Die molekulare Diagnostik hat zu großen Fortschritten in der Abklärung von Allergien geführt. Doch macht die serologische Bestimmung von sIgE herkömmliche Hauttestungen überflüssig? Der Stellenwert der beiden Testkonzepte bei unterschiedlichen Allergien wurde in einer Pro-und-Contra-Debatte diskutiert.
Die Hauttestung mit Allergenextrakten war bislang das Zugpferd der allergologischen Diagnostik, veranschaulichte Prof. Dr. med. Thilo Jakob (Gießen). Doch die verwendeten Extrakte enthielten ein buntes Potpourri an Komponenten, von denen nur wenige Proteine für die allergische Reaktion tatsächlich relevant seien. Zudem sei die Standardisierung der Testsubstanzen unzureichend und der Allergengehalt von den Extraktionsverfahren abhängig. Vor allem bei polysensibilisierten Patienten sei die Interpretation der Pricktest-Ergebnisse oft schwierig, so Jakob.
Vorteile der molekularen Diagnostik
Mittels molekularer Allergiediagnostik dagegen ließen sich z. B. bei einer Pollenallergie Markerallergene mit hoher Spezies-Spezifität identifizieren. Dies ermögliche es, spezifische Sensibilisierungen von Kreuzsensibilisierungen abzugrenzen, erklärte Jakob. Sensibilisierungsmuster erlaubten zudem Aufschluss über die Erfolgsaussichten einer spezifischen Immuntherapie. Bei allergischen Reaktionen nach einem Insektenstich wüssten Betroffene oft nicht, was sie gestochen hat. Durch die Komponentendiagnostik ließe sich der Auslöser der Insektenallergie klar identifizieren. Bei Nahrungsmittelallergien trägt die molekulare Allergiediagnostik zur Risikoabschätzung bei. Das Risikoprofil ist abhängig von der Proteinfamilie, gegen die eine Sensibilisierung vorliegt. Mit molekularer sIgE-Allergiediagnostik könnten so gefährliche (z. B. Erdnuss) von weniger relevanten Sensibilisierungen unterschieden werden, so Jakob.
Hauttestungen weiterhin von Bedeutung
Doch die Zusammensetzung und Qualität der Testextrakte für die sIgE-Diagnostik sei heterogen und variiere bei verschiedenen Herstellern, erwiderte Prof. Dr. med. Timo Buhl (Göttingen). In verschiedenen Laboren mit unterschiedlichen Methoden gemessene sIgE-Konzentrationen seien nicht vergleichbar. Die sIgE-Diagnostik sei zudem für viele Allergene gar nicht verfügbar. Für viele Auslöser von Berufsallergien wie Mehle oder Stäube z. B. konnten die verantwortlichen Allergenmoleküle noch nicht identifiziert werden. Validierte Tests zum Nachweis spezifischer IgE-Antikörper im Serum stehen auch erst für wenige Arzneimittel zur Verfügung, z. B. für Betalaktam-Antibiotika. Zudem seien Molekulartests teurer als Testsysteme für die Hauttestung, so Buhl weiter. Die Hauttestung sei dafür allerdings personalintensiver und damit ebenfalls kostenintensiv, entgegnete Jakob. Es sei daher an der Zeit, statt auf das alte Pferd der Hauttestung auf das automatisierte Auto der IgE-Diagnostik zu setzen.
In den meisten Fällen könne die molekulare Allergiediagnostik Hauttestungen ersetzen, fasste Jakob zusammen. Das Gros der Allergiediagnostik lasse sich allein durch die sIgE-Bestimmung gut abdecken, die mehr und bessere Informationen liefere. Die
sIgE-Diagnostik könne Hauttests jedoch nicht komplett ersetzen, so Buhl. Die Hauttestung sei z. B. für die Abklärung von Arzneimittel- und Berufsallergenen nach wie vor unverzichtbar.
Vortrag „Kann die sIgE-Diagnostik die Hauttestungen ersetzen?“