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Adipositas

Forderungen nach einer Neugestaltung der Adipositas-Diagnostik

7.4.2025

Die internationale Kommission für klinische Adipositas (Commission on Clinical Obesity) schlägt eine umfassende Neugestaltung der Adipositas-Diagnostik vor. Der neue Ansatz geht über den Body-Mass-Index (BMI) hinaus und berücksichtigt zusätzliche Messungen des Körperfetts sowie objektive Krankheitszeichen auf individueller Ebene. Auch Forschende der TU Dresden am Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) waren an der Kommission beteiligt. Die Ergebnisse wurden gerade in „The Lancet Diabetes & Endocrinology“ veröffentlicht.

Weltweit sind etwa eine Milliarde Menschen adipös. In Deutschland ist jeder vierte Erwachsene stark übergewichtig. Die Kosten für die Behandlung von Adipositas und den daraus resultierenden Folgeerkrankungen, u. a. Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Arthrose, bestimmte Krebsarten und psychische Beschwerden, belasten die Gesundheitssysteme. Präzisere Diagnosen bei Übergewicht könnten Betroffenen gezielter helfen und gleichzeitig Kosten senken.

BMI auf individueller Ebene als Maß der Pathogenität unzuverlässig

Derzeit stützen sich medizinische Ansätze zur Diagnose von Adipositas hauptsächlich auf den sogenannten Body-Mass-Index (BMI). Der BMI ist jedoch auf individueller Ebene kein zuverlässiges Maß für Gesundheit oder Krankheit. Dies kann zu Fehldiagnosen und negativen Folgen für Betroffene und die Gesellschaft führen. Die Commission on Clinical Obesity empfiehlt daher, neben dem BMI auch Messungen des Taillenumfangs oder direkte Fettmessungen zur Erkennung von Fettleibigkeit zu verwenden, um das Risiko einer Fehlklassifizierung zu verringern.

Die Kommission empfiehlt, die Adipositas und ihre Verteilung im Körper mithilfe einer der folgenden Methoden festzustellen:

  • mindestens eine Messung der Körpergröße (Taillenumfang, Taille-Hüft-Verhältnis oder Taillen-Größe-Verhältnis) zusätzlich zum BMI
  • mindestens zwei Messungen der Körpergröße (Taillenumfang, Taille-Hüft-Verhältnis oder Taillen-Größe-Verhältnis) unabhängig vom BMI
  • direkte Körperfettmessung (z. B. durch eine Knochendichtemessung oder DEXA) unabhängig vom BMI
  • Bei Personen mit sehr hohem BMI (z. B. >40 Kg/m2) kann pragmatisch von überschüssigem Körperfett ausgegangen werden.

Vorschlag für zwei diagnostische Kategorien: Klinische und Präklinische Adipositas

Die Kommission stellte zwei neue diagnostische Kategorien vor: „klinische Adipositas“ und „präklinische Adipositas“. Klinische Adipositas wird als chronische Krankheit definiert, die mit einer anhaltenden Organfunktionsstörung aufgrund des starken Übergewichts einhergeht. Präklinische Adipositas ist mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko verbunden, jedoch keine anhaltende Erkrankung.

Personalisierte Gesundheitsberatung und evidenzbasierte Versorgung

Die Kommission macht sich dafür stark, dass alle Menschen mit Adipositas eine personalisierte Gesundheitsberatung und evidenzbasierte Versorgung erhalten – frei  von Stigmatisierung und Schuldzuweisungen. Dies soll durch unterschiedliche Strategien für klinische und präklinische Adipositas erreicht werden. „Adipositas nur als Risikofaktor und niemals als Krankheit zu betrachten, kann Menschen, die allein aufgrund von Adipositas gesundheitlich krank sind, zu Unrecht den Zugang zu zeitkritischer Versorgung verweigern. Auf der anderen Seite führt eine pauschale Definition von Adipositas als Krankheit zu Überdiagnosen und ungerechtfertigtem Einsatz von Medikamenten und chirurgischen Eingriffen, mit potenziellem Schaden für den Einzelnen und schwindelerregenden Kosten für die Gesellschaft“, sagte der Vorsitzende der Kommission, Prof. Dr. med. Francesco Rubino vom King‘s College London.

„Eine gründliche und ausgewogene Definition von Adipositas ist längst überfällig, um die medizinischen und sozioökonomischen Herausforderungen anzugehen“, betont Prof. Dr. med. Stefan Bornstein, Mitglied der Kommission und Direktor des Zentrums für Innere Medizin am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden sowie Wissenschaftler am Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD). Der Vorschlag der Kommission biete den Gesundheitssystemen die Möglichkeit, eine klinisch relevante Definition von Adipositas sowie genauere Methoden für ihre Diagnose zu verabschieden. Dies könne helfen, die Ressourcen effizienter zu nutzen und den Menschen gezielter zu helfen.

Pressemitteilung „Internationale Kommission mit Dresdner Wissenschaft¬lern schlägt umfassende Überarbeitung der Adipositas-Diagnose vor“. Technische Universität Dresden, 16.1.2025 (https://tu-dresden.de/tu-dresden/newsportal/news/internationale-kommission-mit-dresdner-wissenschaftlern-schlaegt-umfassende-ueberarbeitung-der-adipositas-diagnose-vor).

* Rubino F et al.: Definition and diagnostic criteria of clinical obesity. Lancet Diabetes Endocrinol. 2025 Jan 9:S2213-8587(24)00316-4 (DOI 10.1016/S2213-8587(24)00316-4).

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