Biofaktoren haben die Aufgabe, Enzyme, Transkriptionsproteine und Signalübertragungsketten zu regulieren. Ist jedoch der Mikronährstoffstatus beeinträchtigt, treten ausgeprägte metabolische Störungen auf. So hat sich bei Stoffwechsel- und Gefäßerkrankungen der gezielte, dosierte Einsatz von Vitaminen, Mineralstoffen und Aminosäuren bewährt.[1]
Stoffwechselerkrankungen können per se mit Mikronährstoffdefiziten assoziiert sein. So kommt es bei der Hypertonie sehr häufig zu einem Magnesiummangel. Doch auch die Behandlung hat weitreichende Folgen. Mikronährstoffe und Medikamente werden über die gleichen Transportwege aufgenommen und metabolisiert, sodass Wechselwirkungen nicht ausbleiben. Therapiert man längere Zeit mit Schleifendiuretika oder Thiaziden, muss mit einer Hypomagnesiämie gerechnet werden. Ein solcher Mangel begünstigt Arrhythmien und Störungen der Glucosetoleranz oder des Lipidstoffwechsels. Das Magnesiumion ist unter anderem wichtig für die Blutdruckregulation. Denn Magnesium bremst die Durchlässigkeit von Kalium und beeinflusst dadurch die Aktivität des Herzmuskels und den Gefäßtonus. Entsprechend wirkt der Mineralstoff speziell auf den Pulsdruck, die Differenz zwischen systolischem und diastolischem Blutdruck. Ein hoher Pulsdruck (über 66 mmHg) begünstigt dagegen kardiovaskuläre Ereignisse. Auch der Blutdruck nimmt unter Magnesium ab, wie eine Metaanalyse aus 22 klinischen Studien mit insgesamt 1.173 normo- und hypertensiven Patienten bestätigte. Die Supplementation von täglich 120–973 mg Magnesium über einen Zeitraum von 3–24 Wochen senkte den systolischen Blutdruck um 3–4 mmHg und den diastolischen Blutdruck um 2–3 mmHg. Die beobachteten Effekte waren größer, wenn mehr als 370 mg Magnesium täglich aufgenommen wurde.[2] Besonders genau nahmen die Wissenschaftler eine Subgruppe von sieben Studien mit insgesamt 135 Hypertonikern unter die Lupe. Diese waren mindestens sechs Monate lang antihypertensiv behandelt worden, dann schloss sich eine zweiwöchige Auswaschphase an. Zu Studienbeginn lag der durchschnittliche systolische Blutdruck bei über 155 mmHg. Dieser nahm im Verlauf der Studie um durchschnittlich 18,7 mmHg ab, während sich der diastolische Blutdruck im Durchschnitt um 10,9 mmHg verringerte (Effektstärke nach Cohen jeweils 1,19). Nach Einschätzung der Autoren war das ein hoch signifikanter und klinisch relevanter Effekt bei High-Respondern.[3]
Auch bei einer Grenzwerthypertonie ist Magnesium wirksam. Damit hat man es zu tun, wenn der systolische Wert dauerhaft über 140 mmHg liegt, der diastolische Wert über 90 mmHg. Bereits geringfügig darunter, im Bereich von 85–90 mmHg, kann das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht sein. Wie eine Studie zeigte, wirkt Magnesium tatsächlich besonders effektiv bei nicht eindeutig krankhaften Werten. Mit täglich 600 mg Magnesium konnte der systolische Blutdruck um durchschnittlich 5,6 mmHg gesenkt werden, der diastolische Blutdruck um 2,8 mmHg, und zwar gleichbleibend tagsüber und nachts.[4] Ein schöner Nebeneffekt der Magnesiumbehandlung: unregelmäßiger Herzrhythmus, Herzschmerzen, Schlafstörungen und Nervosität kamen weniger häufig vor. Dosiert wird mit 300–1.000 mg Magnesium, in drei Einzeldosen über den Tag verteilt (z. B. dreimal 150 mg Mg).
