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Kongress-Ticker

Allergene bestimmen

Molekulare Allergiediagnostik bei polysensibilisierten Patienten

10.7.2023

Die Allergiediagnostik mit Einzelallergenen bietet zahlreiche Vorteile. Neben dem Aufdecken von Kreuzreaktivitäten kann mit ihr auch vorab eingeschätzt werden, ob eine Immuntherapie Erfolg verspricht oder ob eine Sensibilisierung das Risiko einer schweren klinischen Ausprägung birgt.

Ein Prick-Test mit positiver Reaktion auf viele oder gar alle Testsubstanzen lässt nicht selten die Frage offen, welches das Hauptallergen ist. „Inzwischen haben wir das Genom zahlreicher allergener Moleküle identifiziert. Die Frage ist jetzt: Was bestimme ich?“, so Prof. Dr. med. Thilo Jakob (Gießen). „Wir müssen zwischen spezifischen Markerallergenen und Kreuzallergenen unterscheiden.“ Denn verwandte Allergenquellen zeigen durch ihre Sequenzhomologie auch eine phylogenetische Verwandtschaft ihrer Proteine. Profiline sind Panallergene, die mit > 70 % Sequenzidentität eine hohe Kreuzreaktivität aufweisen. „Ist man für ein Profilin sensibilisiert, wie das Birken-Profilin Bet v 2, reagiert man auch auf alle anderen. Gleiches gilt für die Polcalcine,“ erläuterte Jakob. Das PR-10-Protein Bet v 1 dagegen ist ein Markerallergen mit verschiedenen Abstufungen der Kreuzreaktivität  – am ausgeprägtesten ist sie für Hasel und Erle, während sie für andere Pflanzen (Karotte, Sellerie) gering ausfällt. „Gutes Patientenmanagement besteht also darin, bei polysensi­bilisierten Patienten Prick-Test und/oder sIgE um die gezielte Bestimmung von sIgE gegen einzelne ­Markerallergene und Kreuzallergene zu ergänzen,“ betonte Jakob. „Dazu gehören – in Abstimmung mit dem Pollenflugkalender – Polcalcin und Profilin sowie Bet v 1 und Ole e 1 (Baumpollen), Phl p 1/5 (Gräser­pollen) und Art v 1 und Amb a 1 (Kräuterpollen).“

Therapieansprechen und klinisches Risiko einschätzen

Der Erfolg der spezifischen Immuntherapie (SIT) ist abhängig vom individuellen Sensibilisierungsprofil. In einer retrospektiven Analyse (746 Patienten, SIT für Gräser/Birke > 2 Jahre) erreichten 87 % der Patienten mit Nachweis ausschließlich spezifischer Markerallergene eine über 50%ige klinische Verbesserung, während dies lediglich bei 18 % derer mit alleinigem Nachweis von Kreuzallergenen der Fall war. Auch in puncto Nahrungsmittelallergien kann man sich die molekulare Allergiediagnostik zunutze machen. So liegt bei einem Großteil der Erdnuss-sensibilisierten Kinder eine Birkenpollen-Kreuz­reaktion mit isolierter Erhöhung von Ara h 8 vor – ohne klinische Relevanz. Markerallergene für eine gefährliche Erdnussallergie dagegen wären Ara h 2/6. ­Gleiches gilt für die Haselnuss-Sensibilisierung: ­Während der Nachweis von Cor a 1 auf einer harmlosen Kreuzreaktion beruht, stellen Cor a 9/14 ­Marker für eine echte Risikosensibilisierung dar.

Die Bestimmung von Einzelallergenen hilft auch in der Diagnostik der Insektengiftallergien weiter. Denn in rund 45 % der Fälle bleibt bei Extrakt-basierter Diagnostik unklar, ob eine Doppelsensibilisierung (gegen Biene und Wespe) oder eine Doppelpositi­vität durch Kreuzreaktivität (aufgrund von Sequenzhomologien) vorliegt. Die Bestimmung der Markerallergene Ves v 1/5 (Wespe) und Api m 1/3/10 (Biene) sowie des Kreuzallergens Api m 2 lassen sich hier differenzieren.

Vortrag „Molekulare Allergiediagnostik: Klinischer Nutzen für die Patientenversorgung“ von Prof. Dr. med. Thilo Jakob (Gießen)

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