Anlässlich des Welt-Neurodermitis-Tages am 14. September 2021 haben die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) und der Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) in einer Pressemitteilung darauf hingewiesen, dass zur systemischen Therapie bei moderater bis schwerer Neurodermitis (atopische Dermatitis, AD) mittlerweile eine Reihe neuer Wirkstoffe zur Verfügung stehen. Diese haben eine hohe Wirksamkeit und gute Verträglichkeit.
Diese neuen Therapien, so Prof. Dr. med. Michael Hertl, Präsident der DDG und Direktor der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Universitätsklinikum Marburg, in Form von spezifischen Antikörpern und sogenannten kleinen Molekülen haben etwa seit 2017 eine neue Ära eingeleitet. Zu den antikörperbasierten Therapien gehört Dupilumab, das als erstes Biologikum zur Behandlung der moderaten bis schweren AD und seit Ende 2020 auch für Jugendliche und Kinder ab sechs Jahren zugelassen ist. „Der Vorteil von Dupilumab liegt darin, dass wir jetzt für die schwer Erkrankten eine Option haben, die bei 60‒70% der Patientinnen und Patienten sehr gut wirkt“, führt Hertl aus. Auch wenn man nicht von einer Heilung sprechen könne, so seien die Reduktion des Juckreizes, die Verbesserung des Hautbildes und das verbesserte Schlafvermögen ein großer Erfolg. Die Verträglichkeit von Dupilumab (alle zwei Wochen mit einem Fertig-Pen oder einer Fertigspritze verabreicht) wird mit „sehr gut“ eingestuft, es kann aber zu entzündlichen Veränderungen am Auge kommen. Neben Dupilumab ist seit Juni 2021 auch Tralokinumab zugelassen und wird bereits bei Patienten eingesetzt. Weitere Biologika mit für die Neurodermitis spezifischem Wirkansatz, z.B. Nemolizumab und Lebrikizumab, sind in der klinischen Entwicklung.
Ebenfalls vielversprechend sind zudem die Januskinase(JAK)-Inhibitoren, die nach Experteneinschätzung auch für die Neurodermitisbehandlung ein großes Potenzial haben. Seit Oktober 2020 ist für Erwachsene der Wirkstoff Baricitinib für die Indikation atopische Dermatitis zugelassen. JAK-Hemmer sind kleine Moleküle, die wirksam Entzündungsprozesse hemmen können. Im Unterschied zu den Biologika sind sie nicht auf einzelne Botenstoffe zugeschnitten, sondern hemmen die Signalweiterleitung in der Zelle mit dem Effekt, dass die Entzündung abklingen kann. Prof. Dr. med. Tilo Biedermann, Direktor der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie, TU München, erklärt dazu: „Der Vorteil der JAK-Inhibitoren ist, dass wir die Inhibition schrittweise modulieren und Wirkung und Nebenwirkungen steuern können.“ Die JAK-Inhibitoren seien insgesamt durch ihre schnelle Wirksamkeit gekennzeichnet und führten bei den Patienten rasch zu einer Besserung des Ekzems und reduzierten den Juckreiz, so Biedermann. Zu den häufigsten Nebenwirkungen der als Tabletten verabreichten Medikamente gehören Entzündungen der oberen Atemwege, Kopfschmerzen und erhöhte Werte der Kreatin-Kinase. Weitere Moleküle aus der Gruppe der JAK-Inhibitoren, wie Upadacitinib (zugelassen im August 2021) oder Abrocitinib, werden in der näheren Zukunft das Therapiespektrum ergänzen. Erforscht werden zudem in Studien Delgocitinib, Ruxolitinib und Tofacitinib, die in Cremes zur direkten Anwendung auf der Haut verabreicht werden, wodurch Nebenwirkungsrisiken deutlich gesenkt werden könnten. Die abgelaufene S2k-Leitlinie „Neurodermitis“ enthält zwar keine dieser neuen Therapieoptionen. Hertl stellte jedoch fest, dass eine Aktualisierung zur Systemtherapie bei Neurodermitis vorhanden sei.
Originalpublikation: Werfel T et al., J Dtsch Dermatol Ges 2021 Jan; 19(1): 151‒169, DOI 10.1111/ddg.14371_g, PMID 33491881
Pressemitteilung Deutsche Dermatologische Gesellschaft e.V. (DDG), September 2021