Primäre kutane T-Zell-Lymphome (cutaneous T-cell lymphomas, CTCL) umfassen eine heterogene Gruppe von Lymphomen, die abhängig vom klinisch-histologischen und molekularen Profil zu einem eher indolenten bis hin zu einem sehr aggressiven Verlauf neigen. Mycosis fungoides und Sézary-Syndrom sind die häufigsten Subtypen.
Die Abgrenzung primärer kutaner Lymphome (CL) von Hautmanifestationen extrakutaner Lymphome ist essenziell, da sie sich trotz des gleichen histologischen Subtyps klinisch und prognostisch voneinander unterscheiden und folglich auch bei der therapiebezogenen Indikationsstellung [1,2].
Das Spektrum der kutanen Lymphome ist molekularbiologisch wie klinisch-pathologisch sehr breit: Die jüngste Version der CL-Klassifikation stammt von 2018 und unterscheidet kutane T-Zell- und NK-Zell-Lymphome von kutanen B-Zell-Lymphomen [3]. Die Mehrheit der CL ist den CTCL zuzurechnen (73 %).
Epidemiologie der CTCL
CTCL sind seltene lymphoproliferative Lymphome, die per definitionem zum Zeitpunkt der Diagnosestellung keine Anhaltspunkte für eine extrakutane Beteiligung aufweisen und zur Gruppe der extranodalen Non-Hodgkin-Lymphome zählen [1,2]. Die Mycosis fungoides (MF) und das Sézary-Syndrom (SS) repräsentieren dabei den – auch in Deutschland – häufigsten Subtyp [2]. Die globale CTCL-Inzidenz ist bei weniger als 10 pro 100 000 Menschen und Jahr angesiedelt, die Prävalenz kann bis zu zehnmal höher ausfallen. Asiatische Populationen zeigen eine tendenziell höhere MF-Inzidenz [1]. In einer erstmaligen epidemiologischen und demografischen Aufarbeitung von Abrechnungsdaten der gesetzlichen Krankenversicherungen für Deutschland betrug die 6-Jahres-Prävalenz (2012–2017) für T-Zell-Lymphome zwischen 27,35 und 43,58 pro 100 000 Einwohner. Damit sind die deutschen Prävalenzangaben höher als bislang aus dem europäischen Raum berichtet, demzufolge die Prävalenz 8,79 beim MF bzw. 0,23 beim SS pro 100 000 Einwohner betragen hatte. Für das Jahr 2017 ergab sich für Deutschland eine Inzidenz von 3,65 bis 3,92 pro 100 000 Einwohner. Männer (65 %) waren über alle Subgruppen hinweg häufiger betroffen als Frauen, wobei sich die MF mit einer höheren Sterblichkeit assoziiert zeigte als andere Subtypen [4]. Die Inzidenz für CTCL korreliert mit dem Alter: Das mediane Erkrankungsalter liegt bei 55 Jahren, bei Personen über 70 Jahre ist mit einer Vervierfachung der Inzidenz zu rechnen. Zu beachten ist bei Personen mit CTCL zudem eine höhere Inzidenz für sekundäre Neoplasien, darunter weitere Hodgkin-Lymphome, Lungen- und Blasenkrebs sowie Melanome [5]. Die pathogenetischen Mechanismen der CTCL sind nicht vollständig geklärt, eine singuläre Ursache konnte bislang nicht identifiziert werden [1].
