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Koronare Herzkrankheit

Computertomografie als Ersatz für unnötige Herzkatheteruntersuchungen?

9.3.2022

Die Computertomografie (CT) ist in der Diagnostik der obstruktiven koronaren Herzkrankheit (KHK) eine genaue, nicht invasive Alternative zur invasiven Koronarangiografie (ICA). Ein europäisches Konsortium hat die CT als Alternative zum Herzkatheter im Zuge der DISCHARGE-Studie untersucht und festgestellt, dass die KHK mittels CT ähnlich sicher erkannt werden kann, bei geringerem Komplikationsrisiko.

Die Forschungsgruppe führte in 31 Partnereinrichtungen in 18 europäischen Ländern eine pragmatische, randomisierte Studie zum Vergleich von CT und ICA als initiale diagnostische Bildgebungsstrategien zur Steuerung der Behandlung von Patienten mit stabilen Brustschmerzen durch, die eine mittlere Vortestwahrscheinlichkeit für eine obstruktive KHK aufwiesen und für ICA an eines von 26 europäischen Zentren überwiesen wurden. Die primären Endpunkte waren schwerwiegende unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse (kardiovaskulärer Tod, nicht tödlicher Myokardinfarkt oder nicht tödlicher Schlaganfall) über einen Zeitraum von 3,5 Jahren. Wichtige sekundäre Endpunkte waren eingriffsbedingte Komplikationen und Angina pectoris. Darüber berichteten sie im renommierten „New England Journal of Medicine“.

Insgesamt 3.561 Patienten (56,2% Frauen) wurden in die Studie eingeschlossen, bei 98,9% war die Nachbeobachtung vollständig. Schwere unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse traten bei 38 von 1.808 Patienten (2,1%) in der CT-Gruppe und bei 52 von 1.753 (3,0%) in der ICA-Gruppe auf (Hazard Ratio [HR] 0,70; 95%-KI 0,46‒1,07; p=0,10). Größere verfahrensbedingte Komplikationen traten bei neun Patienten (0,5%) in der CT-Gruppe und bei 33 (1,9%) in der ICA-Gruppe auf (HR 0,26; 95%-KI 0,13‒0,55). Eine Angina pectoris während der letzten vier Wochen der Nachbeobachtung wurde bei 8,8% der Patienten in der CT-Gruppe und bei 7,5% der Patienten in der ICA-Gruppe berichtet (Odds Ratio 1,17; 95%-KI 0,92‒1,48).

Sichere Alternative zum Herzkatheter

Prof. Dr. med. Marc Dewey (Berlin), stellvertretender Direktor der Klinik für Radiologie am Campus Charité Mitte, Projektleiter der Studie, stellte fest, dass „sich gezeigt hat, dass die CT-Untersuchung ein sicheres Verfahren für Patienten mit stabilen, also nicht akuten Brustschmerzen und dem Verdacht auf eine KHK ist“. Zur Bewertung herangezogen wurde in erster Linie das Auftreten schwerer kardiovaskulärer Ereignisse über einen Zeitraum von bis zu vier Jahren. „Bei Patienten, die im Zuge der Studie zu einem Herzkatheter überwiesen wurden, war das Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse in der CT-Gruppe und der Herzkatheter-Gruppe mit 2,1 und 3% ähnlich. Die Häufigkeit schwerer verfahrensbedingter Komplikationen war bei einer anfänglichen CT-Strategie geringer“, so der Radiologe.

Prof. Dr. med. Henryk Dreger (Berlin), stellvertretender Direktor der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Kardiologie und Angiologie der Charité, hat die Untersuchungen an der Charité im Herzkatheterlabor begleitet. Sein Fazit der Studie: „Für ausgewählte Patienten kann die CT eine sichere Alternative zum Herzkatheter sein. Bei Patienten mit geringer Wahrscheinlichkeit für das Vorhandensein einer KHK kann sie helfen, unnötige Herzkatheteruntersuchungen zu vermeiden.“ In die Gesamtbetrachtung eingeflossen sind weiterhin Kriterien wie die Verbesserung der Brustschmerzen und der Lebensqualität im Verlauf.

Routinevorsorge bei mittlerem Krankheitsrisiko

Der neue Ansatz könnte dazu beitragen, die hohe Zahl der Herzkatheteruntersuchungen (>3/4 Mio./Jahr/Deutschland) zu reduzieren und auf diese Weise die Gesundheitssysteme entlasten zu helfen: „Die durch uns in der DISCHARGE-Studie standardisierte und qualitätsgesichert durchgeführte Methode könnte in der Routineversorgung für Menschen mit mittlerem Krankheitsrisiko verstärkt angeboten werden“, resümiert Dewey. Ein Nutzenbewertungsverfahren wurde vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) bereits auf den Weg gebracht. Zudem muss die für die Studie entwickelte Methode zur Einschätzung der klinischen Wahrscheinlichkeit einer KHK in einem nächsten Schritt daraufhin geprüft werden, ob sie zur Verbesserung der Routineversorgung von Patienten beitragen kann.

Pressemitteilung Charité ‒ Universitätsmedizin Berlin, März 2022
Maurovich-Horvat P et al., N Engl J Med 2022 Mar 4; DOI 10.1056/NEJMoa2200963, PMID 35240010

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