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Kongress-Ticker

Kinderdermatologischer Notfall

Erythrodermie – Red Flags beachten

24.10.2023

Bei einem Säugling mit roter, schuppender Haut liegt der Verdacht auf eine atopische Dermatitis nahe. Ein schweres Ekzem kann jedoch auch auf seltene, manchmal lebensbedrohliche Erkrankungen hinweisen. Daher ist bei einer neonatalen Erythrodermie eine rasche Abklärung notwendig.

Eine neonatale Erythrodermie in den ersten vier Lebenswochen ist extrem selten, kann aber lebensbedrohlich verlaufen, berichtete Dr. med. Meike Köhler vom Haunerschen Kinderspital in München. Infolge der schweren kutanen Entzündungsreaktion kommt es zum ausgeprägten transepidermalen Wasserverlust sowie zur erhöhten Anfälligkeit für Infektionen, Reizungen und Allergien. Damit einhergehende Hypothermie, Dehydratation oder kutane und systemische Infektionen können vital bedrohlich werden. Bei Vorliegen bestimmter Warnzeichen (Red Flags) sollten Dermatologen und Kinderärzte daher hellhörig werden und eine rasche Abklärung in die Wege leiten, betonte Köhler. Zu den Red Flags zählen:

∙ Erythrodermie
∙ positive Familienanamnese/Konsanguinität
∙ Kollodiummembran/Harlekin-Baby
∙ Gedeihstörungen/Perzentilenknick
∙ Hypo- oder Hyperthermie
∙ schwere atypische Infektion
∙ bullöse Läsionen
∙ extrakutan: Blutbildveränderungen, neurologische Störungen, Diarrhoe, Hepatopathie

Zahlreiche Grunderkrankungen können mit einer ­neonatalen Erythrodermie assoziiert sein: nicht syndromale kongenitale Ichthyosen, syndromale kongenitale Ichthyosen wie das Netherton-Syndrom, primäre Immundefekte (PID) wie das Omenn-­Syndrom, Infektionen wie die kongenitale kutane Candidiasis oder das „Staphylococcal Scalded Skin Syndrome“ und angeborene Stoffwechselerkrankungen wie der Holocarboxylase-Synthetase(HCS)-Mangel [1]. Diagnostisch wegweisend sind die detaillierte Anamnese, eine eingehende klinische Untersuchung und ein ­Laborscreening [2]. Dies reiche zunächst zur Koordination des weiteren Fallmanagements aus, so Köhler. Säuglinge mit Erythrodermie sollten stationär aufgenommen werden – möglichst auf einer neonatologischen Intensivstation –, um die Grunderkrankung diagnostizieren und eine geeignete Therapie bzw. ­Prävention von Komplikationen einleiten zu können. In der Zeit des Klinikaufenthalts sei die Einrichtung häuslicher Versorgungsstrukturen zur Entlastung der Eltern wichtig, so Köhler. Langfristig sei oft ein interdisziplinäres Therapiemanagement nötig, z. B. in einem sozialpädiatrischen Zentrum.

Umfassende Therapie nötig

Die Therapie umfasst ein multimodales Konzept. Nicht nur die schwere Dermatitis ist zu behandeln. Bei einer gestörten Homöostase kann z. B. eine Inkubatorpflege erforderlich sein. Aufgrund des erhöhten Infektionsrisikos können eine topische antiseptische oder sogar eine systemische Therapie nötig werden. Bei Gedeihstörungen sollten regelmäßig das Gewicht kontrolliert und eine hochkalorische Kost, evtl. über eine nasogastrale Sonde, erwogen werden. Bei syndromalen Assoziationen sollten eine humangenetische Beratung und eine interdisziplinäre Betreuung erfolgen. Da die Eltern psychosozial hoch belastet sind, sollten sie psychologisch betreut und sozialpädiatrisch zu Themen wie Pflegegrad oder Schwerbehinderung beraten werden, riet Köhler. Hilfreich für die betroffenen Familien sei auch der Kontakt zu Selbsthilfegruppen.

1 Ott H, Monatsschr Kinderheilkd 2023; 171: 396–409
2 Cuperus E et al., J Eur Acad Dermatol Venereol 2022; 36: 973–86

Vortrag „Das rote und schuppende Baby: Seltene, aber (lebens-)wichtige Differentialdiagnosen des schweren Ekzems im Säuglingsalter.“

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