Patienten mit seltenen Tumorerkrankungen profitieren in besonderem Maße von einer umfassenden molekularen Analyse. Das konnten Wissenschaftler von Krebsforschungszentren aus Heidelberg und Dresden belegen, berichtete Prof. Dr. Brigitte Schlegelberger beim diesjährigen Deutschen Krebskongress in Berlin.
Eine gerade erst publizierte Studie der Gruppe des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung (DKTK) und am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) belegt, in welch enormen Umfang – meist unentdeckte – vererbbare genetische, potentiell onkogene Veränderungen bei Patienten vorkommen können. Bei der von Schlegelberger vorgestellten, groß angelegten Studie im Rahmen des DKFZ/NCT/DKTK MASTER-Programms wurden bei knapp 1.500 eingeschlossenen Patienten mittels moderner Hochdurchsatzsequenzierung parallele Exom-Analysen von Tumor und Keimbahn durchgeführt und dabei gezielt nach Keimbahnveränderungen in 101 klinisch relevanten Krebsrisikogenen gesucht. Von den knapp 1.500 eingeschlossenen Patienten waren rund 80% an seltenen Krebsarten erkrankt. Mehr als 10% aller Teilnehmer wiesen eine autosomal dominante Krebsveranlagung, ein genetisches Tumorrisikosyndrom (TRS), auf. Ein TRS geht mit einem stark erhöhten Lebenszeitrisiko, an Krebs zu erkranken, einher und wird von Generation zu Generation unabhängig vom Geschlecht mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% weitergegeben.
Weitere 5% waren heterozygote Träger für ein rezessives TRS. Für 75% der Patienten sowie deren Familien wurde diese genetische Tumorrisikosituation erst im Rahmen der MASTER-Studie diagnostiziert, war also vorher unbekannt. Besonders häufig war ein TRS hinsichtlich Wildtyp-GIST (50%) oder Leiomyosarkomen (21%). Diese Erkenntnisse, so führte Schlegelberger weiter aus, sind nicht nur für die Familien wichtig, sondern in 45% der Patienten auch für eine evidenzbasierte molekulare Therapiestratifizierung mit einem therapeutischen Benefit und signifikant verbesserten Überlebensraten bei immerhin rund 40% der Betroffenen.
Symposium 35. Deutscher Krebskongress (DKK), November 2022.
Jahn A. et al.; Ann Oncol. 2022 Nov;33(11):1186-1199 (DOI 10.1016/j.annonc.2022.07.008).