Wie verschiedene Körperformen mit dem allgemeinen Krebsrisiko und dem Risiko für verschiedene spezifische Krebsarten assoziiert sind, hat ein multinationales Forscherteam gemeinsam mit der International Agency for Research on Cancer (Krebsanteilung der WHO) untersucht.
„Die Herleitung und Definition von unterschiedlichen Körperformen ist ein neuer und vielversprechender Ansatz. In Bezug auf die Körperzusammensetzung und die Körperfettverteilung sind sie offensichtlich aussagekräftiger als die klassischen anthropometrischen Maße wie der Body-Mass-Index oder die Körpergröße allein und erlauben daher ein besseres Verständnis und eine genauere Beurteilung des Risikos für Krebserkrankungen“, erklärt Erstautorin Dr. Anja Sedlmeier, Lehrstuhl für Epidemiologie und Präventivmedizin der Universität Regensburg.
Mit einer Dimensionsreduktionstechnik, der sogenannten Hauptkomponentenanalyse, wurden mathematisch die Körperformen aus den sechs anthropometrischen Merkmalen Größe, Gewicht, Body-Mass-Index (BMI), Taillenumfang, Hüftumfang und Verhältnis von Taille zu Hüfte (WHR) abgeleitet. Daraus ergaben sich vier verschiedene Körperformen, die die heterogene Ausprägung von Übergewicht und Adipositas und ihre gesundheitlichen Folgen im Vergleich zu einzelnen anthropometrischen Merkmalen aufgrund ihrer Kombination besser erfassen können. Für die Analysen wurden Daten von der European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC)-Studie verwendet. Die Untersuchung umfasste über 340.000 Männer und Frauen aus neun europäischen Ländern, die zum Zeitpunkt der Datenerhebung (1990-2000) zwischen 35 und 65 Jahre alt waren.
Nur der athletische Körperbau ohne Krebsassoziation
Die erste Körperform beschreibt vor allem Personen, die durch einen übermäßigen Körperfettanteil charakterisiert sind; mit ihr wurde ein erhöhtes Risiko für onkologische Ereignisse insgesamt und für zehn verschiedene Krebsarten in Verbindung gebracht (u. a. Endometriumkarzinom, Adenokarzinom der Speiseröhre, Leberkarzinom, Nierenkarzinom). Die zweite Körperform, welche größere Menschen mit eher geradem Körperbau repräsentiert, konnte mit einem höheren Risiko für fünf verschiedene Krebsarten verbunden werden (u. a. Schilddrüsenkarzinom, postmenopausales Mammakarzinom). Die dritte Körperform beschreibt am ehesten größere Personen mit einer vermehrten Fettansammlung in der Bauchregion und war positiv mit dem Gesamtkrebsrisiko sowie zwölf verschiedenen Krebsarten verknüpft (u. a. Kehlkopfkarzinom, Ösophagus-Adeno- und -Plattenepithelkarzinom). Die vierte Körperform repräsentiert eher einen athletischen Körperbau und konnte mit keinem statistisch erhöhten Risiko für Krebserkrankungen in Verbindung gebracht werden.
„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die derzeitige Krebsbelastung im Zusammenhang mit Übergewicht und Körpergröße auf der Grundlage der klassischen anthropometrischen Merkmale wahrscheinlich unterschätzt wird und die abgeleiteten Körperformen neue Einblicke in die Krebsentstehung und -diagnose ermöglichen“, fasst Sedlmeier die Ergebnisse zusammen.
Pressemitteilung Universitätsklinikum Regensburg, Januar 2023
Sedlmeier AM et al.: Br J Cancer. 2022 Dec 2 (DOI 10.1038/s41416-022-02071-3).
Lee JA: Lancet. 2003 Mar;4(3):194 (DOI 10.1016/s1470-2045(03)01028-3).