Ein nicht unerheblicher Anteil von Patienten entwickelt lange nach akuter symptomatischer, aber auch asymptomatischer Infektion mit SARS-CoV-2 ein komplexes Krankheitsbild, das man heute als Post-COVID-Syndrom bezeichnet.
Es setzt eine spezifische Auseinandersetzung des Immunsystems mit SARS-CoV-2 voraus. Da die humorale Antwort transient sein kann und der genaue Zeitpunkt der Infektion häufig unbekannt ist, hat der Nachweis der lang anhaltenden zellulären Immunantwort mittels spezifischen Lymphozytentransformationstests (LTT) einen besonderen Stellenwert. Wir können heute zwischen einem hyperinflammatorischen und einem hypoinflammatorischen Post-COVID-Syndrom unterscheiden. Dies kann unter anderem durch die Analyse von bestimmten Zytokinen, aber auch der T-zellulären Immunfunktion, von TH1/TH2/TH17-Reaktionen sowie der NK-Zellfunktion erfolgen. Diese Differenzierung wird in der Zukunft möglicherweise richtungsweisend für unterschiedliche adjuvante Therapieansätze sein (immunstimulierende versus antientzündliche Begleitmedikation). Beim Post-COVID-Syndrom wurden darüber hinaus typische autoimmunologische Phänomene beschrieben. So kann SARS-CoV-2 – wie es auch für andere Viren beschrieben wurde – das Neuauftreten von Autoimmunerkrankungen fördern.
Ein Teil der Patienten entwickelt darüber hinaus Autoantikörper gegen körpereigene Rezeptoren auf der Zelloberfläche, sogenannte G-Protein-gekoppelte Rezeptor-Autoantikörper, die die Rezeptoren stimulieren und damit pathophysiologisch und eventuell therapeutisch relevant sind. U. a. wurden Autoantikörper gegen cholinerge und muskarinerge Rezeptoren wie beim Fatigue-Syndrom beschrieben.
Vortrag Prof. Dr. med. Berthold Hocher (Mannheim)