Das Leitlinienprogramm Onkologie hat die S3-Leitlinie zum Nierenzellkarzinom überarbeitet und neue Empfehlungen zu erblichen Tumoren integriert, deren Diagnostik und Behandlung eine besondere Fachexpertise erfordern. Die S3-Leitlinie entstand unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) und der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) sowie unter Mitwirkung von 33 weiteren Fachgesellschaften und Organisationen.
Laut dem Robert Koch-Institut erkranken jährlich etwa 14 000 Personen an Nierenkrebs – Männer sind fast doppelt so häufig betroffen wie Frauen. Die Prognose ist vergleichsweise günstig, das relative 5-Jahres-Überleben von Erkrankten liegt bei 79 % für Frauen und bei 77 % für Männer. 2020 verstarben etwa 5100 Personen an Nierenkrebs. Bei der Entstehung können unter anderem erbliche Faktoren eine Rolle spielen. Die Betreuung dieser Patientengruppe und deren Angehörigen ist äußerst komplex und geht weit über die urologische Versorgung hinaus. Die S3-Leitlinie wurde daher um das Kapitel „erbliche Tumoren“ ergänzt.
„Wir gehen davon aus, dass 5 – 8 % aller Fälle durch vererbte Genveränderungen bedingt sind. Es gibt Kriterien, die auf eine erbliche Variante hinweisen können, unter anderem das Erkrankungsalter vor dem 47. Lebensjahr und die Erkrankung naher Familienangehöriger. Für das Erkrankungsmanagement und die gezielte Therapieauswahl ist die Identifikation von erblichen Nierentumoren äußerst wichtig. Daher soll Betroffenen bei Verdacht auf einen erblichen Tumor eine genetische Beratung und eine molekulargenetische Analyse angeboten werden“, so Prof. Dr. med. Christian Doehn, Urologikum Lübeck. Zusammen mit Prof. Dr. med. Susanne Krege, Kliniken Essen-Mitte, hat er die Aktualisierung der S3-Leitlinie (AWMF-Reg.nr. 043-017OL) koordiniert. Auch den Angehörigen soll laut der Leitlinie eine genetische Beratung angeboten werden.
„Das therapeutische Vorgehen bei erblichen Tumoren kann je nach Syndrom sehr unterschiedlich sein“, ergänzt Krege. Und weiter: „Bei der Therapieauswahl spielen die Tumorgröße, die Wachstumsgeschwindigkeit und ein multifokales Auftreten eine wichtige Rolle. So kann in bestimmten Fällen die sogenannte aktive Überwachung angebracht sein. In anderen Fällen ist wiederum eine Operation oder eine gezielte fokale Therapie vonnöten.“ Zur fokalen Therapie zählt unter anderem die Radiofrequenzablation zur lokalen Zerstörung von Tumorgewebe durch Hitze. Bei erblichen Nierentumoren soll die Nachsorge zudem zeitlich unbegrenzt fortgeführt werden.
Anerkennung als Berufskrankheit
Neben den erblichen Faktoren können auch Rauchen, Bluthochdruck, Übergewicht und eine chronische Niereninsuffizienz die Entstehung von Nierenzellkrebs begünstigen. Besonders betroffen sind nach einer Nierentransplantation immunsupprimierte Patientinnen und Patienten. Auch die brennbaren Lösungsmittel Trichlorethen oder Trichlorethylen, die im Arbeitsumfeld beispielsweise zur Metallreinigung angewendet werden, können die Entstehung von Nierenkrebs begünstigen – weshalb Nierenzellkarzinome auch als Berufskrankheit anerkannt werden können.
Für Patienten und Patientinnen stehen die zwei Patientenleitlinien „Nierenkrebs im frühen und lokal fortgeschrittenen Stadium“ und „Nierenkrebs im metastasierten Stadium“ online zur Verfügung (https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/patientenleitlinien/nierenkrebs).
Pressemitteilung: „Nierenkrebs: Neue Leitlinienempfehlungen zu erblichen Tumoren“. Deutsche Krebsgesellschaft und andere Fachgesellschaften, Berlin, 16.10.2024 (https://www.krebsgesellschaft.de/deutsche-krebsgesellschaft-wtrl/willkommen/aktuelle-pressemitteilung/pressemitteilungen-2024/pressemitteilung-s3-leitlinie-niere.html).