Eine Anreicherung von Lebensmitteln mit Vitamin D könnte die Krebssterblichkeit ähnlich effektiv senken wie eine Substitution in Form von Vitaminpräparaten, zeigt jetzt eine Modellrechnung von Wissenschaftlern des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ).
Neben den verschiedensten physiologischen Aufgaben von Vitamin D wird seit Jahren auch die Rolle des Prohormons bei der Krebsprävention untersucht. Zur Frage, wie sich die Vitamin-D-Versorgung auf die Krebssterberaten auswirkt, sind in den vergangenen Jahren drei Metaanalysen großer randomisierter klinischer Studien erschienen, berichtet eine Pressemitteilung des DKFZ. Dabei zeigte sich übereinstimmend, dass eine Vitamin-D-Supplementierung die Krebssterblichkeit um rund 13% senkt, unabhängig von der Krebsart. Ob dieser Effekt auch mit Vitamin D angereicherten Lebensmittel erreicht werden kann, hat nun eine Forschungsgruppe um den Epidemiologen und Altersforscher Prof. Dr. med. Hermann Brenner vom Heidelberger DKFZ analysiert. Allerdings gibt es dabei Einschränkungen, betont er: „Es ist nahezu unmöglich, den Effekt von Vitamin D angereicherten Lebensmitteln auf die Krebssterblichkeit mit einer klassischen klinischen Studie direkt zu untersuchen. Deshalb haben wir einen indirekten Weg gewählt, um diese Frage mithilfe sorgfältiger Modellrechnungen bestmöglich zu beantworten.“
Mit einer systematischen Recherche der wissenschaftlichen Fachliteratur untersuchten Brenner und sein Team zunächst, welche Steigerung des Vitamin-D-Spiegels sich durch angereicherte Lebensmittel erreichen lässt. Dabei ermittelten sie einen durchschnittlichen Anstieg, der einer Einnahme von 400 internationalen Einheiten (IU) des Vitamins entspricht. „Damit liegen wir in einen Dosisbereich, der sich in den Substitutionsstudien als wirksam erwiesen hat: Die Einnahme von 400 Einheiten pro Tag ging mit einer um 11% geringeren Krebssterblichkeit einher“, erklärt Brenner.
Die Kosten für eine Anreicherung mit Vitamin D schätzen die Wissenschaftler auf nur etwa 5% der Summe, die erforderlich wäre, die Bevölkerung ab einem Alter von 50 Jahren mit Vitamin-D-Tabletten zu versorgen. „Im Vergleich zu den eingesparten Krebsbehandlungskosten wären die Kosten vernachlässigbar gering. Und wir würden weitaus größere Kreise erreichen, etwa Menschen mit einem geringeren Gesundheitsbewusstsein, die häufig besonders niedrige Vitamin-D-Spiegel haben“, ergänzt Dr. Tobias Niedermaier, Erstautor der DKFZ-Studie.
„Natürlich gibt es wie bei allen Modellrechnungen noch Unsicherheiten darüber, wie stark den Lebensmitteln zugesetztes Vitamin D die Krebssterblichkeit tatsächlich senken kann“, resümiert Hermann Brenner. „Wir beobachten jedoch in Studien zur Lebensmittelanreicherung einen Anstieg des Vitaminspiegels in einer Größenordnung, die in den Supplementierungsstudien mit einem deutlichen Rückgang der Krebssterblichkeit verbunden war. Daher halten wir es für plausibel, dass sich die Ergebnisse übertragen lassen.“
Pressemitteilung Deutsches Krebsforschungszentrum, November 2021