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Allgemeinmedizin

Makro- und Mikronährstoffe

Leistungssteigerung im Amateur- und Profisport

Nicole Hein

17.5.2024

Viele erfahrene und erfolgreiche Athleten und Athletinnen kennen ihre biochemischen Kerndaten nicht. Der Facharzt für Allgemeinmedizin und Sportmediziner Dr. med. Jochen Franz erläutert im Interview, warum eine konsequente Blutdatenanalyse sowie ein jährlicher sport- und ernährungsmedizinischer Check-up sinnvoll sind.

Dr. med. Jochen Franz
Facharzt Allgemeinmedizin, Sportmedizin, Chirotherapie, Ernährungsmedizin, Diabetologe DDG, Tauchmedizin
63741 Aschaffenburg

info@doktor-franz.de

Welche Parameter bestimmen Sie beim Laborcheck, um den Ernährungszustand zu beurteilen?

Eins vorweg, egal ob im Amateur- oder Profisport, ich bin immer wieder erschrocken darüber, wie viele Nährstoffdefizite ich entdecke. Viele Sportler und Sportlerinnen sind sich der Wichtigkeit von Laboranalysen nicht bewusst. Auch ist vielen Sporttreibenden nicht bekannt, welche Parameter bestimmt werden müssen, um die Ernährungssituation als Grundlage für die Leistungsfähigkeit eines Organismus zu bestimmen und anschließend verbessern zu können. Einige Athleten bzw. Athletinnen machen  beispielsweise den Fehler, auf tierische Proteine zu verzichten, ohne zu berücksichtigen, dass bei Veganern und Vegetariern bestimmte Mangelzustände überdurchschnittlich häufig auftreten. In unserer sport- und ernährungsmedizinischen Sprechstunde erheben wir zunächst ein Check-up-Basislabor. Danach werden ausgehend von den Beschwerden und unter Berücksichtigung der individuellen Ernährungsgewohnheiten zusätzliche individuelle Laborparameter bestimmt. Zu einem Basis-Laborcheck gehört beispielsweise ein Aminogramm, das Mindestmengen verzweigtkettiger Aminosäuren und essenzieller Aminosäuren aufweisen sollte. In unserer Praxis sehe ich bei rund 40 % aller Personen einen Mangel an Tryptophan. Liegt ein depressives Stimmungsbild vor und jemand leidet zudem an einem Mangel an Tryptophan, sollte diese Aminosäure supplementiert werden. Aus Tryptophan wird Serotonin gebildet, ein wichtiges Hormon, das zu Ausgeglichenheit und guter Stimmungslage beiträgt.

Welche Mangelerscheinungen sehen Sie häufiger bei Sporttreibenden?

Wie schon erwähnt, treten bei der im Trend liegenden veganen bzw. vegetarischen Ernährungsweise häufiger bestimmte Mangelzustände auf. Es besteht ein höheres Risiko für Mangelerscheinungen an Eiweiß, Eisen, Zink, Jod, Calcium, Selen, Vitaminen A, B, B12, D. Auf der anderen Seite treten allerdings auch bei dieser Ernährungsform viele Erkrankungen unserer Überflussgesellschaft wie Übergewicht, koronare Herzkrankheit, Schlaganfall und Diabetes mellitus signifikant weniger häufig auf. So werden Koronararterienverkalkungen, eine gestörte Glucosetoleranz und das metabolische Syndrom weniger häufig beobachtet und auch bestimmte Krebserkrankungen sind bei einer fleischlosen Ernährungsform nachweislich weniger oft. Dennoch rate ich jedem, der Fleisch, Fisch, Milch, Eier oder andere tierische Produkte ablehnt, seine Werte für die genannten Nahrungsinhaltsstoffe und Spurenelemente regelmäßig labormedizinisch untersuchen zu lassen. Denn ohne eine Laboranalyse kann nicht erfolgreich supplementiert werden.

Welche Parameter sollte die Blutanalyse noch beinhalten?

Es sollte immer die individuelle Situation beachtet werden. Wenn beispielsweise ein Sportler Probleme mit Gelenkentzündungen oder länger anhaltenden Verletzungen hat, empfiehlt sich eine Bestimmung des Omega-6-/Omega-3-Fettsäure-Quotienten. Nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sollte ein Verhältnis von 5 : 1 angestrebt werden. Dieses Verhältnis wirkt aus präventionsmedizinischer Sicht „kardioprotektiv“, das heißt, unter einem hohen Omega-3-Fettsäuren-Anteil in der Nahrung treten weniger Herzrhythmusstörungen und Herzinfarkte auf. Auch wer in puncto Herzerkrankungen familiär vorbelastet ist, sollte auf einen ausreichend hohen ­Anteil an Omega-3-Fettsäuren in der täglichen ­Nahrung achten. Zudem zeigen Metaanalysen, dass Omega-3-Fettsäuren die bei rheumatoider Arthritis auftretenden Gelenkbeschwerden lindern können. Allerdings sollte die Substitution über einen längeren Zeitraum von mindestens 3  Monaten erfolgen. Dabei liegt die wirksame Dosis von Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure bei mindestens 3 g pro Tag.

