Mittlerweile jeder Dritte leidet unter einer Allergie, doch die Zahl der Ärzte mit Zusatzbezeichnung Allergologie nimmt kontinuierlich ab. Um die Versorgung dennoch zu verbessern, kommt es auf die Nachwuchsförderung, Praxisorganisation und Digitalisierung an.
Allergien sind Umwelterkrankungen, so Prof. Claudia Treidl-Hoffmann (Augsburg). Durch Umweltbelastung, Klimawandel und abnehmende Biodiversität bilden sich mehr Schadstoffe, die wiederum die Empfänglichkeit der Allergiker erhöhen. Schädliche Stoffe gelangen über die Haut in den Körper, wobei das Paradebeispiel für eine Barrierestörung die Neurodermitis ist. Zu Beginn werden Allergien meist bagatellisiert und nicht fachgerecht behandelt, so dass die Relevanz der Erkrankung stärker in den Fokus gestellt werden sollte. Relevant ist auch die Versorgung durch unterschiedliche Disziplinen, sind doch Allergien durch die spezifische Immuntherapie ursächlich behandelbar. Damit grundlegende Verbesserungen eintreten, müsste sich neben der Wahrnehmung auch die Weiterbildung ändern. Der nationale Aktionsplan Allergologie könnte die Politik wachrütteln. Die Online-Plattform „Faszination Allergologie“ mit namhaften Referenten, die auch die Vernetzung mit renommierten Kollegen unterstützt, wird vor allem von Ärzten in der Weiterbildung genutzt.
Herausforderungen: Fachpersonal und Digitalisierung
Dass Pollen- und Hausstaubmilbenallergiker mehr Betreuung und Begleitung erwarten, berichtete Marion Saladin (Augsburg), 1. Vorsitzende des Verbandes des Pneumologischen Assistenzpersonals. Gleichzeitig sind die Patienten besser informiert, auch, was die Therapie betrifft. Präventiv können Betroffene einiges tun, beispielsweise bei der Pollenallergie: Lüften, abendliche Haarwäsche, Kleidungswechsel im Bad, Wäsche nicht draußen trocknen. Erweitert haben sich die Aufgaben der medizinischen Fachangestellten, die mehr und mehr den Arzt entlasten. Damit werden Routinetätigkeiten aufgrund des Fachkräftemangels von Quereinsteigern übernommen. MFAs machen mittlerweile die Anamnese, gehen mit den Patienten Fragebögen durch, messen die Lungenfunktion und führen einen Prick-Test sowie die SLIT-Therapie durch. Darüber hinaus schulen und beraten sie die Patienten, im Idealfall digital über die Cloud.
Welchen Platz hat die Digitalisierung im Allergie-Management? Sebastian Seurig, ärztlicher Koordinator des Allergiezentrums Nürnberg, hält Health Apps für sehr praktisch, sei es als Tagebuch oder zur Medikationserinnerung. Es gehe jedoch viel Information verloren, da es zu wenig Schnittstellen mit der Praxissoftware gebe. Online-Sprechstunden bieten sich bei der Anamnese und bei unkomplizierten Verläufen an. Immer wichtiger im kollegialen Austausch werden Telekonsile. Cloud-Lösungen wiederum eignen sich für die Patientenkommunikation und Befundung. Sinnvoll in der Beratung sind auch digitalisierte Wettervorhersagen sowie das Pollenflugnetzwerk Berlin. Auch wenn die meisten Praxen an die Telematik-Infrastruktur angebunden sind, gebe es neben technischen Problemen weiterhin Sicherheitsbedenken.
Die Autorin
Dr. rer. nat. Christine Reinecke
70378 Stuttgart
dres.reinecke@t-online.de
www.hello-biology.com
Dr. Christine Reinecke ist promovierte Diplom-Biologin und seit über 25 Jahren freiberufliche Autorin zahlreicher Publikationen der Naturheilkunde, Medizin und Pharmazie
Digitales Allergie-Update 2022: Allergologie im Wandel, 29.09.2022, veranstaltet von Alk-Abelló