Allergen-Immuntherapien haben sich bewährt gegen allergische Rhinokonjunktivitis, allergisches Asthma sowie Wespen- und Bienengift-bedingte Anaphylaxien. Um sie nachhaltig wirksamer, sicherer und komfortabler zu machen, werden sie auch mit Biologika kombiniert. Die Studienlage zeigt, wie weit dieses Konzept bisher trägt.
Die subkutane Applikation von Allergenextrakten (SCIT) gibt es bereits seit mehr als 110 Jahren, also deutlich länger als antiallergische Medikamente, berichtete Prof. Dr. med. Stephen R. Durham (London). Ihr Erfinder Levin Noon wusste, dass das „Heufieber“ durch Graspollen ausgelöst wird und „hielt es für eine gute Idee, Graspollen in Menschen zu injizieren“. Noon legte mit der Allergen-Immuntherapie (AIT) den Grundstein für eine therapeutische Impfung. Ihre Wirksamkeit und Sicherheit – bei Anwendung standardisierter Extrakte – ist heute belegt, ebenso jene der moderneren sublingualen Applikationsform (SLIT). Die AIT moduliert die Immunreaktion, indem sie die TH2-Zellreaktion herunterreguliert und die Reaktionen von regulatorischen T- und B-Zellen (Treg, Breg) sowie lokale und systemische Antikörper hochfährt. Als potenzielle, zukünftige Therapieoptionen werden AIT-Kombinationen mit rekombinanten Allergenen oder Toll-like-Rezeptor(TLR)-Agonisten untersucht, außerdem passive Immuntherapien.
Rekombinante Allergene erwiesen sich in Phase-II-Studien als effektiv, erhöhten jedoch weder Wirksamkeit noch Sicherheit, verglichen mit bereits verfügbaren Allergenextrakten. Phase-III-Studien mit AIT plus TLR-Agonisten führten zu ähnlichen Ergebnissen, berichtete Durham. Die dritte Option, eine passive Immuntherapie, könne zwar sehr effektiv die Reaktion auf nasale Allergenprovokations- oder Pricktests reduzieren, beispielsweise bei Katzenhaarallergie. Sie wirke jedoch nur so lange, wie sie verabreicht werde.
Eben diese Einschränkung gelte auch für Biologika wie Omalizumab (Anti-IgE), Dupilumab (Anti-TH2-Zytokine) oder Tezepelumab (Anti-TSLP [thymisches stromales Lymphopoietin]).
Doch gerade bei Menschen mit schwerem Asthma könnten sie „extrem wirksam“ Exazerbationen vorbeugen und Kortikosteroide einsparen. Wie sich eine konventionelle AIT und diese monoklonalen Antikörper ergänzen könnten, die stromabwärts die Effekte der TH2-Zellen beeinflussen, zeigte Durham anhand der Studienlage.
AIT plus Omalizumab: für mehr Sicherheit
Bei Menschen mit Asthma, die auf eine langfristige Anti-IgE-Therapie gut angesprochen haben, halte die Omalizumab-Wirkung nach einem Therapieabbruch nicht an, so Durham [2]. Doch erhöhe die Gabe des monoklonalen IgE-AK zusätzlich zur AIT bei unterschiedlichen Allergien die Sicherheit und Wirksamkeit [3].
Kombination aus AIT und Anti-IgE derzeit vielversprechendste Strategie
In einer Studie steigerte die zusätzliche Anti-IgE-Gabe bei Menschen mit Gräserpollen-Allergie tendenziell die Wirksamkeit während der Allergiesaison und senkte gleichzeitig das Risiko IgE-vermittelter Reaktion nach Rush-Immuntherapie mit Ragweed „dramatisch“: und zwar um 80 % [4]. Die langfristige Wirksamkeit der Kombination, die optimalen Dosierungsschemata sowie Start- und Endpunkte seien jedoch noch zu bestimmen, befand Durham.
AIT plus Dupilumab: weniger Hautreaktionen und Therapieabbrüche
Eine Anti-IL4-Rα-Blockade, wie sie Dupilumab erzeugt, hemmt vermutlich die TH2- und TH17-T-Zellaktivierung, induziert Treg, blockiert die IgE-Synthese und hemmt Schleimproduktion, Mastzellen und Basophile. Eine 16-wöchige SCIT mit Gräserpollen-Extrakt kombiniert mit Dupilumab erzielte bei allergischer Rhinitis keine bessere Wirkung bezüglich des primären Endpunkts TNSS (totaler nasaler Symptomscore) als eine SCIT allein. Jedoch besserten sich PNIF (Peak Nasal Inspiratory Flow) sowie die Sofortreaktionen der Haut signifikant. Die Bildung des Gräserpollen-spezifischen IgE wurde unterdrückt und systemische Reaktionen auf die SCIT gingen zurück, ebenso die Abbruchraten, fasste Durham die Studiendaten zusammen [5]. Die derzeit laufende GRADUATE-Studie (ClinicalTrials.gov Identifier: NCT04502966) solle zeigen, ob eine Kombination aus Sublingual-Tabletten (Gräserpollen) und Dupilumab nach Beendigung der 2-jährigen Behandlungsphase im Februar 2024 eine über 1 Jahr anhaltende Toleranz erzeuge.
AIT plus Tezepelumab: längerfristige Toleranz?
Eine 52-wöchiger SCIT kombiniert mit Tezepelumab reduzierte bei Menschen mit Katzenhaar-bedingter allergischer Rhinitis sowohl den Gesamt-TNSS innerhalb der ersten Stunde nach Provokation als auch den TNSS-Peak-Score verglichen mit einer alleinigen SCIT [6]. Ein Jahr nach Therapieende, also nach 104 Wochen, war der TNSS-Peak-Score noch immer signifikant reduziert. Entsprechend zeigten auch Transkriptom-Analysen der Nasalabstriche, dass die Kombinationstherapie das mit einer Typ-2-Entzündung assoziierte Gennetzwerk deutlich herunterreguliert hatte. Der maximale TNSS korrelierte mit der Expression eines Mastzell-Gens, einem Tryptase-Vorläufer. Weder unter Placebo noch unter den jeweiligen Monotherapien war diese Korrelation zu beobachten. Die TSLP-Hemmung durch Tezepelumab könnte also eine Toleranz für 1 Jahr über die Therapie hinaus begünstigen.
Kombinationen aus AIT und Biologika haben das Potenzial, die kurzfristige Wirksamkeit zu verbessern und die Sicherheit zu erhöhen. Ob die Kombinationstherapien auch langfristig effektiver sind als die AIT allein und eine anhaltende klinische und immunologische Toleranz erzeugen, müssen begonnene und zukünftige Studien zeigen. Letztlich sei auch die Kosteneffektivität von Kombinationstherapien abzuwägen.
Vortrag „Allergen Immunotherapy in combination with biologicals in allergic diseases: what do we really know?”