Seit dem 1. Juli 2021 können gesetzlich Versicherte für bestimmte geplante Operationen bei Vertragsärzten eine qualifizierte ärztliche Zweitmeinung im Zuge einer Videosprechstunde einholen, ohne persönlich die Praxis eines zweiten Arztes aufsuchen zu müssen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte im März 2021 eine entsprechende Änderung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) beschlossen. Zudem hat der G-BA mit Beratungen zu weiteren Eingriffen begonnen, für die das qualifizierte Zweitmeinungsverfahren gelten soll. Ab dem kommenden Jahr muss der G-BA dann verpflichtend zwei planbare Eingriffe pro Jahr festlegen.
Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) begrüßt diese Entwicklungen. „Damit wird das Zweitmeinungsverfahren ausgebaut und die Rechte von Patientinnen und Patienten weiter gestärkt“, sagt Thorben Krumwiede, Geschäftsführer der UPD.
Künftig muss der G-BA jährlich mindestens zwei Eingriffe festlegen, für die gesetzlich Versicherte ein qualifiziertes Zweitmeinungsverfahren beanspruchen können. Diese Verpflichtung wurde mit dem „Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz“ (GVWG) festgelegt, das am 20. Juni 2021 in Kraft getreten ist. Aktuell besteht der rechtliche Anspruch auf eine qualifizierte Zweitmeinung für geplante Amputationen beim diabetischen Fußsyndrom, bei Eingriffen an Gaumen- oder Rachenmandeln (Tonsillektomie, Tonsillotomie), bei Gebärmutterentfernung (Hysterektomie), bei Gelenkspiegelungen an der Schulter (Schulterarthroskopie) sowie Implantation einer Knieendoprothese. Weitere Indikationen für das Zweitmeinungsverfahren werden folgen. Unabhängig von der Richtlinie zum Zweitmeinungsverfahren bieten auch viele gesetzliche Krankenkassen eine Zweitmeinung bei weiteren Eingriffen als Zusatzleistung. Die Inanspruchnahme der Zweitmeinung ist für Patienten freiwillig. Der G-BA bietet ein Patientenmerkblatt mit den wichtigsten Informationen zum Leistungsumfang des Verfahrens und zur Inanspruchnahme.
Die vom GKV-Spitzenverband finanzierte Unabhängige Patientenberatung Deutschland macht darauf aufmerksam, dass natürlich in Deutschland jeder Patient im Zuge der freien Arztwahl das Recht hat, bei einem weiteren Arzt eine zweite Meinung einzuholen – unabhängig davon, um welche Behandlung oder welchen Eingriff es geht. Das qualifizierte Zweitmeinungsverfahren betrifft Eingriffe, die besonders häufig durchgeführt werden, obwohl sie aus medizinischer Sicht nicht unbedingt erforderlich sind. Um dem entgegenzusteuern, legt der G-BA bestimmte Eingriffe fest, bei denen sich Ärzte an das gesetzlich festgelegte Prozedere halten müssen.
Pressemitteilung Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD), Oktober 2021