Die steigende Prävalenz von Adipositas betrifft zunehmend auch Frauen im fertilen Alter. Hier sind bei der Kontrazeption eine ganze Reihe von Besonderheiten zu beachten, die in der Beratung adressiert werden müssen. Dieser Beitrag diskutiert praktische Aspekte.
Ein erhöhter Body-Mass-Index (BMI) ist mit einer erhöhten Rate an ungewollter Konzeption assoziiert [1]. Dies kann sowohl auf das Versagen als auch auf die fehlende Anwendung einer sicheren Kontrazeption zurückzuführen sein, da adipöse Frauen häufig eine vermeidende Haltung gegenüber der Einnahme hormoneller Kontrazeptiva aus Angst vor weiterer Gewichtszunahme zeigen. Hinzukommt eine zurückhaltende Verschreibung insbesondere hormoneller Kontrazeptiva aufgrund assoziierter gesundheitlicher Risiken, welche durch einen erhöhten BMI potenziert werden [2].
Bei der Kontrazeptionsberatung von adipösen Patientinnen sind folgende Aspekte in der Praxis besonders relevant:
Gewichtszunahme nicht belegt
Die befürchtete Gewichtszunahme durch kombinierte orale Kontrazeptiva oder Gestagen-Monopillen ist durch wissenschaftliche Daten nicht zu belegen [3]. Eine Ausnahme bildet hier lediglich Depot-MPA. Hier wurde in verschiedenen Studien eine Gewichtszunahme dokumentiert, deshalb ist diese Methode neben dem potenziell auch noch höheren venösen Thromboembolierisiko für adipöse Patientinnen nicht als Erstlinien-Kontrazeption zu empfehlen [4].
VTE-Risiken erheblich
Allein das Vorliegen einer Adipositas führt bereits zu einem erhöhten VTE-Risiko. Während das Risiko bei Übergewicht (BMI 25–30 kg/m2) um das bis zu 1,9-Fache erhöht ist, erhöht sich das relative Risiko bei einem BMI über 30 kg/m2 um das 2- bis 5-Fache [4]. Bei Patientinnen mit höhergradiger Adipositas ist das Risiko noch höher (bis zu 24-fach) [5].
Zu bedenken ist auch, dass bei adipösen Patientinnen oft weitere Risikofaktoren hinzukommen. Die Checkliste des Rote-Hand-Briefs von Januar 2014 [6] empfiehlt, dass bei einem BMI über 30 kg/m2 und bei Vorliegen weiterer Risikofaktoren (Hypertonus, Hyperlipidämie, Rauchen) keine kombinierte hormonelle Kontrazeption verordnet werden sollte.
Wenn kombinierte hormonelle Kontrazeptiva kontraindiziert sind, bietet sich als Alternative eine Gestagen-Monopille an. Auch bei Patientinnen mit einer isolierten Adipositas sollte dies schon primär in die Überlegung einbezogen werden. Falls eine Kombinationspille dringend indiziert ist, z. B. bei einer Akne, sind KOK mit dem niedrigsten VTE-Risikopotenzial zu verwenden (EE-Levonorgestrel, E2-Dienogest, ggf. E4-Drospirenon) [6]. Bei Verwendung eines Vaginalrings oder eines transdermalen kontrazeptiven Pflasters sind die gleichen Kontraindikationen zu beachten (Tab.).
Nebenwirkungen beachten
Durch die erhöhte Estrogenproduktion im Fettgewebe leiden Patientinnen mit Adipositas häufiger unter Blutungsstörungen und haben ein erhöhtes Risiko für Endometriumhyperplasien und für ein Endometriumkarzinom. Gestagene, die zu einer Endometriumsuppression führen, haben hier einen präventiven Ansatz [7]. Bei Patientinnen mit ausgeprägter Adipositas ist eine Gestagen-Monotherapie zu bevorzugen, allerdings kann die Compliance durch die häufigeren Blutungsstörungen beeinträchtigt werden [7]. Der Anteil von adipösen Patientinnen, die eine POP-Kontrazeption innerhalb eines Jahres aufgrund von Blutungsstörungen abbrechen, ist signifikant erhöht.
Eine Alternative stellt die intrauterine Verhütung dar, wobei für günstige Blutungsprofile bevorzugt LNG-IUS angewendet werden sollten. Dabei ist die Anwendung eines LNG-IUS 52 mg gegenüber den niedrig dosierteren LNG-IUS zu bevorzugen [7].