Therapieentscheidungen bei seltenen Tumorentitäten zu treffen, stellt eine Herausforderung dar, liegen doch meist keine Leitlinienempfehlungen und nur wenige Daten aus Studien vor. Dies zu ändern, hat sich das Komitee „Seltene Hauttumoren“ der ADO vorgenommen und präsentierte nun erste Daten der aktuellen Registerstudie.
Kann ein selten vorkommender Tumor durch chirurgische Exzision nicht komplett entfernt werden oder liegt ein inoperabler Befund vor, ist die Frage nach einer geeigneten Therapieoption oft nicht einfach zu beantworten. Mangels ausreichender Evidenz und Leitlinien bestanden bisherige Ansätze bei der Entscheidungsfindung darin, sich an ähnlichen Hauttumoren zu orientieren, z. B. dem kutanen Plattenepithelkarzinom bei epithelialen Tumoren oder dem Melanom bei mesenchymalen, oder aber an Leitlinien übergeordneter Entitätengruppen, erklärte Prof. Dr. med. Selma Ugurel (Essen). Das ADO-Komitee habe sich daher zum Ziel gesetzt, in interdisziplinärer Zusammenarbeit eigene S1-Leitlinien für diese seltenen Entitäten zu erstellen. Bereits veröffentlicht sind diese für Dermatofibrosarcoma protubernas (DFSP), atypisches Fibroxanthom (AFX) und pleomorphes dermales Sarkom (PDS), Angiosarkom, Kaposi-Sarkom und ganz aktuell für Leiomyosarkome (s. auch S. 20), folgen sollen sie für Talgdrüsen- und Schweißdrüsenkarzinome.
Daten zu Systemtherapien benötigt
Laut Ugurel seien die Daten zu Systemtherapien seltener Tumoren sehr heterogen, zum Einsatz kämen Chemotherapien, Immuncheckpoint-Inhibition (ICI) und zielgerichtete Therapien. In einer multizentrischen retrospektiven ADO-Registerstudie unter Leitung von Prof. Dr. med. Ulrike Leiter (Tübingen) solle daher der aktuelle Stand hinsichtlich Therapieart, Ansprechraten und Überleben erfasst werden. Für eine Zwischenanalyse wurden 121 Fälle in die Gruppen PDS/AFX (n = 12), Adnexkarzinome (Talg- und Schweißdrüsenkarzinome; n = 16), Angiosarkome (n = 48) und Kaposi-Sarkome (n = 45) eingeteilt.
Die ersten deskriptiven Ergebnisse: Die Patienten weisen bei allen Entitäten ein hohes Alter auf (Angiosarkome/PDS > 70 Jahre, Kaposi-Sarkome/Adnexkarzinome > 60 Jahre). Männer waren häufiger von fortgeschrittenen Tumoren betroffen (Kaposi-Sarkom, PDS/AFX [m > 90 %], Adnexkarzinome [m >60 %], nicht bei Angiosarkomen). Eine Immunsuppression beim Start einer Systemtherapie lag häufig bei Angiosarkomen (v. a. andere Tumorerkrankung), Kaposi-Sarkomen (medikamentös, HIV-Infektion) und PDS/AFX vor, weniger bei Adnextumoren. Chirurgie und/oder Radiatio als Vortherapie war häufig, eine primäre Systemtherapie wurde eher bei Angio- oder Kaposi-Sarkom eingesetzt.
Als erste Systemtherapie wurde die Immuntherapie (ICI, IFN-α) bei PDS/AFX (67 %), Kaposi-Sarkom (44 %) und Adnexkarzinomen (38 %) eingesetzt, eine Chemotherapie bei Angiosarkom (88 %), Kaposi-Sarkom (56 %) und Adnexkarzinomen (38 %). Das beste objektive Ansprechen (ORR) zeigte sich mit 62 % bei Kaposi-Sarkomen, gefolgt von 44 % bei Angiosarkomen und 42 % bei PDS/AFX. Daten zur adjuvanten Systemtherapie lagen zum Zeitpunkt der Zwischenauswertung kaum vor. „Wir sind gespannt auf die finale Auswertung der Studie Ende September 2023, in die wir hoffentlich noch mehr Fälle einschließen können“, schloss Ugurel.
Vortrag „Systemtherapie bei seltenen Tumorentitäten – erste Auswertung einer Registerstudie der ADO“