Prämenopausale Patientinnen erhalten gegebenenfalls nicht die beste Versorgung, wenn sie auf eine Chemotherapie verzichten, von der sie möglicherweise profitiert hätten, teilt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) mit. Das Institut hatte untersucht, welche Vorteile und Nachteile bestimmte Brustkrebspatientinnen von biomarkerbasierten Tests zur Entscheidung für oder gegen eine adjuvante Chemotherapie haben. Dabei handelt es sich um Patientinnen mit einem erstmals aufgetretenen Hormonrezeptor-positiven, HER2/neu-negativen Mammakarzinom.
Demnach sollten Brustkrebspatientinnen bis 50 Jahre bzw. vor der Menopause ihre Entscheidung gegen eine ergänzende Chemotherapie nicht auf Grundlage der biomarkerbasierten Tests „MammaPrint“ oder „Oncotype DX“ treffen. Denn unabhängig davon, ob ihre Lymphknoten bereits vom Krebs befallen sind oder nicht, verzichten sie dann eventuell auf eine Therapie, die ein Rezidiv verhindern könnte.
Biomarker sollen eigentlich zeigen, wer von einer Chemotherapie profitiert
Biomarkerbasierte Tests untersuchen, ob das Risiko für ein Wiederkehren eines Tumors nach der operativen Entfernung niedrig oder hoch ist. Sie werden vor allem dann eingesetzt, wenn anhand klinischer Faktoren wie bestimmter Tumoreigenschaften das individuelle Rückfallrisiko nicht sicher bestimmt werden kann. Ist das Rückfallrisiko gering, ist die Chemotherapie eine unnötige Belastung.
Bei primärem Brustkrebs erstatten die gesetzlichen Krankenkassen derzeit vier biomarkerbasierte Tests: MammaPrint, Oncotype DX, EndoPredict und Prosigna. Diese Tests können aktuell von Ärztinnen und Ärzten in der ambulanten Versorgung eingesetzt werden, wenn bei der Patientin noch keine Lymphknoten vom Krebs befallen sind.
Ergebnisse sind abhängig vom Menopausenstatus
Aussagekräftige Daten aus randomisierten kontrollierten Studien (randomized controlled trials, RCT) liegen ausschließlich für die biomarkerbasierten Tests MammaPrint (Studie: MINDACT) und Oncotype DX (Studien: RxPONDER, TAILORx) vor.
Aus diesen drei Studien zieht das IQWiG insbesondere folgende Schlussfolgerungen:
* Bei prämenopausalen Patientinnen (bis 50 Jahre) spricht die RCT-Evidenz gegen die Anwendung eines Biomarkers zur Therapiesteuerung bei Brustkrebs.
* Bei postmenopausalen Patientinnen (über 50 Jahren) spricht die RCT-Evidenz für die Anwendung eines Biomarkers (Oncotype DX) zur Therapiesteuerung bei Brustkrebs.
Ob diese Bewertung auch für weitere Biomarker wie EndoPredict oder Prosigna gilt, lässt sich nicht überprüfen, weil für diese Biomarker keine geeigneten Daten vorliegen.
„Das Risiko, auf Basis eines biomarkerbasierten Tests fälschlicherweise auf eine Chemotherapie zu verzichten, ist bei Brustkrebspatientinnen vor ihren Wechseljahren also deutlich höher als danach“, fasst Dr. rer. nat. Daniel Fleer, stellvertretender Leiter des IQWiG-Ressorts ‚Nichtmedikamentöse Verfahren‘, die Ergebnisse des IQWiG-Berichts zusammen.
Pressemitteilung „Brustkrebs: Therapieentscheidung auf Basis eines biomarkerbasierten Tests kann auch schädlich sein“. Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Köln, 18.11.2024 (https://www.iqwig.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen-detailseite_131140.html).