Dr. med. Ludwig Baumgartner (Freising) führte in das immer wieder diskutierte Thema „Ich will keine Hormone – Herausforderungen in der täglichen Verhütungsberatung“ ein. Er stellte fest: „Wir wissen, dass wir die Kontrazeption für die Patientin gut gestalten können – in Richtung Sicherheit, Wirksamkeit und auch Lebensqualität. Trotzdem werden wir fast täglich konfrontiert mit oft irrationalen Ängsten.“
Woher diese Ängste kommen und was man womöglich dagegen tun kann, berichtete Dipl.-Psych. Dipl.-Biol. Stefan Zettl (Heidelberg). Der erste – und wie er meint wichtige – Punkt ist eine vermehrte Sehnsucht der Frauen nach Natur. Das führt auch dazu, dass man der Technik, der Industrie und industriellen Produktion ablehnend gegenüber steht. Aus seiner praktischen Erfahrung in der Krebsbehandlung beschreibt er diesen Trend: „Selbst bei onkologischen Patientinnen sehe ich immer öfter, dass sie etablierte Therapien ablehnen und sich Heilpraktikern zuwenden.“
Die mediale Aufmerksamkeit in den sozialen Medien tut ein Übriges: „Wenn Sie auf TikTok oder YouTube nach Pille absetzen suchen, finden Sie Tausende von – fast ausschließlich kritischen – Beiträgen. Dadurch entsteht eine vermehrte Angst vor unerwünschten Nebenwirkungen wie Thrombosen, Depressionen, Libidoverlust oder Brustkrebs. Auch den psychologischen Zustand der Patientin sollte man im Auge behalten, so Zettl. „Etliche der Patientinnen, die Sie sehen, von denen Sie das nicht wissen, manchmal vielleicht erahnen, haben eine Angsterkrankung.“ Angsterkrankung haben, wie er weiter ausführte, oft einen generalisierenden Effekt. Und oft überträgt sich die Ängstlichkeit auch auf die Medikation und führt zu einer irrationalen Risikobewertung. In diesem Zusammenhang ging er auch auf die Medikamenteninformation ein. „Da hier auch sehr seltene Nebenwirkungen aufgeführt werden müssen“, sagte Dr. Zettl, „bleibt bei vielen Anwenderinnen nur hängen: Das ist gefährlich.“
„Wenn es irgendwie geht, versuchen Sie ein Beratungsgespräch so persönlich wie möglich zu gestalten“, ist seine Empfehlung. „Nehmen Sie zuerst die Ängste der Patientin auf – und sprechen Sie erst danach über Argumente für das eine oder andere Vorgehen. Nehmen Sie die Ambivalenz der Patientinnen an und sprechen Sie positiv. Sagen Sie nie: Das Medikament hat wenig Nebenwirkungen. Sagen Sie: Das Medikament ist gut verträglich.“ Die Wirkung ist tatsächlich eine ganz andere. (> Kontrazeption)
Meet the Expert „Ich will keine Hormone – Herausforderungen in der täglichen Verhütungsberatung“ (Veranstalter: Gedeon Richter Pharma GmbH)