Auch wenn L-Arginin im Harnstoffzyklus gebildet wird, reicht die Synthese für die physiologische Funktion meist nicht aus. So ist die Aminosäure Substrat bei der Bildung von Stickstoffmonoxid (NO). Der gasförmige Neurotransmitter reguliert den Gefäßtonus und verhindert die Plättchenaggregation, die Adhäsion von Monozyten an das Endothel und die Proliferation von glatten Muskelzellen. Allerdings wird das Signalmolekül bei oxidativen und entzündlichen Vorgängen in der Gefäßwand verbraucht. Dadurch kommt es zu einer endothelialen Dysfunktion mit erhöhtem Gefäßwiderstand. Dass eine solche Situation diätetisch mit L-Arginin behandelt werden kann, zeigte eine aktuelle Studie. Personen mittleren Alters mit unbehandelter, leichter bis moderater Hypertonie erhielten drei Monate lang L-Arginin (2,4 g pro Tag) in fester Kombination mit B-Vitaminen oder Placebo. Durch die Intervention kam es zu einer signifikanten Verbesserung der Gefäßfunktion, gleichzeitig verringerten sich Blutdruck und Homocysteinwerte. Die Arginin-Kombination könnte also bei moderater Hypertonie oder früher Arteriosklerose mit leichter Endotheldysfunktion das Behandlungsrepertoire ergänzen, resümierten die Autoren.5 Generell wird eine ausreichend hohe orale Dosierung empfohlen, mit dreimal 2 g L-Arginin pro Tag. Cave: L-Arginin verstärkt die blutdrucksenkende Wirkung von Arzneimitteln und speziell von Nitraten. Da L-Arginin ebenso wie NO mit Superoxid-Radikalen agiert (die bei Hypertonie oder Diabetes mellitus verstärkt anfallen), sollte die gleichzeitige Versorgung mit Antioxidantien nicht vergessen werden, z. B. mit Vitamin C (500 mg/Tag oral).
Gibt man Magnesiumorotat adjuvant zu einer kardiovaskulären Medikation, kann das die Herzfunktion und die Lebensqualität verbessern sowie auch die Sterblichkeit beeinflussen. Das wurde bei 79 Patienten mit Herzinsuffizienz (NYHA IV) unter optimaler Behandlung deutlich. Die Patienten erhielten im Mittel ein Jahr lang adjuvant Magnesiumorotat (im ersten Monat täglich 6.000 mg, dann elf Monate lang täglich 3.000 mg) oder Placebo. Danach betrug die Überlebensrate in der Magnesiumorotat-Gruppe 75,7 %, in der Placebo-Gruppe überlebten 51,6 % (p
Diabetes mellitus ist von oxidativem Stress geprägt, der vor allem durch die Oxidation von Glucose und glykierten Proteinen (AGEs) entsteht. Reaktive Sauerstoffspezies werden frei und aktivieren Stoffwechselwege, die bei der Entwicklung von diabetischen Gefäßkomplikationen ursächlich sind. Unter oxidativem Stress ist der Bedarf an Vitamin C stark erhöht, ebenso an Vitamin B1, B12 und Folsäure, während die Mikronährstoffversorgung des Diabetikers meist kritisch ist. Vitamin C wirkt von Natur aus antioxidativ und endothelprotektiv. Jedoch sind bei Diabetikern die Ascorbinsäurespiegel in Plasma und Zellen signifikant um über 30 % reduziert. Dass auch der Wert des glykierten Hämoglobins, HbA1c, invers mit dem Vitamin-C-Status korreliert ist, zeigte eine Kohortenstudie. Eine Erhöhung der Vitamin-C-Plasmaspiegel um 20 µmol/l verringerte das Risiko einer nicht diagnostizierten Hyperglykämie um fast ein Drittel.1 Um endothelprotektive Vitamin-C-Blutspiegel zu erreichen, ist eine regelmäßige Supplementation von beispielsweise zweimal 500 mg Ascorbinsäure pro Tag erforderlich. Über 75 % der Typ-1- und Typ-2-Diabetiker leiden unter einem Mangel an Thiamin, der vor allem durch renale Verluste verursacht wird. B-Vitamine sind jedoch zentral für den Energie- und Kohlenhydratstoffwechsel und sollten als B-Komplex supplementiert werden (20–100 mg). Bei längerer Gabe von Metformin, dem Medikament der ersten Wahl bei unkompliziertem Diabetes, wird deutlich weniger Vitamin B12 und Folsäure resorbiert als ohne eine solche Therapie. Dieses Defizit muss regelmäßig ausgeglichen werden, so die ausdrückliche Empfehlung.[7]