Klinik von Mycosis fungoides und Sézary-Syndrom
Klinisch ist die MF in der Regel durch „Patches“ (erythematöse Maculae) und Plaques gekennzeichnet und zeigt einen meist indolenten Verlauf. Allerdings neigt die MF dazu, sich über die Jahre oder sogar Jahrzehnte progredient zu entwickeln und vermehrt infiltrierte Plaques und Tumoren auszubilden. Bei etwa einem Viertel der von MF Betroffenen kommt es schon in frühen Krankheitsstadien zu einer Progression. Je nach Ausmaß der initialen Hautbeteiligung oder Erythrodermie können sich bei einem Teil der Erkrankten auch extrakutane Manifestationen entwickeln (Wahrscheinlichkeit von 0 % bei geringer, limitierter Hautbeteiligung bzw. von bis zu 40 % bei initialer Erythrodermie) [1]. Häufig entwickeln sich bei MF persistierende Läsionen, die von ihrer Verteilung her an sonnengeschützten Hautarealen auftreten und an einen Badeanzug erinnern. Größe, Form und Farbe der Patches können different sein. Die beim klassischen MF häufig großen (> 5 cm) und multifokalen Läsionen neigen zu Pruritus, einem der quälendsten Symptome für die an CTCL Erkrankten. Das SS ist durch die Trias aus Erythrodermie, generalisierter Lymphadenopathie und Vorliegen neoplastischer klonaler T-Zellen in der Haut, den Lymphknoten sowie im peripheren Blut gekennzeichnet [1]. Dieser CTCL-Subtyp wird meist schneller progredient als die MF und zeigt eine schlechtere Prognose [3]. Die namensgebend von Albert Sézary (1880–1956) beschriebenen atypischen Lymphozyten (Sézary-Zellen) mit auffällig eingebuchteten bzw. gewundenen („zerebriformen“) Zellkernen sind für das SS nicht spezifisch und lassen sich auch bei gesunden Personen bzw. benignen Veränderungen nachweisen. Klinisch kann das SS ferner u. a. mit hartnäckigen Pruritusbeschwerden, palmoplantaren Verhornungsstörungen, Onychodystrophie, Alopezie und Ektropium der Augenlider einhergehen (Abb.) [5,6]. Aufgrund der potenziellen Verwechslungsgefahr mit erythrodermischen inflammatorischen Dermatosen sowie der erythrodermatischen Form der MF gilt die Untersuchung der peripheren Beteiligung im Blut als diagnostischer Goldstandard [1]. Sowohl die MF als auch das SS gehen bei progredienter Entwicklung mit einer Verschlechterung des Immunstatus einher, bei der die Anfälligkeit für Infektionen zunimmt und die immunvermittelte antitumorale Abwehrkraft abnimmt [1].
TNMB-Klassifikation
Zum Staging von MF/SS in 4 klinische Stadien wird die von der ISCL/EORTC revidierte TNMB(tumor-node-metastasis-blood)-Klassifikation herangezogen: Sie erfasst neben der Beteiligung von Haut (T), Lymphknoten (N) und viszeralen Organen (M) auch die Blutbeteiligung (B) und dient als wichtiger Ausgangspunkt für eine risikostratifizierte Therapieplanung [7]. So liegt z. B. ein Stadium I vor, wenn die Betroffenen lediglich Patches und Plaques aufweisen. Je nach Ausmaß der Hautbeteiligung kann eine weitere Unterteilung in Stadium IA (< 10 % der Körperoberfläche: T1) oder IB (> 10 % der Körperoberfläche: T2) vorgenommen werden. Zudem lässt sich ein „Patch-Stadium“ (T1a/T2a) von einem „Plaque-Stadium“ unterscheiden (T1b/T2b). Die Mehrheit der Personen mit MF weist bei Diagnosestellung noch ein frühes Stadium (IA–IIA) auf, das bei mittleren Überlebenszeiten von etwa 10–20 Jahren mit einer sehr guten Prognose assoziiert ist [2]. Dagegen wurden Stadium IV, ein Alter > 60 Jahre, Riesenzelltransformation oder erhöhte LDH-Werte als prognostisch ungünstige Faktoren identifiziert [8].
Während das Stadium B0 keine signifikante Beteiligung im Blut anzeigt, ist das Stadium B1 durch eine niedrige Tumorlast im Blut gekennzeichnet (> 5 % der peripheren Lymphozyten atypisch). Bei hoher Tumorlast im Blut (Stadium IIB) werden per Durchflusszytometrie ≥ 1 000 T-Lymphozyten/μl (CD4+ mit Verlust der CD7- oder CD26-Expression) nachgewiesen [7,9].
