Die invasive Koronarangiografie (ICA) ist Referenzstandard bei der Diagnostik der obstruktiven koronaren Herzkrankheit (KHK) mit Option zur Intervention, kann aber mit schweren verfahrensbedingten Komplikationen einhergehen. Die Computertomografie (CT) stellt hier eine nicht invasive, sicherere Alternative dar.
Die Ergebnisse mehrerer Studien legten bereits nahe, dass eine initiale Diagnostik mittels nicht invasiver CT zu einem ähnlichen klinischen Outcome führen kann wie die ICA – jedoch mit einem geringeren Risiko für unerwünschte Ereignisse. Zudem könnten durch die CT gezielt die Patienten identifiziert werden, die für eine koronare Revaskularisierung infrage kommen. In die vorliegende DISCHARGE-Studie (Diagnostic Imaging Strategies for Patients with Stable Chest Pain and Intermediate Risk of Coronary Artery Disease) wurden daher Patienten mit stabilen Brustschmerzen und einer mittleren Vortestwahrscheinlichkeit (10–60 %) für eine obstruktive KHK eingeschlossen. Untersucht wurde die mögliche Überlegenheit der initialen CT-Bildgebung im Vergleich zum diagnostischen Standard der ICA. Der primäre Endpunkt „schweres kardiovaskuläres Ereignis“ setzte sich aus den symptomatischen Ereignissen kardiovaskulärer Tod, nicht tödlicher Myokardinfarkt und nicht tödlicher Schlaganfall zusammen. Die wichtigsten sekundären Endpunkte waren verfahrensbedingte Komplikationen und das Auftreten einer Angina pectoris.
CT-Strategie überzeugte
In die pragmatische, randomisierte, multizentrische Überlegenheitsstudie konnten 3 561 Patienten (mittleres Alter 60,1 ± 10,1 Jahre; 56,2 % Frauen) eingeschlossen und 3 523 (98,9 %) nachverfolgt werden. Während der medianen Nachbeobachtungszeit von 3,5 Jahren traten schwerwiegende unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse bei 38 von 1 808 Patienten (2,1 %) in der CT-Gruppe und bei 52 von 1 753 (3,0 %) in der ICA-Gruppe auf (Hazard Ratio [HR] 0,70; 95%-Konfidenzintervall [95%-KI] 0,46–1,07; p = 0,10). Schwere verfahrensbedingte Komplikationen fanden sich bei 9 Patienten (0,5 %) in der CT-Gruppe und bei 33 (1,9 %) in der ICA-Gruppe (HR 0,26; 95%-KI 0,13–0,55) – wobei in letzterer das Risiko derer, die eine Revaskularisation erhalten hatten (18,0 %), viermal höher lag als das derer ohne Intervention (4,2 % vs. 0,9 %). In der CT-Gruppe wurde bei nur 22,3 % eine ICA als notwendig erachtet, 14,2 % erhielten eine Revaskularisation. Eine Angina pectoris während der letzten vier Wochen der Nachbeobachtungszeit kam in beiden Gruppen etwa gleich häufig vor (8,8 % [CT] vs. 7,5 % [ICA]; Odds Ratio [OR] 1,17; 95%-KI 0,92–1,48).
Das Risiko für schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse war demnach in beiden Gruppen ähnlich, wobei der Vorteil hinsichtlich eines geringeren Auftretens verfahrensbedingter Komplikationen auf Seiten der CT-Strategie lag. Ebenfalls interessant: Patienten der CT-Gruppe warteten im Median 3 Tage auf ihre Intervention, während diejenigen der ICA-Gruppe 12 Tage warten mussten (HR 1,54; 95%-KI 1,44–1,65).
Maurovich-Horvat P et al., N Engl J Med 2022; 386: 1591–1602, DOI 10.1056/NEJMoa2200963