Warum Menschen mit Multiple Sklerose (MS) nach dem Konsum von Milchprodukten oft über stärkere Krankheitssymptome klagen, hat jetzt ein Forscherteam herausgefunden.
An Mäusen konnten sie zeigen, dass ein Protein der Kuhmilch Entzündungen auslöst, die sich gegen die „Isolierschicht“ um die Nervenzellen richten. „Als Grund vermuteten wir ähnlich wie bei MS-Kranken eine fehlgeleitete Immunreaktion“, erklärt Rittika Chunder, die in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. med. Stefanie Kürten habilitiert. „Die körpereigene Abwehr attackiert eigentlich das Casein, zerstört dabei aber auch Proteine, die an der Bildung des Myelins beteiligt sind.“ Es kommt also zu einer Kreuzreaktivität. Deshalb haben die Forscher das Casein mit verschiedenen Molekülen verglichen. Sie stießen dabei auf ein Eiweiß namens MAG, welches dem Casein ähnlich ist. In den Casein-behandelten Mäusen richtete sich die körpereigene Abwehr also auch gegen MAG, wodurch das Myelin destabilisiert wird. Um zu testen, ob die Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind, gaben die Wissenschaftler Casein-Antikörper von Mäusen zu menschlichem Hirngewebe, die sich dort an den Zellen anreicherten, die im Gehirn für die Myelin-Produktion verantwortlich sind. „Studien zufolge sind die MS-Zahlen in Bevölkerungsgruppen erhöht, in denen viel Kuhmilch konsumiert wird“, sagt Kürten, die auch Mitglied im Exzellenzcluster ImmunoSensation2 ist [1].
Rittika Chunder et al., PNAS 2022; https://doi.org/10.1073/pnas.2117034119
Pressemitteilung der Universität Bonn, März 2022