Schon der Titel des Lunchsymposiums verhieß durchaus gegensätzliches: „Verhütung als Spagat zwischen Natürlichkeit und kontrazeptiver Sicherheit“. Dr. med. Massimo Lombardo (München) führte anhand eines Zahlenbeispiels in die Komplexität des Themas ein: Junge Frauen verbringen täglich rund 1,5 Stunden in sozialen Netzwerken.
Und einmal im Jahr durchschnittlich 7 Minuten in der Frauenarztpraxis. „Da kann man sich vorstellen, dass eine vernünftige und sachliche Kommunikation nicht so einfach aufzubauen ist“, fasste er zusammen und untermauerte das mit Zahlen aus der TANCO-Studie.
Die Gegensätze bewegen sich dabei auf verschiedenen Ebenen. Es gibt durchaus solide Daten, die belegen, dass digitale Beratung genauso erfolgreich sein kann wie analoge – in einem Test war Facebook sowohl in der Breite als auch in der Tiefe besser als gestaltete Faltblätter. Aber – und das ist der Haken: Viele der Informationen im Netz sind sachlich wacklig bis falsch. Oft werden sogar die richtigen Quellen zitiert. Aber viele Influencerinnen suchen sich dann genau den Satz heraus, der ihre eigene These stützt. Auch wenn die Kernaussage der Publikation eine ganz andere ist.
Prof. Dr. med. Inka Wiegratz (Frankfurt/Main) übernahm den Part der oralen Kontrazeption und betonte die Variabilität: Ob KOK oder POP, klassisch oder Langzyklus. Auf viele Wünsche der Patientinnen kann eingegangen werden. Sie präsentierte Daten der KiGGS-Studie, nach denen die meisten Mädchen vor dem 18. Geburtstag Geschlechtsverkehr haben.
Vorteil IUS: Was liegt, kann man nicht vergessen.
„Diese Mädchen wollen ganz bestimmt nicht schwanger werden. Und dann ist ein Pearl-Index von 7 eine Katastrophe“, sagte sie mit Bezug auf das aktuell durchaus beliebte „Verhüten per App“.
Demgegenüber stehen Pearl-Indizes von unter 0,5 bei Real-World-Studien mit Dienogest/E2-Valerat und Nomac/E2. Bei hoher Compliance. Werden Tabletten öfter mal vergessen, sinkt die kontrazeptionelle Sicherheit. Neben intrauteriner Kontrazeption bieten sich für besonders schusselige Patientinnen Präparate mit einem längeren „missed pill window“ an oder für beliebige Präparate der Langzyklus.
Prof. Dr. med. Thomas Römer (Köln) war für die intrauterinen Methoden auf dem Podium und fasste einen der großen Vorteile prägnant zusammen: „Was liegt, das liegt und das kann man auch nicht vergessen.“ Aus seiner langjährigen Erfahrung in der Betreuung von Frauen, die aufgrund einer Erkrankung unter einer Dauermedikation stehen, ergänzte er den Hinweis auf medikamentöse Wechselwirkungen. Während die kontrazeptionelle Sicherheit oraler Präparate hier durchaus beeinflusst werden kann, ist man mit intrauterinen Methoden (LNG-IUS oder Kupferspirale) auf der sicheren Seite. Das gilt auch für Erkrankungen, die mit Resorptionsstörungen verbunden sein können, wie Colitis ulcerosa.
Lunchsymposium „Verhütung als Spagat zwischen Natürlichkeit und kontrazeptiver Sicherheit. Ein aktueller Überblick von digital bis hormonell“ (Veranstalter: Jenapharm GmbH & Co. KG)