Ausdauersport versus Krafttraining: Was muss  jeweils bei der Zufuhr von Proteinen und Kohlenhydraten beachtet wer­den, um eine optimale Leistung zu erzielen?  

Grundsätzlich besteht ein täglicher Bedarf von ­circa 5–7 g Kohlenhydraten pro kg Körpergewicht. Dieser Nahrungsanteil variiert jedoch je nach körperlicher Belastung. Ausdauerathleten wie Marathonläufer oder Triathleten benötigen einen höheren Kohlenhydratanteil in der Nahrung als solche, die kraft­dominierende sportliche Disziplinen ausführen wie 100-Meter-Sprinter oder Kraftsportler. Für Ausdauersportler und -sportlerinnen ist es zudem wichtig, vor allem Kohlenhydrate mit einer hohen Nährstoffdichte zu verzehren. Die klassische Nudelparty am Vortag eines Marathons ergibt also durchaus Sinn.

Der Proteinbedarf pro kg Körpergewicht (KG) liegt im Ausdauersport bei 1,2–1,4 g/kg KG und im Kraftsport bei 1,2–1,7 g/kg KG. Allerdings überschätzen viele Athleten und Athletinnen ihren wirklichen ­Eiweißbedarf und nehmen häufig Protein in zu hoher Menge auf. Das belastet die Nieren, da ein Zuviel über die Harnwege ausgeschieden wird. Jeder, der Kraftsport betreibt, sollte daher hinsichtlich seiner Proteinzufuhr regelmäßig Nierenwerte und Harnstoffgehalt im Blut testen lassen.

Was sind die Vorteile von Personal Training?

Ich bin ein großer Fan davon. Aus Sicht des Sportmediziners ist Personal Training eine der effektivsten Trainingsmethoden. Ein speziell gestaltetes Training bietet immense Vorteile, da persönliche Eigenschaften des zu Trainierenden, wie körperliche Konstitution und mentale Voraussetzungen, in einem hohen Maß die Trainingsqualität und Trainingsintensität bestimmen. Durch die Zusammenarbeit von Personal Trainer und Ernährungs- bzw. Sportmedizin entstehen Synergien, durch die der Einzelne besser analysiert und zum Erfolg geführt werden kann.

Welche Nahrungsergänzungsmittel sind nachgewiesenermaßen ergogen, also leistungssteigernd?

Leistungssteigernde Substanzen, die legal sind, sind Koffein, Kreatin, Beta-Alanin und Natriumbicarbonat. Durch eine Einzeldosis Koffein von 40–300 mg bzw. eine gewichtsadaptierte Dosierung von 0,5–4 mg Koffein/kg Körpergewicht werden Aufmerksamkeit und Wachheitsgrad gesteigert und die Reaktionszeit beschleunigt. Dabei zählt Koffein heutzutage nicht als Dopingsubstanz.

Kreatin zeigt im Muskel eine duale Wirkung (Abb.): Es erfolgt eine schnellere Resynthese von Adenosintriphosphat (ATP) in der Muskulatur, sodass Kontraktionen der Aktin-Myosin-Filamente schneller ablaufen können, was dem Schnellkraftsportler zugute kommt. Außerdem wird vermehrt Wasser in die Muskelzelle eingelagert, wodurch die Muskelzelle anschwillt und hypertrophiert. Dieser Effekt ist vom Kraftsportler erwünscht.  

Beta-Alanin bringt vor allem eine Leistungssteigerung für die Mittelstrecke. Generell gilt aber, dass jeder Anwender für sich selbst ermitteln muss, ob die Supplementierung Vorteile für ihn bringt. Haupteinsatzgebiet von Natriumbicarbonat sind Laufbelastungen mit einer Zeitdauer von 1 bis 6 Minuten im Bereich von 400 bis 3 000 Metern.

Welche Punkte gehören für Sie zum jährlichen sportmedizinischen Check-up dazu?

Neben der Anamnese gehören zum sportmedizi­nischen Check-up eine Belastungsprüfung, meist in Form einer Fahrradergometrie mit Belastungs-EKG und Blutdruckmessung, sowie ein Lungenfunktionstest. Sinnvoll ist außerdem eine Blutunter­suchung, um den Zustand von Leber, Nieren, ­­­­­Fett- (Cholesterin, HDL, LDL), Schilddrüse und Zuckerstoff­wechsel zu überprüfen. Außerdem ist die Testung von Mikronährstoffen sinnvoll, aber auch das bereits erwähnte Aminogramm. Insbesondere bei männlichen Sportlern ist zudem die Bestimmung des freien Testosterons oft von Bedeutung, da eine ­Testosteronmangelsituation, auch beim Top-­Athleten, sehr viel weiter verbreitet ist als angenommen.

Buchtipp:

Update Sporternährung 2.0

Bildnachweis: privat

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