Fettstoffwechselstörungen stellen den bedeutsamsten und am besten beeinflussbaren kardiovaskulären Risikofaktor dar. Moderne, gestufte medikamentöse Therapieansätze ermöglichen es, bei nahezu allen Hochrisikopatienten die Zielwerte für LDL-Cholesterin (LDL-C) zu erreichen.
Eine aktuelle Studie des Global Cardiovascular Risk Consortium unter Führung des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) zeigt, dass hohe Cholesterinwerte, Bluthochdruck, Diabetes, Rauchen und Übergewicht die 5 maßgeblichen Risikofaktoren für die Entstehung von kardiovaskulären Erkrankungen sind [1]. Dabei gilt für Westeuropa, dass bei Männern Cholesterin noch vor Bluthochdruck und bei Frauen Bluthochdruck vor Cholesterin die beiden größten Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen sind [1].
Die Diagnose und Behandlung von Fettstoffwechselstörungen orientieren sich seit 2019 an den aktualisierten Richtlinien der European Atherosclerosis Society (EAS) und der European Society of Cardiology (ESC), die weitgehend von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) übernommen wurden [2,3]. Diese Richtlinien unterstreichen die Bedeutung der individuellen Risikobewertung, maßgeschneiderter Therapieansätze und der effektiven Patientenbetreuung zur Förderung der Therapietreue. Grundsätzlich wird eine Kombination aus Lebensstilmodifikationen und einer medikamentösen, auf Statinen basierenden Therapie zur Senkung des LDL-Cholesterin-Spiegels empfohlen [4-6].
Besonders in der medikamentösen Behandlung des primären Zielparameters „LDL-C“ gab es in den vergangenen Jahren weitere Fortschritte durch die Einführung neuer Therapiekonzepte und Medikamente. Anhaltend hohe LDL-C-Werte sind der Schlüsselfaktor für die Entstehung einer Atherosklerose und damit kardiovaskulärer Ereignisse [7]. Dieser Zusammenhang ist nicht nur epidemiologisch gut belegt, sondern auch pathophysiologisch, durch überzeugende Endpunktstudien erklärt, und genetisch bestätigt [2,7]. Ähnlich wie bei den „pack-years“ beim Rauchen kann von LDL-C-Jahren gesprochen werden, um den Einfluss auf das kardiovaskuläre System zu beschreiben. Statine und Ezetimib sind etablierte Therapieoptionen für die initiale Behandlung. Statine bewirken eine Reduktion des LDL-C um bis zu 55 % [2,8,9]. Zahlreiche Studien und Metaanalysen belegen, dass die durch Statine erreichte Senkung des LDL-C mit einer proportionalen Reduktion des kardiovaskulären Risikos einhergeht [7,10]. Ezetimib hemmt die Cholesterinresorption und reduziert LDL-C um ca. 20 % [11,12]. Die durch Ezetimib bewirkte Senkung des LDL-C geht ebenfalls mit einer Reduktion des kardiovaskulären Risikos einher, und wie bei Statinen überträgt sich das Ausmaß der Senkung in einer entsprechenden kardiovaskulären Risikoreduktion [7,13]. Bei Hochrisikopatienten wird die frühzeitige Kombinationstherapie aus einem hochpotenten Statin (z. B. Atorvastatin, Rosuvastatin) und dem Cholesterinresorptionshemmer Ezetimib eingesetzt, um eine dauerhafte Absenkung des LDL-C-Spiegels auf unter 1,4 mmol/l (55 mg/dl) zu erreichen [2,14].
Bempedoinsäure
Die Bempedoinsäure ist ein Inhibitor der ATP-Citrat-Lyase (ACL). Als „Prodrug“ wird Bempedoinsäure in einen aktiven Metaboliten (ETC-1002-CoA) durch das in der Leber exprimierte Enzym „Acyl-CoA-Synthetase“ überführt, um dann die Cholesterinbiosynthese einen Schritt vor der HMG-CoA-Reduktase zu hemmen [15,16]. In der Anwendung als Monotherapie ist eine LDL-C-Reduktion um ca. 20 % zu erreichen, in Kombination mit Ezetimib um ca. 36 % [7,16].
Da Bempedoinsäure nur in der Leberzelle aktiviert wird, treten deutlich weniger muskelbezogene Nebenwirkungen auf, da die ACL in Skelettmuskelzellen nicht vorhanden ist [7,17]. Weiterhin kann Bempedoinsäure auch als Kombinationspräparat mit Ezetimib angeboten werden (single pill) [17].