Eine Hypertriglyceridämie (≥ 150 mg/dl) erhöht das kardiovaskuläre Risiko, die schwere Form ist sogar ein Risikofaktor für eine Pankreatits. Dass verschiedene Formulierungen von Omega-3-Fettsäuren die Spiegel der Triglyceride und Lipoproteine deutlich reduzierten, unterstrich ein amerikanisches Review. Zum Einsatz kamen die Ethylester von Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA), Ethyl-Eicosapentaensäure (E-EPA) und EPA-Ethylester, sowie die freien Fettsäuren von EPA, DHA und Docosapentaensäure. Alle Formulierungen waren gut verträglich und übten keine Wechselwirkungen mit anderen Lipidsenkern (Statinen oder Fibraten) aus. Die verschiedenen langkettigen Fettsäuren verringerten substanziell die Spiegel der Triglyceride und VLDL-Lipoproteine. Das geschieht vermutlich über die Hemmung der Diacylglycerin-O-Acyltransferase, und über eine erhöhte Aktivität der Plasma-Lipoprotein-Lipase. Ferner geht man davon aus, dass Omega-3-Fettsäuren die Lipogenese in der Leber reduzieren und gleichzeitig die β-Oxidation erhöhen (Abb.).8 Auch zur Sekundärprophylaxe nach Herzinfarkt zusätzlich zu einer Statintherapie werden Omega-3-Fettsäuren empfohlen. Dosiert wird mit täglich 1,5–4 g (z. B. mindestens dreimal 500 mg EPA/DHA pro Tag). Omega-3-Fettsäuren sollten gemeinsam mit Antioxidantien (Vitamin E) zugeführt werden, um eine erhöhte Lipidoxidation oder Inaktivierung zu vermeiden. Cave: Bei gleichzeitiger Einnahme von Blutverdünnern muss die Blutgerinnung engmaschig kontrolliert werden. Darüber hinaus empfiehlt auch die American Heart Association EPA/DHA zur dosisabhängigen Senkung der Triglyceride unter ärztlicher Betreuung, und zwar 2–4 g EPA plus DHA pro Tag.[9] Zudem finden sich Omega-3-Fettsäuren in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie. Die Senkung der Triglyceridspiegel wird als effektiv eingeschätzt (++) und ist mit dem Evidenzgrad A versehen.[10]
Schließlich kommt es bei Stoffwechselstörungen auch auf Vitamin D an. Das steroidähnliche Prohormon verbessert bei Typ-2-Diabetes die Glucosetoleranz und verringert die Insulinresistenz. Vitamin D senkt außerdem das Gesamtcholesterin und die Triglyceride, und zwar durch Interaktion mit den Schrittmacherenzymen der Cholesterin-Biosynthese. Bei kombinierten Dyslipidämien wird nach der Kontrolle des Vitamin-D-Status (25-OH-D3-Spiegel 40–64 ng/ml bzw. 100–160 nmol/l) mit 3.000 IE täglich oral oder 90.000 IE oral pro Monat supplementiert. Cave: Die lipidmodulierende Wirkung von Atorvastatin kann durch Vitamin D erweitert werden.
Fazit
Klinische Studien und systematische Reviews bestätigen es: Bei Erkrankungen des Herz- und Gefäßsystems profitieren Patienten von Magnesium. Der Mineralstoff ist bei der Blutdruckregulation wirksam, während bei der Herzinsuffizienz speziell organisches Magnesiumorotat zum Einsatz kommt. L-Arginin, das Substrat der NO-Synthase, kann bei endothelialer Dysfunktion hoch dosiert supplementiert werden; daneben schützt Vitamin C das Endothel vor den diabetestypischen freien Radikalen. Dass EPA und DHA nachweislich erhöhte Trigylceride senken, fand in die Leitlinien verschiedener Fachgesellschaften Eingang.
Die Autorin
Dr. rer. nat. Christine Reinecke
70378 Stuttgart
dres.reinecke@t-online.de
www.hello-biology.com
Dr. Christine Reinecke ist promovierte Diplom-Biologin und seit über 25 Jahren freiberufliche Autorin zahlreicher Publikationen der Naturheilkunde, Medizin und Pharmazie
[1] Beer AM, Adler M (Hrsg): Leitfaden Naturheilverfahren für die ärztliche Praxis. Urban & Fischer 1. Auflage 2012 Elsevier GmbH München
[2] Kass L et al., Eur J Clin Nutr 2012; 66: 411–418
[3] Rosanoff A, MR Plesset, Magnet Res 2013; 26: 93–99
[4] Hatzistavri LS et al., Am J Hypertension 2000; 22 (10): 1070–1075
[5] Menzel D et al., Eur J Nutr 2018; 57(2): 557–568
[6] Stepura OB, Martynow AL, Int J Cardiol 2009; 131(2): 293–295
[7] Valdés-Ramos R et al., Endocr Metab Immun Drug Targets 2015; 15(1): 54–63
[8] Backes J et al., Lipids Health Dis 2016; 15(1): 118
[9] ttps://ods.od.nih.gov/factsheets/Omega3FattyAcids-HealthProfessional/, Stand: 04.04.2019
[10] https://leitlinien.dgk.org/files/Dyslip_Netzseite_DGK_neu.pdf, Stand: 04.04.2019
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