Suizidversuche gelten als einer der wichtigsten Risikofaktoren für Suizide. Vor diesem Hintergrund wurden in den vergangenen Jahren diverse Psychotherapieangebote für Personen nach einem Suizidversuch entwickelt und untersucht.
In einer Übersichtsarbeit fassen zwei klinische Psychologen und Psychotherapeuten den aktuellen Stand der Effektivitätsforschung zusammen und bringen Beispiele für erfolgreiche suizidfokussierte Psychotherapieprogramme. Ihre Schlussfolgerung: „Es lässt sich festhalten, dass spezifische psychotherapeutische Angebote für Patient nach einem Suizidversuch einen wichtigen Beitrag zur Suizidprävention leisten können. Die empirische Fundierung und Dissemination spezifischer suizidfokussierter Psychotherapie ist jedoch unzureichend und es bedarf strategischer und konzertierter Forschungsbemühungen, um hier Fortschritte zu erzielen.“
Analysiert wurden die Ergebnisse von zwei aktuellen Cochrane-Reviews zur Psychotherapie nach selbstverletzendem Verhalten im Kindes, Jugend- und Erwachsenenalter sowie Befunde aus 14 weiteren Metaanalysen zur psychologischen Suizidprävention, die in den vergangenen fünf Jahren publiziert wurden. Insbesondere die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) und die dialektisch-behaviorale Therapie (DBT), so stellen die Autoren fest, haben sich als effektiv erwiesen. Allerdings sind die gemittelten Effektstärken insgesamt von geringer Größe, so ihre Kritik, zudem verunmöglichen diverse methodische Probleme weitreichende Schlussfolgerungen. Angesichts von über 9.200 im Jahr 2020 in der Bundesrepublik Deutschland durch Suizid verstorbenen Menschen und einer vielfach höheren Rate von Suizidversuchen (Lebenszeitprävalenz von Suizidversuchen in Deutschland 1,7% bei Erwachsenen und 9% bei Jugendlichen) sind gut validierte psychotherapeutische Maßnahmen notwendig, um dem erhöhten Wiederholungs- und Mortalitätsrisiko wirksam zu begegnen.
Teismann T, Gysin-Maillart A, Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 2021 Dec 8; DOI 10.1007/s00103-021-03466-y, PMID 34878566