruppen ergab die sofortige Stammzelltransplantation jedoch keinen statistisch signifikanten Vorteil. „Dies ist ein wichtiges Ergebnis, da für Patienten mit einem verfügbaren Spender nun zwei im Ergebnis vergleichbar gute Strategien zur Wahl stehen“, sagt Prof. Dr. med. Martin Bornhäuser (Dresden), Erstautor der Studie.

Weiterbehandlung mit einer Chemotherapie oder Stammzelltransplantation?

Beide Behandlungsoptionen sind mit spezifischen Vor- und Nachteilen verbunden: Während bei einer Stammzelltransplantation etwa die therapiebedingten Risiken größer sind, besteht bei fortgesetzter Chemotherapie ein höheres Rückfallrisiko. „Aufgrund der Ergebnisse kann es durchaus gerechtfertigt sein, dass die Patienten sich zunächst für die Weiterbehandlung mit einer Chemotherapie entscheiden und eine Stammzelltransplantation erst bei einem möglichen Wiederaufflammen der Krankheit durchgeführt wird. Erstmals war es möglich, dies in einer randomisierten Studie zu überprüfen. Kaum ein AML-Patient ist bereit, die Entscheidung für oder gegen eine sofortige Transplantation einer zufälligen Zuordnung im Rahmen einer Studie zu überlassen. Wir sind allen Teilnehmenden sehr dankbar, dass sie diese wichtige Untersuchung ermöglicht haben“, erklärte Bornhäuser.

Keine relevanten Unterschiede bei der Lebensqualität

In der Studie erlitten 60% der Patienten, die zunächst mit einer Chemotherapie weiterbehandelt wurden, in den ersten zwei Jahren nach Therapiebeginn einen Rückfall und wurden mit einer allogenen Stammzelltransplantation behandelt. „Wenn Betroffene große Angst vor einem Rückfall und weiteren Krankenhausaufenthalten haben, kann – nach einer intensiven gemeinsamen Abwägung durch die behandelnden Ärzte und den Patienten – eine Entscheidung für eine sofortige Stammzelltransplantation sinnvoll sein. Denn diese ist mit einem deutlich geringeren Rückfallrisiko verbunden. Dafür sind Betroffene dann unter Umständen bereit, ein höheres therapiebedingtes Risiko in Kauf zu nehmen“, erläutert Prof. Dr. med. Matthias Stelljes (Münster), Letztautor der Publikation.

Bei der Lebensqualität der Patienten zeigte die Untersuchung für beide Behandlungswege keine relevanten Unterschiede. „Unmittelbar während der Stammzelltransplantation war die empfundene Lebensqualität der Betroffenen etwas schlechter, ansonsten waren keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen feststellbar. Jetzt interessiert uns vor allem auch das Ergebnis der Langzeitnachbeobachtung nach zehn Jahren“, sagt Stelljes.

*Pressemitteilung „Akute Myeloische Leukämie: Zuerst Stammzelltransplantationoder Chemotherapie?“. Nationales Centrum für Tumorerkrankungen Dresden(NCT/UCC) und Westfälische Wilhelms-Universität Münster, 23.2.2023 (https://idw-online.de/de/news809772).
* BornhäuserM et al.: Allogeneic HematopoieticCell Transplantation vs Standard Consolidation Chemotherapy in Patients With Intermediate-RiskAcute Myeloid Leukemia: A Randomized Clinical Trial. JAMA Oncol. 2023 Feb9;e227605 (DOI 10.1001/jamaoncol.2022.7605).

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