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Adipositas

Mikrobiomtransfer möglicherweise entscheidend bei bariatrischen Operationen

1.8.2022

Die positiven Effekte der Adipositas-Chirurgie werden vermutlich über die postoperativen Veränderungen des Darmmikrobioms vermittelt. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher des Universitätsklinikums Bonn (UKB) nach einer Studie im Kleintiermodell.

Im Rahmen ihrer Studie analysierten die Bonner Forscher um Prof. Dr. Wiebke Fenske im Tierversuch zunächst, wie sich die Dezimierung von Darmbakterien durch Antibiotika nach einer bariatrischen Operation auf den Organismus auswirkt. Die antibiotische Bakterizidie des enteralen Mikrobioms verhinderte die positiven Effekte der Operation auf Übergewicht und verbesserte Stoffwechselfunktion nahezu komplett. „Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die positiven Auswirkungen der bariatrischen Operation auf den Systemstoffwechsel und die Gewichtsregulation über das Darmmikrobiom vermittelt werden“, so Fenske.

Im nächsten Schritt transplantierten die Forscher das Darmmikrobiom vor und nach der bariatrischen Operation in ein adipöses, nicht-operiertes Tiermodell. „So konnten wir den inhärenten Effekt des operativ-geprägten Darmmikrobioms auf den Systemstoffwechsel bei Adipositas ermitteln“, erläutert Fenske weiter. Der Transfer von lebenden Darmbakterien nach bariatrischer Operation führte zu einer deutlichen Verbesserung des Glukosestoffwechsels und zur Reduktion des Übergewichts der adipösen Empfängertiere. Ähnlich wie nach der Operation, waren diese Effekte eng gekoppelt an einen gesteigerten Energieverbrauch des braunen Fettgewebes, das überschüssiges Fett zur Wärmegewinnung nutzt und somit Fettreserven abbaut.

Neuer Signalweg

Auf der Suche nach zugrundeliegenden molekularen Prozessen identifizierten die Forscher schließlich einen neuen systemischen Signalweg zwischen Darmmikrobiom und Fettgewebe, der infolge der rekonstruierten Nahrungspassage nach bariatrischer Operation aktiviert wird. Eine wichtige Rolle scheint in diesem Zusammenhang die Aktivierung zweier Signalmoleküle, der sogenannten Gallensäure-Rezeptoren TGR5 und FXR im Darm und im braunen Fettgewebe zu spielen. Durch veränderte mikrobielle Stoffwechselprodukte (spezifisch veränderte Gallensäure-Moleküle) wird über diese Rezeptoren ein biochemisches Signal an die Zellen im Verdauungstrakt und in stoffwechselaktiven Geweben weitergegeben, so dass der systemische Organismus in konzertierter Weise seinen Stoffwechsel anpasst.

Mit diesen Ergebnissen konnte die Gruppe um Fenske erstmals die positiven Effekte eines Mikrobiom-Transfers auf einen relativ einfachen molekularen Regelkreis zurückführen. Die Studie dürfte maßgeblich zur Akzeptanz der Mikrobiom-Modulation als eine Behandlungsstrategie von metabolischen Erkrankungen beitragen, heißt es in einer Pressemitteilung der Uni. PD Dr. Andreas Till, Co-Autor der Studie, ergänzt: „Sobald wir die molekularen und zellulären Prozesse des komplexen Zusammenspiels zwischen Mikrobiom, zentralem Nervensystem und Hormon-Haushalt besser verstehen, die zum Erfolg der bariatrischen Chirurgie beitragen, hilft uns dies bei der zielgerichteten Entwicklung neuartiger mikrobiombasierter Therapiekonzepte für die Behandlung von Adipositas und assoziierter Stoffwechselerkrankungen“.

Der bemerkenswerte Befund der jetzt vorgelegten Studie, dass die gesundheitsförderlichen Prozesse der Operation durch den Transfer des fäkalen Mikrobioms auch auf ein metabolisch krankes, übergewichtiges Tier übertragen werden konnten, weckt natürlich therapeutische Hoffnung. Umgekehrt ist bereits schon länger klar, dass die Fäkaltransplantation von übergewichtigem auf normalgewichtige Versuchstiere eine Adipositas auslösen kann. „Inwieweit diese Prozesse auch bei unseren Patienten wirksam sind, untersuchen wir gerade gemeinsam mit Kollegen der Universität Graz in einer ersten kontrollierten, klinischen Studie zu fäkaler Mikrobiota-Transplantation bei adipösen Patienten“, berichtete Fenske.

Pressemitteilung Universitätsklinikum Bonn, Juli 2022
Münzker J et al.; Microbiome. 2022 Jun 24;10(1):96 (DOI 10.1186/s40168-022-01264-5).

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