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Dermatologie

Update der europäischen Leitlinie

Management des Genitalherpes

Dr. med. Christine Adderson-Kisser

28.2.2025

Genitalherpes zählt zu den häufigsten sexuell übertragenen Infektionen weltweit. Das Update der europäischen Leitlinie gibt evidenzbasierte Empfehlungen zu Diagnostik, Therapie und Follow-up sowie zu Strategien, um die Virusübertragung zu reduzieren, und deckt dabei die verschiedensten klinischen Szenarien ab.

Genitalherpes kann sowohl durch Herpes-simplex-Virus Typ 1 (HSV-1) als auch Typ 2 (HSV-2) ausgelöst werden. Während er bei Ersterkrankung klinisch nicht selten identisch imponiert, kann sein Erscheinungsbild bei Wiederauftreten in Abhängigkeit vom Virus-Typ variieren – wobei Infektionen mit HSV-2 meist die höhere Rezidivrate aufweisen.

Bedingt durch ihr unterschiedliches klinisches Erscheinungsbild ist die Liste möglicher Differenzialdiagnosen lang, weshalb ein sehr breites Spektrum an Pathogenen in die Überlegungen einbezogen werden sollte. Abzugrenzen sind u. a. Syphilis, Herpes zoster, Mpox oder Lymphogranuloma venereum. Auch Mischinfektionen müssen erwogen werden. Des Weiteren kommen diverse bullöse, neoplastische, vaskuläre und inflammatorische Erkrankungen sowie Traumata differenzialdiagnostisch in Betracht. Die Leitlinie gibt hier eine gute tabellarische Übersicht. Betont wird, gerade bei Proktitis immer auch eine Herpes-Infektion zu erwägen.

Welche Tests und bei wem?

Der direkte Virusnachweis mittels eines Abstrichs aus der Läsion wird empfohlen und ist vor allem zu Beginn der Erkrankung meist erfolgreich. Goldstandard ist die HSV-DNA-Bestimmung (Evidenzlevel: 1, Empfehlungsgrad A), Methoden zur Detektion viraler Antigene wie Immunofluoreszenz, Enzymimmuno­assay, Tzanck-Test und Papanicolaou-Färbung werden nicht mehr empfohlen (1, A). Bei Erstinfektion soll im Hinblick auf Beratung und weiteres Management die Typisierung (HSV-1 oder HSV-2) erfolgen (1, C). Hinsichtlich der HSV-Typ-spezifischen Serologie gibt die neue Leitlinie nun klare Empfehlungen zur Interpretation der Ergebnisse. Bei asymp­tomatischen Personen wird empfohlen, die Serologie nicht als Routinemaßnahme durchzuführen, sondern nur in Sonderfällen (1, D). Als serologischer Goldstandard mit der höchsten Sensitivität und Spezifität gilt der Western Blot, der allerdings nicht flächendeckend verfügbar ist. Die Spezifität von ELISA-Tests kann durch Anheben des Grenzwertes für als positiv bewertete Ergebnisse und die Durchführung von Bestätigungstests verbessert werden (1, B). Die Bestimmung von IgM wird nicht empfohlen. Zum Ausschluss weiterer STI sollten zudem Tests auf ­Treponema pallidum, Chlamydia trachomatis, Neisseria gonorrhoeae, Mycoplasma genitalium und ­Trichomonas vaginalis erfolgen.

Erstinfektion möglichst früh therapieren

Da die HSV-Therapie sehr wirksam sein kann, sollte sie so früh wie möglich und auch schon bei klinischem Verdacht eingeleitet werden (1, A). Personen mit Läsionen < 5 Tage oder noch neu entstehenden Läsionen werden oral antiviral mit Aciclovir, Valaci­clovir und Famciclovir über 5–10 Tage behandelt, was Schwere und Dauer der Erkrankung reduzieren kann (1, A) (Tab.). Topika werden nicht empfohlen, da sie weniger wirksam sind und schneller zur ­Resistenzentwicklung führen (1, D). Begleitend kann Lidocain zur lokalen Schmerzreduktion genutzt werden, Benzocain dagegen wird wegen seines erhöhten Sensibilisierungspotenzials nicht empfohlen (1, D).

Weiter bietet die Leitlinie eine Übersicht über ­Themen, die im Beratungsgespräch bei Personen mit Erstinfektion adressiert werden sollten – von Übertragungswegen und Erkrankungsverlauf über Therapieoptionen bis zu psychosozialen Reaktionen.

Individuelles Vorgehen bei Rezidivneigung

Reaktivierungen eines Genitalherpes sind meist selbstlimitierend und milder im Verlauf. Managementstrategien umfassen die alleinige supportive Therapie, die episodische antivirale Therapie und die suppressive antivirale Therapie (Tab.) – je nach Häufigkeit der Rezidive, Schwere der Symptome und Partnerschaftsstatus.

In der Kurzzeittherapie kommen Aciclovir, Valaci­clovir und Famciclovir möglichst innerhalb von 24 h nach Auftreten des Rezidivs zur Anwendung, deren Wirksamkeit vergleichbar ist. Zunächst sollte die Kurzzeittherapie über 1–3 Tage versucht werden, bei unzureichender Wirksamkeit wird über 5 Tage behandelt (Tab.). Je nach individuellem Empfinden und Nutzen-Risiken-Abwägungen kann eine dauerhafte Suppressionstherapie begonnen werden, um die Rezidivrate zu reduzieren. Langzeitsicherheitsdaten zu Aciclovir zeigen keine toxische Akkumulation oder Organschäden, es empfiehlt sich jedoch die jährliche Re-Evaluation, ob die Dauertherapie fortgeführt werden soll. Die meisten Daten liegen zur Therapie mit Aci­clovir vor (1, A), das in einer Dosierung von 2 × 400 mg/­Tag empfohlen wird (1 × 800 mg/Tag ist dagegen nicht wirksam). Bei Valaci­clovir liegt die Dosierung je nach Rezidivfrequenz bei 500–1 000 mg/Tag, während bei Famci­clovir 2 × 250 mg/Tag und 1 × 500 mg/Tag gleichwertig waren (1, D). Ist die Rezidivrate unter diesen Dosierungen nicht ausreichend senkbar, müssen Dosierung oder Frequenz erhöht werden (1, D) (Tab.). Ein Therapieversagen findet sich meist bei Immunsuppression, z. B. einer HIV-Infektion. Die Leitlinie bietet hier spezielle Empfehlungen – ebenso zu Therapie und Behandlungsbeginn des Genitalherpes in der Schwangerschaft und zur Minimierung des Übertraggungsrisikos innerhalb der Partnerschaft.

Patel R et al., 2024 European guidelines for the management of genital herpes. J Eur Acad Dermatol Venereol 2024; 00: 1–17

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