Das Merkelzellkarzinom (MCC) ist ein hochaggressiver Tumor mit vielen Rezidiven und dementsprechend auch Todesfällen. Obwohl es keine einzige zugelassene Therapie gibt, gilt die Checkpoint-Blockade mit Avelumab im fortgeschrittenen Stadium bereits als Standardtherapie.
Prof. Dr. med. Dirk Schadendorf (Essen) stellte die 2-Jahres-Daten der aktuell publizierten ADMEC-O-Studie [1] vor, in der Patienten mit MCC der Stadien I–III adjuvant mit Nivolumab behandelt oder komplett reseziert worden waren. „Nach 2 Jahren konnte ein Unterschied von 13 % zugunsten des Behandlungsarms mit Nivolumab festgestellt werden. Das ist spannend, wenn auch noch ohne statistische Signifikanz.“ Neben dem klaren Effekt der Checkpoint-Blockade sehe man auch nur wenig Toxizität und erwarte daher mit Spannung die 4-Jahres-Daten.
Neben Adjuvanz auch Neoadjuvanz?
Neoadjuvanz sei beim MCC noch nicht Standard, aber es gäbe vielversprechende Daten: In der CheckMate-358-Studie [2] zeigten Patienten mit resezierbarem MCC, die neoadjuvant mit Nivolumab behandelt worden waren, eine mit 47 % hohe pathologische Response-Rate, die radiologische lag bei 55 %. „Das sind Ergebnisse, die mit denen beim Melanom vergleichbar sind“, so Schadendorf. „Wir haben beim MCC jetzt also Studien, in die möglichst viele Patienten eingeschlossen werden sollten und deren Daten zu neuen Therapiekonzepten führen könnten.“
Avelumab in der Firstline-Therapie
Prof. Dr. med. Ralf Gutzmer (Bochum) bewertete die Ergebnisse der AVELIN-Merkel-200-Studie, die die Checkpoint-Inhibition mit Avelumab in Firstline bei Patienten mit metastasiertem MCC untersuchte [3]: „Eine objektive Ansprechrate von 40 % in der Firstline-Therapie des metastasierten MCC gibt Hoffnung. Die bisherigen Daten zeigen bereits, dass Avelumab firstline besser wirkt als secondline.“ Weiter stellte er die Kasuistik eines 62-jährigen MCC-Patienten mit unbekanntem Primarius vor (ECOG = 0). Operation und Radiatio inguinal/iliakal rechts waren 2,5 Jahre zuvor erfolgt, Neck-Dissection und Radiatio vor 1,5 Jahren. Bei disseminierten abdominalen und mediastinalen Lymphknoten wurde mit Avelumab behandelt, worunter beim ersten Re-Staging im PET-CT eine Komplettremission (CR) nachgewiesen werden konnte – bei guter Verträglichkeit. Nach 27 Monaten Therapiepause kam es zum Rezidiv. Die erneute Gabe von Avelumab führte nach 3 Monaten erneut zur CR. Nach 18 Monaten wurde ein neuer paraaortaler Lymphknoten entdeckt. „Man sollte die Immuntherapie nicht zu früh abbrechen. So haben wir uns bei dem Patienten für die weitere Gabe von Avelumab plus OP entschieden.“ Inzwischen wurden laut Gutzmer 57 Avelumab-Infusionen in 30 Monaten gegeben. „Darunter und nach OP befindet sich der Patient jetzt seit 9 Monaten in der CR.“ Die Checkpoint-Blockade mit Avelumab zeige beim fortgeschrittenen MCC gute Ergebnisse, so Gutzmer. „Bleibt nur ein Problem: Was tun, wenn die Immuntherapie nicht anspricht oder nicht vertragen wird?“
1 Becker JC et al., Lancet 2023; 402: 798–808
2 Topalian SL et al., J Clin Oncol 2020; 38: 2476–87
3 D‘Angelo SP et al., J Immunother Cancer 2021; 9: e002646
Symposium „Neues zum Merkelzellkarzinom: Ein interaktiver Experten-Workshop“ (Veranstalter: Merck Healthcare Germany GmbH)