Der jährlich erscheinende Monitor der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) zeigt auf Grundlage der systematisch dokumentierten Beratungen der UPD Missstände und Problemlagen im Gesundheitswesen auf. Ein wichtiges Thema im Berichtsjahr 2022 ist der Zugang zur Gesundheitsversorgung.
„Leider wird die Suche nach Hausärzten, Fachärzten oder Psychotherapeuten für viele Menschen zunehmend zu einer Odyssee. Gerade körperlich oder psychisch chronisch erkrankten Menschen ist eine langwierige und komplizierte Suche nach qualifizierten Leistungserbringern nicht zuzumuten. Die 2019 eingeführten Terminservicestellen haben bisher keine durchschlagende Wirkung erzielt. Politik und Selbstverwaltung müssen hier schnell weitere Maßnahmen ergreifen“, sagt Thorben Krumwiede, Geschäftsführer der UPD.
Auch beim Thema Arzneimittelengpässe gab es 2022 vermehrten Beratungsbedarf. „Gerade wenn lebenswichtige Medikamente nicht verfügbar sind, löst das bei Patienten und deren Angehörigen oft Wut und Verzweiflung aus. Wir geben den Ratsuchenden Tipps dazu, wie sie vielleicht doch noch an das gewünschte Medikament kommen und raten ihnen, mit ihren Ärzten über mögliche Alternativen zu sprechen. Leider haben wir aktuell den Eindruck, dass zunehmend breitere Patientengruppen von Arzneimittelengpässen betroffen sind. Betroffenen bleibt zurzeit keine andere Möglichkeit, als einzelne Apotheken telefonisch oder persönlich abzuklappern, auch weil es an einer digitalen Übersicht über die Arzneimittelbestände der Apotheken fehlt“, so Krumwiede.
Arzneimittelengpässe erhöhen Beratungsbedarf
Schwierigkeiten zeigten sich auch bei der Versorgung mit Inkontinenzhilfsmitteln. Um eine gute und ausreichende Versorgung zu erhalten, müssen Betroffene sehr oft organisatorischen und finanziellen Mehraufwand in Kauf nehmen. „Bei Qualitätsmängeln bekommen Betroffene trotz bestehender Aufsichtspflicht oft keine Unterstützung durch ihre Krankenkassen. Auch der gesetzlich festgelegten Transparenzpflicht über die mit Leistungserbringern abgeschlossenen Verträge zur Hilfsmittelversorgung kommen die Kassen nicht nach“, kritisiert Krumwiede.
Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung Stefan Schwartze ergänzt: „Die Bundesregierung ist beim Thema der Arzneimittelengpässe zurecht tätig geworden. Auch aufgrund der aktuellen Weltlage bleibt die Situation für Apotheken wie auch Patientinnen und Patienten aber belastend. Der Monitor zeigt: Patientenrechte sind weiterhin ein gewichtiges Thema. Zu Behandlungsfehlern war der Beratungsbedarf auch im vergangenen Jahr wieder hoch. Um einen solchen nachweisen und mögliche Ansprüche klären zu können, ist die Einsichtnahme in die Patientenakte wichtige Voraussetzung. Hier stoßen Patientinnen und Patienten trotz klarer gesetzlicher Regelungen weiterhin auf Probleme, wenn sie dieses Recht geltend machen wollen. Ein weiteres Problem ist das erforderliche Beweismaß bei Verdacht auf einen Behandlungsfehler. Dieser Nachweis gelingt Patientinnen und Patienten in den meisten Fällen nicht. Die UPD und ich stimmen überein, dass wir hier eine patientenfreundlichere Regelung brauchen.“
Einige Kernaussagen des Monitor Patientenberatung 2022:
* insgesamt wurden 123.558 Beratungen geleistet
* 56,8% (70.237) der Beratungen betrafen rechtliche Fragen
- 29.525 Beratungen davon betrafen Leistungsansprüche gegenüber Kostenträgern
- 15.306 Beratungen davon betrafen ärztliche Berufspflichten und Patientenrechte
* 26,5% (32.735) der Beratungen betrafen medizinische Fragen
* 16,7 % der Beratungen betrafen allgemeine Anfragen
Der Patientenmonitor 2022 ist unter www.patientenberatung.de als PDF abrufbar.
Hinweis: Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland gemeinnützige GmbH (UPD) berät Patienten in gesundheitlichen und gesundheitsrechtlichen Fragen, unabhängig davon, ob Ratsuchende gesetzlich, privat oder nicht krankenversichert sind. Die Beratung wird kostenfrei angeboten, finanziert mit rund 5,2 Millionen Euro/Jahr durch den GKV Spitzenverband. Wegen unklarer Rahmenbedingungen z. B. hinsichtlich der Eigentümerschaft, möglicher Krankenkassennähe, zu geringer Beratungskapazität oder einer Fehlallokation von Fördergelder sah sich die UPD mehrfach der Kritik ausgesetzt, unter anderem durch den Bundesrechnungshof im Juni 2020.
Pressemitteilung „Unabhängige Patientenberatung Deutschland blieb im Krisenjahr 2022 verlässlicher Ansprechpartner“. Bundesministerium für Gesundheit, Bonn, Berlin, 12.6.2023 (https://www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/unabhaengige-patientenberatung-krisenjahr-2022-verlaesslicher-ansprechpartner-12-06-2023.html).
* Wissenschaftliche Dienste des Bundestages, Fachbereich WD 9 - Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend:: Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) - Organisation, Finanzierung und Qualitätssicherung (Aktenzeichen: WD 9 - 3000-107/20 vom 5.1.2021).