Der Verdacht, dass sich unter GLP-1-Rezeptoragonisten (GLP-1-RA) das Risiko für Schilddrüsenkrebs erhöht, konnte bisher in Studien nicht eindeutig bestätigt werden. Eine große Kohortenstudie mit an Typ-2-Diabetes (T2D) erkrankten Menschen sollte weiteren Aufschluss dazu liefern.
GLP-1-Rezeptoragonisten wie Liraglutid und Semaglutid haben sich nicht nur in der Behandlung von Typ-2-Diabetes bewährt, sondern zeigen sich seit ihren Zulassungen zur Adipositas-Therapie (hier in anderen Dosierungen als bei T2D) auch in dieser Indikation sehr wirksam. Damit die positiven Effekte dauerhaft anhalten, ist allerdings eine Langzeittherapie indiziert. Und spätestens da stellt sich die Frage nach den Nebenwirkungen. In präklinischen Studien mit Nagern hatte sich angedeutet, dass eine Dauertherapie mit GLP-1-RA mit einem erhöhten Risiko für Schilddrüsenkrebs einhergehen könnte. Die Relevanz für Menschen ist aber aufgrund widersprüchlicher Studienergebnisse noch nicht geklärt.
Biologisch betrachtet ist dieser Verdacht plausibel: GLP-1-Rezeptoren werden deutlich häufiger in papillären Schilddrüsenkrebs-Zellen exprimiert als in normalen Schilddrüsen-Zellen.
Um das Risiko für Menschen zu überprüfen, initiierten Baxter SM et al. von der Queen´s University in Belfast eine multizentrische Kohortenstudie, in der Daten aus 6 populationsbasierten Datenbanken aus Kanada, Dänemark, Norwegen, Südkorea, Schweden und Taiwan zusammengeführt wurden.
Studiendesign
Eingeschlossen wurden von T2D-Betroffene zwischen 2007 und 2023, die erstmals entweder mit GLP-1-RA (n = 98 147) oder der klinisch relevanten Alternative, den Dipeptidylpeptidase-4-Inhibitoren, (DPP-4i; n = 2 488 303) behandelt wurden. Die Teilnehmenden waren mindestens 40 Jahre alt, hatten im Jahr vor Studienbeginn Metformin verschrieben bekommen und konnten auf eine mindestens 5-jährige Dokumentation (Kanada und Norwegen: 1 Jahr) ihrer medizinischen Historie verweisen – um sicherzustellen, dass sie nicht bereits zuvor schon GLP-1-RA oder DPP-4i erhalten hatten. Ausgeschlossen waren Personen mit einer Krebs-Vorgeschichte.
Das Follow-up begann 1 Jahr nach der ersten Anwendung von GLP-1-RA oder DPP-4i und endete bei folgenden Ereignissen: Diagnose eines Schilddrüsenkarzinoms, Tode jeglicher Ursache, Auswanderung, 10 Jahre nach Behandlungsbeginn oder Ende des Studienzeitraums, je nachdem, was zuerst eintrat.
Die mediane Nachbeobachtungszeit lag bei GLP-1-RA-Anwendenden zwischen 1,8 und 3,0 Jahren.
Die gewichteten Hazard Ratios (HR) für das Auftreten von Schilddrüsenkrebs berechneten Baxter et al. mittels Cox-Regressions-Modellen. In Subgruppenanalysen wurden potenzielle Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht und Komorbiditäten berücksichtigt.
Ergebnisse
Die Anwendung von GLP-1-RA war im Vergleich zu DPP-4i nicht mit einem erhöhten Risiko für Schilddrüsenkrebs verbunden (gepoolt gewichtete HR 0,81; 95%-KI 0,59–1,12). Es ergab sich auch keine Risikosteigerung bei kumulativer Dosiserhöhung der GLP-1-RA. Die Ergebnisse blieben im Zuge von Subgruppenanalysen konsistent. Allerdings macht die „kurze“ Nachbeobachtungszeit weitere Studien nötig.
Baxter SM et al., Thyroid 2025; 35: 69–78