Mit dem REN-Wearable kann die episodische und chronische Migräne nicht medikamentös und additiv behandelt werden. Über eine Conditioned Pain Modulation werden körpereigene Mechanismen der Schmerzkontrolle aktiviert. Das führt zu einer starken Wirkung nach 2 Stunden sowie zu einer reduzierten Zahl an Migränetagen.
Bei etwa 10 % der Menschen mit Migräne verläuft diese chronisch (> 15 Schmerztage/Monat); bei der Hälfte von ihnen gelingt es, die Schmerzhäufigkeit medikamentös deutlich zu senken. Bei einer akuten Attacke sind nur etwa 60 % der Betroffenen innerhalb von 2 Stunden schmerzfrei, sagte PD Dr. med. Charly Gaul (Frankfurt/Main). Zwar sind Triptane therapeutischer Goldstandard, doch wie das Kopfschmerzregister der DMKG zeigt, sprechen 13 % der Erkrankten in spezialisierten Zentren auf mindestens 2 unterschiedliche Triptane gar nicht an. Zudem wird die Prophylaxe mit Topiramat in fast 40 % der Fälle wegen schlechter Verträglichkeit abgebrochen. Es gebe Bedarf an weiteren Therapieoptionen, so Prof. Dr. med. Stefan Evers (Coppenbrügge).
Die Neuromodulation beispielsweise funktioniert nach dem Prinzip der Gegenirritation (Conditioned Pain Modulation). Hochfrequente Impulse unterhalb der Schmerzgrenze stimulieren die nozizeptiven C- und Aδ-Fasern. Das Prinzip: Über aufsteigende Nervenfasern werden schmerzregulierende Bereiche im Hirnstamm stimuliert, absteigende schmerzhemmende Nervenfasern aktiviert und gleichzeitig werden über inhibitorische Neurotransmitter ankommende Schmerzsignale der Migräne im trigeminozervikalen Kortex gehemmt.
Gute Evidenz und hohe Effektstärke
In der Zulassungsstudie, so Prof. David Yarnitsky (Haifa, Israel) zeigte sich nach 2 Stunden eine Schmerzlinderung bei 66,7 % (vs. 38,85 % unter Placebo, mit ähnlich intensiven, aber niedrigfrequenten Impulsen; p < 0,001) und eine Schmerzfreiheit bei 37,4 % (vs. 18,4 %; p < 0,005). Prophylaktisch reduzierten sich die Migränetage um durchschnittlich 4 Tage (vs. -1,3 Tage bei Placebo). Bei der chronischen Migräne kam es zu einer Schmerzlinderung in 59,3 % und zu einer Schmerzfreiheit nach 2 Stunden in 20,9 % der Fälle. Die Anwendung wirkte sich auch positiv auf Übelkeit, Photophobie und Phonophobie aus. Bei Jugendlichen, bei denen die Pharmakotherapie begrenzt ist, zeigte das Gerät im Vergleich zu Triptanen plus NSAID eine Schmerzlinderung bei 80 % (vs. 57,1 %) und eine Schmerzfreiheit bei 40 % (vs. 8,6 %). Unter der REN wurden 64,4 % weniger Medikamente verbraucht. Die Anwendung ist gut verträglich und weist im Vergleich zu verschiedenen medikamentösen Therapien die geringste Nebenwirkungsrate auf (< 5 %). Das verschreibungspflichtige Armband wird über eine Smartphone-App gesteuert, die Selbstbehandlung über 45 Minuten wird akut mit Beginn der Migräneattacke begonnen, präventiv jeden zweiten Tag, geeignet ab 12 Jahren. Im Frühjahr 2024 soll das Armband verfügbar sein.
Online-Fachpressekonferenz „REN – neue Neuromodulations-Therapie bei Migräne“ (Veranstalter: Betapharm Arzneimittel GmbH), November 2023