Die Schadstoffbelastung in europäischen Menschen ist bedenklich hoch. Das ist das Fazit der vom Umweltbundesamt (UBA) koordinierten europäischen Human-Biomonitoring-Initiative HBM4EU.
In allen untersuchten Kindern und Jugendlichen fanden die Wissenschaftler Weichmacher. Auch polyfluorierte Alkylsubstanzen, die z.B. in beschichteten Pfannen verwendet werden, sind in teilweise zu hohen Mengen im Blut vorhanden, wie bei der internationalen Abschlusskonferenz „Science and policy for a healthy future“ des Projekts in Brüssel Ende April 2022 deutlich wurde. Für viele der untersuchten Substanzen, so die Initiative HBM4EU, besteht seitens der Politik daher weiterhin Handlungsbedarf. Die Initiative erhob erstmals vergleichbar und nachvollziehbar Daten über die Belastung der EU-Bevölkerung mit wichtigen Chemikalien.
In der europäischen Bevölkerung wurden bedenklich hohe Belastungen durch Weichmacher nachgewiesen. Diese sind bereits streng durch die Europäische Union reguliert. Trotzdem werden sie in Überzügen von Tabletten verwendet. In allen untersuchten Kindern und Jugendlichen wurden fortpflanzungsschädigende Weichmacher gefunden. Insgesamt konnte zwar eine Abnahme der mittleren Belastung mit regulierten Weichmachern beobachtet werden, allerdings ist die Belastung mit der Summe aller Weichmacher bei etwa 17% immer noch zu hoch. Gleichzeitig ist die Belastung mit Stoffen, die die „alten“ Weichmacher ersetzt haben, angestiegen.
Längst verbotene Substanzen noch nachweisbar
Die in vielen industriell hergestellten Produktkategorien eingesetzten perfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) wurden im Blut aller untersuchten Jugendlichen aus Europa nachgewiesen. Bis zu einem Viertel der Jugendlichen ist mit Konzentrationen belastet, bei denen gesundheitliche Wirkungen nicht mehr mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können. Bei den Belastungen handelt es sich vorwiegend um bereits verbotene, jedoch äußerst langlebige Verbindungen. Diese Daten, so HBM4EU, unterstreichen die Notwendigkeit, PFAS grundsätzlich zu verbieten, insbesondere da eine Vielzahl der Ersatzstoffe ähnliche problematische Eigenschaften aufweist wie die bereits regulierten PFAS. Nur in wenigen Bereichen, in denen PFAS noch unersetzlich sind, sollten sie weiterverwendet werden dürfen.
Ein weiterer Untersuchungsschwerpunkt von HBM4EU liegt auf der Untersuchung von Chemikaliengemischen. Im Monitoring wurde eine Vielzahl von Industriechemikalien im Körper nachgewiesen. Die Bewertung der Auswirkungen dieses Chemikaliencocktails auf die Gesundheit ist Bestandteil aktueller Forschungen. HBM4EU hat typische Mischungen und Mischungseffekte untersucht. Dabei zeigte sich, dass die aktuelle Chemikalienbewertung weiterentwickelt werden muss, um die gleichzeitige Belastung durch viele Chemikalien angemessen berücksichtigen zu können.
Untersuchung endet 2022
HBM4EU zeige, so stellt das Umweltbundesamt fest: Das Human-Biomonitoring hat sich als sehr gute Methode zur Erfassung der Schadstoffbelastung etabliert. Die Initiative hat mit ihren Ergebnissen den Grundstein gelegt, in der EU ein langfristiges, nachhaltiges Human Biomonitoring zu etablieren. HBM4EU endet im Juni 2022 nach einer Laufzeit von fünfeinhalb Jahren. Die Arbeit wird fortgeführt in der Europäischen Partnerschaft für Risikobewertung von Chemikalien (PARC), welche mit einer Laufzeit von sieben Jahren unter „Horizon Europe“ von der Europäischen Kommission gefördert wird.
In der „Citizens’s Corner“ der HBM4EU-Website liegen aktuell drei Infoblätter (auch in deutscher Sprache) zu untersuchten Schadstoffen vor (Bisphenole, Phthalate, Chrom), die auch die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit kurz zusammenfassen. Infoblätter zu weiteren 15 Substanzen sollen noch folgen.
Pressemitteilung des Umweltbundesamts (UBA), April 2022