Während der COVID-19 Pandemie zeigte sich eine starke Zunahme von Typ-1-Diabetes (T1D) bei Kindern, auch in Deutschland. Weshalb die Inzidenz der chronischen Autoimmunerkrankung im Zuge der Pandemie zugenommen hat, ist bislang ungeklärt. Ob es einen Zusammenhang zwischen der Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus und der T1D-Entwicklung gibt, haben nun Forscher von Helmholtz Munich und der TU Dresden in Kooperation mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) untersucht.
Studien hatten zwar bereits einen Anstieg der Typ-1-Diabetes-Inzidenz während der COVID-19 Pandemie feststellen können, jedoch wurde bisher nicht zwischen Kindern mit und ohne SARS-CoV-2 Infektion unterschieden. Mit dem Datensatz der KVB wurde dies möglich - er gibt Aufschluss darüber, ob an Typ-1-Diabetes erkrankte Kinder bisher COVID-19 hatten. Ausgewertet wurden die Daten von 1,1 Millionen kassenärztlich versicherten Kindern, die zwischen den Jahren 2010 und 2018 in Bayern geboren wurden. Die Ergebnisse erlaubten Rückschlüsse auf einen zeitlichen Zusammenhang zwischen einer COVID-19 Erkrankung und dem T1D-Auftreten. Unter den in die Studie eingeschlossenen Kindern, die zu Beginn der Pandemie noch nicht mit Typ-1-Diabetes (>Diabetes Mellitus) diagnostiziert wurden, hatten 16,6% zwischen Januar 2020 und Dezember 2021 eine COVID-19 Diagnose erhalten.
Mechanismus hinter erhöhtem Auftreten ist noch nicht geklärt
Die Ergebnisse stimmen zunächst mit anderen Beobachtungen aus Deutschland und weiteren Ländern überein: Das T1D-Auftreten bei Kindern zwischen 2 und 12 Jahren war im Zeitraum 2020 bis 2021 um 50% erhöht, im Vergleich zum Zeitraum 2018 bis 2019. Zusätzlich zeigen die Daten aber nun, dass im Zeitraum 2020 bis 2021 unter den Kindern mit COVID-19-Diagnose häufiger Typ-1-Diabetes auftrat. Nach durchgemachter SARS-CoV-2 Infektion hatten die Kinder ein um 57% erhöhtes Risiko, Typ-1-Diabetes zu entwickeln, im Vergleich zu Kindern ohne Infektion. Die T1D-Inzidenz stieg dabei hauptsächlich im selben Quartal an, in dem die Kinder eine SARS-CoV-2 Infektion hatten, aber auch in den darauffolgenden Quartalen.
„Wir sind vorsichtig mit der Interpretation unserer Ergebnisse, aber das Virus könnte entweder die dem Typ-1-Diabetes zugrundeliegende Entstehung der Autoimmunität begünstigen, oder eine bereits bestehende Autoimmunität verstärken und so die Zerstörung der insulinproduzierenden Beta-Zellen beschleunigen,“ so Ezio Bonifacio (Dresden), Letztautor der Studie. Um den genauen Mechanismus aufzuklären, der hinter dem erhöhten Auftreten von Typ-1-Diabetes bei Kindern in Zusammenhang mit einer SARS-CoV-2 Infektion steckt, sind bereits weitere Studien in Planung.
Pressemitteilung „Auftreten von Typ-1-Diabetes nach SARS-CoV-2 Infektion: möglicher Zusammenhang entdeckt“. Helmholtz Zentrum München Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH), 22.5.2023 (https://www.helmholtz-munich.de/newsroom/news/artikel/diagnosis-of-type-1-diabetes-after-sars-cov-2-infection-researchers-find-possible-correlation).
* Weiss A et al: Type 1 Diabetes Incidence and Risk in Children With a Diagnosis of COVID-19. JAMA. 2023 May 22:e238674 (DOI 10.1001/jama.2023.8674).