Nebenwirkungen wie eine gesteigerte Häufigkeit von Gicht und Gallensteinbildung sowie Erhöhungen der Leberenzyme, des Kreatinin- und Harnsäurespiegels sind möglich [7]. Auch bei Bempedoinsäure konnte anhand einer großen Endpunktstudie (CLEAR Out-comes) bei (Statin-intoleranten) Patienten gezeigt werden, dass neben LDL-C auch harte kardiovaskuläre Ereignisse reduziert werden [7,18].
Die Anwendung der Bempedoinsäure erfolgt momentan hauptsächlich in zwei Szenarien: bei Patienten, die eine Intoleranz gegenüber Statinen aufweisen, und bei Patienten, die trotz einer Kombination von Statinen und Ezetimib die angestrebten Zielwerte nicht erreichen [7].
Inclisiran
Neben Statinen, Ezetimib und Bempedoinsäure kann eine zusätzliche Senkung des LDL-C durch die Hemmung des Metabolismus der Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9 (PCSK9) erreicht werden. PCSK9 spielt eine Rolle im Abbau von LDL-C-Rezeptoren in der Leber. PCSK9 ist eine im Blut zirkulierende Serinprotease, die mit dem LDL-Rezeptor interagiert. Diese Wechselwirkung führt zur Internalisierung des LDL-Rezeptors und seinem Abbau im Lysosom. Weniger Kontakt von PCSK9 mit LDL-Rezeptoren führt daher zu einem verminderten Abbau von LDL-C-Rezeptoren und daher zu einer vermehrten Aufnahme von LDL-C in die Leberzellen mit konsekutiv sinkendem LDL-C-Serumspiegel. PCSK9 kann durch Antikörper oder durch die „small interfering ribonucleic acid“ (si-RNA) Inclisiran erreicht werden. Sie können eine weitere Senkung des LDL-C um 50–60 % bewirken und entfalten ihre Wirkung sowohl in Kombination mit anderen lipidsenkenden Medikamenten als auch als Monotherapie [19-21].
Inclisiran wird synthetisch hergestellt und ist seit 2021 in Deutschland auf dem Markt verfügbar. Es hemmt intrazellulär hochspezifisch die mRNA und daher die Translation, also die Bildung von PCSK9 [22]. Als indirekter Effekt ergibt sich eine Zunahme der LDL-Rezeptordichte auf der Leberzelle mit zuvor beschriebenen Effekten auf das LDL-C [22].
Die Anwendung von Inclisiran erfolgt subkutan. Nach einer initialen Einzeldosis folgt eine weitere Applikation nach 3 Monaten, danach wird ein halbjährliches Schema etabliert [19]. Für die antikörperbasierte PCSK9-Hemmung liegen Endpunktstudien vor, die zeigen, dass neben LDL-C auch harte klinische Endpunkte reduziert werden [23].
Solche Endpunktdaten liegen für Inclisiran bisher nicht vor, werden aber mit Abschluss der ORION-4-Studie für das Jahr 2025 erwartet.
Korrespondierender Autor
Dr. med. Franz Härtel
Universitätsklinikum Jena
Klinik für Innere Medizin I
1 Magnussen C et al., N Engl J Med 2023; 389: 1273–85
2 Mach F et al., Eur Heart J 2020; 41: 111–88
3 Weingärtner O et al., Der Kardiologe 2020; 14: 256–66
4 Krychtiuk KA et al., Eur Heart J Acute Cardiovasc Care 2022; 11: 939–49
5 Vogt A et al., Dtsch Med Wochenschr 2021; 146: 75–84
6 Weingartner O, Dtsch Med Wochenschr 2022; 147: 1001–12
7 Parhofer KG, Inn Med (Heidelb) 2023; 64: 611–21
8 Laufs U et al., Dtsch Med Wochenschr 2022; 147: 62–8
9 Zylka-Menhorn V, Deutsches Ärzteblatt 2004; Jg. 101 (Heft 13)
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11 Bays HE et al., Clin Ther 2001; 23: 1209–30
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15 Bilen O et al., Curr Atheroscler Rep 2016; 18: 61
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18 Nissen SE et al., N Engl J Med 2023; 388: 1353–64
19 Ray KK et al., N Engl J Med 2017; 376: 1430–40
20 Ray KK et al., N Engl J Med 2020; 382: 1507–19
21 Sabatine MS et al., N Engl J Med 2017; 376: 1713–22
22 German CA et al., BioDrugs 2020; 34: 1–9
23 Sabatine MS et al., Circulation 2018; 138: 756–66