Die Lebenserwartung in Deutschland hinkt jener in westeuropäischen Nachbarländern rund 2 Jahre hinterher – trotz des pro Kopf teuersten Gesundheitssystems. Mortalitätstreiber sind vor allem kardiovaskuläre Erkrankungen, und es wird immer klarer: Primär- und Sekundärprävention müssen besser werden.
Bei der Jena-auf-Ziel-Studie hätten 2021 alle 85 Patientinnen und Patienten mit ST-Hebungsinfarkt ab dem ersten Tag 80 mg Atorvastatin kombiniert mit 10 mg Ezetimib erhalten, berichtete Prof. Dr. med. Oliver Weingärtner (Jena). Hiermit hätten während des stationären Aufenthalts 40 % der Hochrisikopatienten und -patientinnen den LDL-C-Zielwert der ESC (< 55 mg/dl) erreicht und im Verlauf von 6 Wochen 80 %. Bei den verbliebenen 20 % wurde Bempedoinsäure oder ein PCSK9-Inhibitor zusätzlich gegeben. So seien in allen Fällen die Zielwerte sowie eine 50%ige LDL-C-Reduktion erreicht worden.
Daten aus dem schwedischen Swedeheart-Register hätten die Effektivität einer frühen Kombinationstherapie in einer Real-life-Population von Infarkt-Betroffenen bestätigt: mit einer Reduktion der Gesamtmortalität um knapp 30 bzw. 65 % bei einer LDL-C-Senkung um rund 40 bzw. 80 mg/dl (Atorvastatin/Ezetimib). Zudem senkte eine frühe Kombinationstherapie (Statin/Ezetimib) in den ersten 12 Wochen (n = 6 093) die Raten Major Adverse Events (MACE), fataler und nicht fataler Herzinfarkte sowie die kardiovaskuläre Mortalität signifikant deutlicher als eine späte Kombinationstherapie nach 13 Wochen bis 16 Monaten (n = 6 514) oder eine Statin-Monotherapie (n = 23 302). Daher sei mit einer klaren Empfehlung für eine frühe Kombinationstherapie bei Infarktpatienten und -patientinnen in der aktualisierten ESC-Leitlinie zu rechnen, so Weingärtner.
Das erste Ereignis verhindern: neue Ansätze
Die Kampagne „Prevent The 1st Event“ ziele auf die frühe intensive Senkung des LDL-C-Werts bei Menschen mit atherosklerotischer Herz-Kreislauf-Erkrankung (ASCVD) ohne vorherige schwerwiegende Ereignisse, also Menschen mit sehr hohem kardiovaskulären Risiko und einem LDL-C-Zielwert von < 55 mg/dl mit Reduktion um ≥ 50 % des Ausgangswerts, sagte PD Dr. med. Ksenija Stach (Mannheim). Nicht nur individuelle Therapieplanung, Lebensstiländerungen und Rauchentwöhnung trügen dazu bei, sondern auch die kontinuierliche Nachsorge und Patient Empowerment. Es lasse Betroffene verstehen, warum eine Therapie dauerhaft notwendig sei. Die aktuelle Studie TACTiC weise nach, dass Menschen, die sich angeleitet durch eine neue Web-Applikation eigenständig über ihre kardiovaskulären Risiken informiert hatten, bewusst für eine Therapie mit 5 mg Rosuvastatin entschieden, das sie rezeptfrei anfordern konnten. Die Risikoeinordnung der App (keine Statin-Therapie / Fragen Sie Ihren Arzt /
Statin-Therapie sinnvoll) stimmte zu über 90 % mit der ärztlichen Einschätzung überein, 98,1 % der User und Userinnen nutzten das Statin konkordant und erreichten eine mittlere LDL-C-Senkung von 35,5 %.
Eine Posterpräsentation anlässlich des ESC-Kongresses habe zudem gezeigt, dass auch die Einleitung einer PCSK9-Inhibitor-mAK-Therapie bei ASCVD ohne vorherige ischämische Ereignisse das MACE-Risiko signifikant senkt, erklärte Stach.
Online-Pressekonferenz „Kardiovaskuläre Prävention: Von der Früherkennung zur effektiven Therapie“ (Veranstalter: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH), September 2024