Die relative 5-Jahres-Überlebensrate beim Multiplen Myelom liegt bei beiden Geschlechtern unter 50%. Eine prospektive klinische Phase-II-Studie hat jetzt gezeigt, dass eine kombinierte BRAF/MEK-Hemmung bei Patienten mit BRAF V600E-mutiertem fortgeschrittenem Multiplem Myelom mit einer Gesamtansprechrate von über 83% einhergeht.
Bei einem kleinen Anteil von Patienten mit neu diagnostiziertem Multiplem Myelom werden aktivierende Mutationen des onkogenen Signalmoleküls BRAF gefunden. Die Häufigkeit dieser Mutationen steigt in späten Stadien, wenn die Erkrankung nicht mehr auf die bisherige Behandlung anspricht. Ihr Auftreten ist mit einer ungünstigen Prognose verbunden. In einer Phase II-Studie haben Forscher untersucht, inwiefern eine kombinierte BRAF/MEK-Hemmung mit zielgerichteten Medikamenten eine wirksame und sichere Behandlung darstellt. Die Studie der German-Speaking Myeloma Multicenter Group schloss Patienten mit rezidiviertem oder therapierefraktärem Multiplen Myelom (RRMM) ein, die eine aktivierende BRAF V600E-Mutation in den Myelomzellen tragen.
Bei den 12 in die Studie aufgenommenen Patienten waren im Mittel fünf Therapielinien vorausgegangen. Die Forscher untersuchten die Gesamtansprechrate auf eine Behandlung mit dem BRAF-Inhibitor Encorafenib und dem MEK-Inhibitor Binimetinib (als Kombination in der EU bei fortgeschrittenem Melanom zugelassen), die innerhalb des ersten Jahres nach Beginn der neuen Behandlung erreicht wurde: Sie lag bei über 83%, bei jedem vierten Patienten konnte sogar gar keine relevante Krankheitsaktivität mehr nachgewiesen werden. Das mittlere progressionsfreie Überleben lag bei 5,6 Monaten, bei jedem dritten Patienten hielt der Therapieerfolg sogar mehr als 12 Monate an. Die Gesamtüberlebensrate lag nach 24 Monaten bei 55%.
Möglich und erfolgreich auch im fortgeschrittenen Stadium
Die Wissenschaftler konnten damit erstmals zeigen, dass eine kombinierte BRAF/MEK-Hemmung bei Patienten mit BRAF V600E-mutiertem RRMM hochwirksam ist. Prof. Dr. med. Marc-Steffen Raab, Letztautor der Publikation: „Mit der BRAF/MEK-Hemmung haben wir einen erfolgreichen zielgerichteten Ansatz der Präzisionsmedizin beim rezidivierten und refraktären Multiplen Myelom identifiziert. Kurz gesagt: Personalisierte Therapie ist beim Multiplen Myelom auch in fortgeschrittenen Erkrankungsstadien möglich und erfolgreich.“
Für das klinische Management ergibt sich aus dem Ergebnis der Studie somit eine neue Option: „Ein BRAF-Test sollte bei allen refraktären Myelompatienten in Betracht gezogen werden. Findet sich eine aktivierende BRAF-Mutation, kann die Behandlung mit BRAF/MEK-Hemmern folgen, da man bei Patienten dadurch ein schnelles und zum Teil sogar langanhaltendes Ansprechen erreichen kann“, so Raab.
* Pressemitteilung „Personalisierte Therapie beim Multiplen Myelom“. NationalesCentrum für Tumorerkrankungen (NCT), Heidelberg, 28.2.2023 (https://idw-online.de/de/news810025).
* Giesen N et al.: A phase II clinical trial ofcombined BRAF/MEK inhibition for BRAFV600E-mutated multiple myeloma. Blood.2023 Jan 6:blood.2022017789 (DOI 10.1182/blood.2022017789).