Digitale Technologien sind mittlerweile in der Kardiologie etabliert und haben vor allem das Potenzial, den Arbeitsalltag von Behandlern zu erleichtern. Die müssen sich einerseits mit einer Vielzahl an Angeboten auseinandersetzen, andererseits stellen auch Datenschutz und Datenmengen wichtige Herausforderungen dar.
Der digitale Wandel in der Kardiologie habe zu einer unüberschaubaren Fülle an Smartphone-Apps (> eHealth) für den klinischen Alltag geführt, berichtete Dr. med. Victoria Johnson (Gießen). Eine kleine Twitter-Umfrage bei den jungen Kardiologen der Sektion „Young DGK“ der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie zeigt einige der Nutzungspräferenzen: An erster Stelle steht die medizinische Lern- und Wissensplattform Amboss (47 %), gefolgt von verschiedenen Leitlinien-Apps (24 %), EchoCalc von der British Society of Echocardiography (15 %) und die Online-Fortbildungs-Apps von DGK oder der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC; 14 %). Zudem spielen Messenger-Dienste und Social Media-Apps eine große Rolle (Siilo – 28 %, TikTok, Twitter, YouTube – zusammen 72 %).
Zu den von Johnson für den klinischen Alltag vorgestellten Apps gehörte die DGK-App, die von Leitlinien über umfangreiche Fachinfos bis hin zu Clinical Decision Support(CDS)-Tools (z. B. zur Lungenarterienembolie) enorm viel Wissen und praxisnahe Hilfsmittel vorhält. Ähnliches gilt für die App der ESC. Einziger Nachteil dieser enorm umfangreichen und leistungsfähigen Hilfen ist die Notwendigkeit, alle Patientendaten manuell eintragen zu müssen.
Eine weitere App, Pacemaker ID, identifiziert im Röntgenbild mithilfe von Deep-Learning den jeweils verbauten Schrittmacher, was unter Notfallbedingungen oft hilfreich sein kann. Die Plattform Amboss kennen viele jüngere Ärzte, weil damit seit 2012 das onlinegestützte Lernen möglich wurde. Heute hat Amboss eine umfangreiche Bibliothek, die viel aktuelles, medizinisches Wissen zur Verfügung stellt – sei es für Notfallsituationen, sei es für Facharztprüfungen (als Repetitorium).
Johnson betonte abschließend, dass die Arzt-zu-Arzt-Kommunikation mit den meisten Messengern wie WhatsApp absolut nicht datenschutzkonform ist. Anders sei dies bei dem ausschließlich für die Verwendung im Gesundheitswesen entwickelten, datenschutzkonformen Messenger Siilo.
Rhythmuskontrolle per Smartphone
Dr. med. Dennis Lawin (Bielefeld) erläuterte, dass die vorhandenen digitalen mobilen Gesundheitsanwendungen (> eHealth) prinzipiell ausreichend genau seien für die Diagnose von Rhythmusstörungen. Die meist mit Einkanal-EKG über 30 Sekunden geschriebenen EKG erlauben entsprechend aktueller Leitlinien die Diagnose Vorhofflimmern, während Geräte mit Photoplethysmografie (PPG), z. B. Smartphones oder Smartwatches, einer EKG-Bestätigung bedürfen. Trotz der ubiquitären Verfügbarkeit fehle, so Lewin, der Nachweis positiver Effekte auf die Versorgung durch das Monitoring. Zu bedenken sei die enorme Datenmenge, die dabei anfalle und die tagtäglich aufwendig analysiert werden müsse, wenn tatsächlich ein Versorgungseffekt erzielt werden soll. Unklar sei auch, ob die hohe Zahl des mit mobilen Gadgets zusätzlich detektierten Vorhofflimmerns letztlich eine klinische Bedeutung hat.
Symposium „Digitaler Wandel in der Kardiologie“