In vielen Leitlinien wird die initiale antihypertensive Kombinationstherapie mit Fixkombinationen mehrerer Blutdrucksenker empfohlen. Wie sieht aber die Evidenz dazu aus? Gibt es Studien, die eine solche Empfehlung begründen? Bringt die Verwendung von Fixkombinationen in einer Tablette tatsächlich die erhofften Vorteile in der Adhärenz, aber auch in klinisch bedeutsamen Endpunkten?
Nach einer Analyse [1], in der das Pro und Kontra der in vielen Leitlinien empfohlenen initialen antihypertensiven Kombinationstherapie diskutiert wurde und die jetzt in „Arzneiverordnung in der Praxis“ (AVP), einem kostenfrei verfügbaren und industrieunabhängigen Informationsblatt der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), erschienen ist, gibt es nur eine schwache Evidenz für solche Empfehlungen. Einfach, weil die meisten Studien, die eine solche Empfehlung begründen sollen, retrospektiv durchgeführt wurden und nicht randomisiert waren.
Die Kombination von blutdrucksenkenden Medikamenten ist der Analyse zufolge deutlich effektiver als die Dosissteigerung einzelner Medikamente. Gegen eine schrittweise Kombination (z. B. in vier- bis sechswöchentlichen Abständen) spricht hingegen nichts. Durch die Verwendung von Fixkombinationen in einer Tablette (meist deutlich teurer als die Einzelkomponenten) erhoffte man sich auch Vorteile in der Adhärenz. Doch dieser mögliche Vorteil konnte ebenfalls nicht in klinisch bedeutsamen Endpunkten belegt werden. Fixkombinationen sollte man daher lediglich in Sonderfällen (Patienten mit hoher Tablettenanzahl und diesbezüglichen Therapieadhärenzproblemen) verwenden.
Der kritischen Bewertung entspricht eine aktuelle Cochrane-Analyse [2], die ebenfalls zu dem Schluss führte, dass es nicht genug Evidenz gibt, um eine initiale Kombinationstherapie zu begründen. In die Auswertung für dieses Review kamen randomisierte kontrollierte Studien, die bei Patienten mit primärer Hypertonie und Blutdruck > 140/90 oder > 130/80 mmHg sowie einem Diabetes mellitus eine initiale Monotherapie mit einer initialen Kombinationstherapie verglichen. Die Beobachtungsdauer sollte mindestens zwölf Monate und die Teilnehmerzahl mindestens 50 betragen. Als primäre Endpunkte sollten Mortalität, schwere unerwünschte Ereignisse, kardiovaskuläre Ereignisse oder kardiovaskuläre Mortalität definiert worden sein (> kardiovaskuläre Erkrankungen). Als sekundäre Endpunkte waren Therapieabbrüche aufgrund von medikamentösen Nebenwirkungen, Blutdruckkontrollen wie in der Studie definiert und Änderung des Blutdrucks Auswahlkriterien. Mit diesen Kriterien konnten vier Studien identifiziert werden, die sämtlich, aber nicht nur auf die initiale antihypertensive Therapie ausgerichtet waren. Daher wurden von den Studienautoren zusätzlich Daten für Subgruppen angefordert und analysiert. Dabei konnte für keinen der oben genannten Endpunkte ein signifikanter Vorteil festgestellt werden.
1 Zieschang M, Antihypertensive Fixkombination zur Initialtherapie – keine gut begründete Empfehlung. Arzneiverordnung in der Praxis (AVP) 2022; [online-Vorveröffentlichung] https://www.akdae.de/ [abgerufen am 09.05.2022]
2 Garjón J, Saiz LC, Azparren A, Gaminde I, Ariz MJ, Erviti J, First-line combination therapy versus first-line monotherapy for primary hypertension. Cochrane Database Syst Rev 2020; 2: CD010316; doi: 10.1002/14651858