Von der Induktion zur Erhaltung
Für die überwiegende Mehrheit der Personen mit MF/SS wird ein palliativer Therapieansatz verfolgt, da kurative Therapieoptionen bis auf eine allogene Stammzelltransplantation nicht verfügbar sind. Die EORTC stellt Konsensus-basierte Therapieempfehlungen bei MF/SS zur Verfügung, die zuletzt 2023 aktualisiert wurden [10]. Demnach ist das Progressionsrisiko im Stadium IA so niedrig, dass nicht wenige Betroffene bei engmaschiger Kontrolle zunächst von einer „Watch-and-Wait“-Strategie profitieren können. Krankheitsassoziierte Symptome wie Juckreiz, Depression oder Schlaflosigkeit werden allerdings behandelt, da sie die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen können. In frühen Stadien der MF werden zudem einige hautgerichtete („skin-directed“) Therapieansätze als Erstlinientherapie empfohlen: Die EORTC zählt in den Stadien IA, IB und IIA dazu insbesondere die topische Anwendung von Kortikosteroiden sowie Chlormethin, UV-B-Phototherapie, 8-Methoxypsoralen plus UV-A (PUVA) und lokale Radiotherapie. Als systemische Therapieoptionen werden im Stadium IIIA/B bei MF in Erstlinie Retinoide, Interferon-alpha, extrakorporale Photopherese (ECP), Brentuximab-Vedotin (BV), Mogamulizumab, niedrig dosiertes Methotrexat (MTX) und niedrig dosierte Ganzkörperbestrahlung (total skin electron beam treatment, TSEB) empfohlen.
Im Stadium IVA/B empfiehlt die EORTC als Erstlinienoptionen Chemotherapie, Radiotherapie, BV, Mogamulizumab, Alemtuzumab und allogene Stammzelltransplantation. Als systemische Erstlinienoptionen beim SS gelten ECP, kombinierte Ansätze mit Systemtherapie und ECP/PUVA, Retinoide, Interferon-alpha, Chlorambucil plus Prednison sowie MTX [10].
Erhaltungstherapie
Diskutiert werden bei MF/SS zudem Konzepte zur Erhaltungstherapie, die für Patientinnen und Patienten infrage kommt, die bereits eine Remission erreicht haben (und ggf. ein hohes Rezidivrisiko und/oder Progressionsrisiko haben): Mittels kontinuierlicher Exposition einer hautgerichteten oder systemischen Therapie soll die Remission länger aufrechterhalten bleiben und Rezidiven sowie einer Progression vorgebeugt werden [10]. Für eine Erhaltungstherapie sind folglich Substanzen geeignet, die wirksam sind, für die Palliation infrage kommen, in dieser Indikation zugelassen sind, über ein sehr gutes Sicherheitsprofil verfügen und einfach einzunehmen sind. In der Praxis wird häufig diejenige Behandlung fortgesetzt, mit der die Remission erzielt wurde (z. B. ECP, Phototherapie, Retinoide, topisches Chlormethin/Kortikosteroid) und bis sich die Therapieantwort abschwächt oder inakzeptable Nebenwirkungen auftreten. Denkbar ist aber auch der Einsatz eines neuen, bislang nicht in der Induktionstherapie genutzten Arzneimittels als Erhaltungstherapie, wie er aktuell in der randomisierten, doppelblinden und placebokontrollierten RESMAIN-Studie (NCT02953301) mit dem Histon-Deacetylase(HDAC)-Inhibitor Resminostat bei Patienten und Patientinnen mit fortgeschrittener MF/SS (IIB–IVB) evaluiert wird [10,11].
Kutane T-Zell-Lymphome (CTCL) machen knapp drei Viertel aller kutanen Lymphome aus. Die häufigsten Subtypen stellen die Mycosis fungoides (MS) und das Sézary-Syndrom (SS) dar. Klinisch imponieren bei MF erythematöse, stark juckende Maculae und Plaques im Bereich der sonnengeschützten Haut. Beim schneller voranschreitenden und prognostisch ungünstigeren SS besteht die klassische Trias aus Erythrodermie, generalisierter Lymphadenopathie und Vorliegen neoplastischer klonaler T-Zellen in Haut, Lymphknoten und peripherem Blut. Differenzialdiagnostisch müssen inflammatorische Dermatosen ausgeschlossen werden. Der Nachweis der Blutbeteiligung bei SS gilt als Goldstandard. Die Therapie erfolgt gemäß Stadieneinteilung nach TNMB-Klassifikation und ist überwiegend palliativ, ggf. schließt sich eine Erhaltungstherapie an.
Bildnachweis: privat