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Naturmedizin

Mikronährstoffe

Orthoolekulare Prävention und Theapie bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Dr. rer. nat. Christine Reinecke

22.11.2024

Eine optimale Versorgung mit Mikronährstoffen kann die kardiale Situation verbessern und die Lebensqualität steigern [1]. Doch wie ist die Evidenz bei Herzinsuffizienz und koronarer Herzerkrankung? Wird möglicherweise auch die kardiovaskuläre Mortalität beeinflusst? Aktuelle Übersichtsarbeiten geben Auskunft.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen (koronare Herzerkrankung, Bluthochdruck, Herzmuskelentzündung und Herzrhythmusstörungen) sind nach wie vor die häufigste Todesursache in Deutschland. Um das ­Risiko zu reduzieren, so die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, ist die Behandlung der Grunderkrankung und eine Optimierung des Lebensstils uner­lässlich. Zu den Lebensstilveränderungen gehören ­körperliches Training, Gewichtsreduktion bei Übergewicht, Nikotinkarenz und eine gesunde, mediterrane Ernährung [2]. Über die Nahrung und durch gezielte Supplementation können herzrelevante ­Mikronährstoffe zugeführt werden.

Coenzym Q10 reduziert die kardiovaskuläre Mortalität

Die vitaminähnliche Substanz reguliert die mitochondrialen Enzyme und beeinflusst die Energiegewinnung in der Zelle. Im Herzmuskel mit seinem hohen Energieumsatz kann ein Mangel an Coenzym Q10 die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Coenzym Q10 wird endogen gebildet, doch die Synthese nimmt mit zunehmendem Alter und bei Erkrankungen wie der Herzinsuffizienz ab. Diese ist mit einer hohen Symptomlast verbunden, mit häufigen Krankenhausaufenthalten und einer schlechten Langzeitprognose. Was kann Coenzym Q10 in diesem Zusammenhang bewirken? Physiologisch ist Coenzym Q10 ein Carrier der Elektronentransportkette und ein Antioxidans, es erhöht die Bioenergetik im geschwächten Myokard und schützt vor oxidativen Schäden. Die Endothelfunktion wird verbessert und die Kontraktilität des Herzmuskels erhöht.

Wie Coenzym Q10 klinisch wirkt, wurde bei 231 Patientinnen und Patienten mit milder bis moderater Herzinsuffizienz untersucht. Die Personen aus 6 europäischen Ländern erhielten 2 Jahre lang täglich 300 mg Coenzym Q10 oder Placebo zusätzlich zu ihrer Standardtherapie. Nach 3 Monaten wurden die primären Kurzzeit-Endpunkte überprüft: ­etwaige Änderungen in der funktionellen Klassifikation der New York Heart Association (NYHA), ein Lauftest über 6 Minuten sowie die Spiegel des ­N-terminalen pro B-Typ natriuretischen Peptids. Der Langzeit-­Endpunkt nach 2 Jahren bezog sich auf schwer­wiegende unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse (MACE).

Nach 3 Monaten Therapie zeigten sich keine ­Veränderungen. Anders nach 2 Jahren: Der Langzeit-Endpunkt MACE wurde von signifikant weniger Patientinnen und Patienten der Coenzym-Q10-Gruppe erreicht (n = 10,9 %) als aus der Placebo-Gruppe (n = 33; 27 %; p = 0,001). Wie die Cox-Proportional-Hazard-Regressionsanalyse ergab, fand sich eine signifikante Risikoreduktion im Hinblick auf MACE unter Coenzym Q10 im Vergleich zu Placebo (Risikoquotient [HR] 0,23; 95%-KI 0,11–0,51; p < 0,001; Abb.). Signifikant hatte sich auch die allgemeine und kardiovaskuläre Mortalität verbessert, die NYHA- Klassifikation und die linksventrikuläre Ejektionsfraktion. Fazit: In der europäischen Subpopulation waren die Ergebnisse für die Kurzzeit- und Langzeit-Endpunkte ähnlich wie die in der ­größeren Hauptstudie; neu war die signifikante Verbesserung der linksventrikulären Ejektionsfraktion. So ist Coenzym Q10 bei Herzinsuffizienz-Betroffenen sicher und verträglich, es ist assoziiert mit reduzierten Symptomen, verringerten schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignissen sowie mit einem verbesserten Überleben, berichteten die Wissenschaftler aus Australien und Polen [3].

Auch gemeinsam mit Selen

Selenhaltige Enzyme schützen die DNA, die Zellen und die Gefäße vor freien Radikalen. So regeneriert die Thioredoxin-Reduktase das Glutathion, Vitamin C und E sowie Coenzym Q10 und sorgt damit für einen ausgeglichenen Haushalt des Vitaminoids.

Dass die Gabe von Selen plus Coenzym Q10 über 4 Jahre die kardiovaskuläre Mortalität verringerte, wurde in einer schwedischen Studie beschrieben. Wie der Zusammenhang 10 Jahre nach der Intervention aussah, analysierte man bei 443 Personen, und zwar abhängig von Geschlecht, Diabetes, ischämischer Herzerkrankung und funktionellen Klassen. Nach 10 Jahren Behandlung mit Coenzym Q10 plus Selen beobachtete man eine reduzierte kardiovaskuläre Mortalität und positive Effekte bei beiden Geschlechtern, dazu eine positive Risikoreduktion bei ischämischer Herzerkrankung und bei der funktionellen Klassifikation [4]. Bei Herzinsuffizienz ­werden täglich 200 mg Coenzym Q10 und bis zu 200 µg Selen empfohlen.

Antioxidantien und makrovaskuläre Funktion

Eine Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) ist mit Dyspnoe und Fatigue assoziiert, die teilweise auf einer ventrikulären Dysfunktion und ungenügenden Durchblutung der peripheren Gewebe beruht. Auch die verschlechterte Gefäßfunktion ist ein wichtiger, oft übersehener pathogenetischer Faktor. Gleichzeitig dient die Endothelfunktion als prognostischer Marker für die Gefäßgesundheit; eine verschlechterte endothelabhängige Vasodilatation bestimmt das Krankheitsbild der HFrEF mit.

Wie sich die antioxidative Kombination aus Alpha-Liponsäure, Vitamin C und Vitamin E bei 14 Patienten und Patientinnen mit Herzinsuffizienz und HFrEF auswirkt, wurde anhand von oxidativem Stress, antioxidativer Kapazität sowie makro- und mikrovaskulärer Funktion untersucht. Nach 30 Tagen oraler Intervention (1 g Vitamin C, 600 IE Vitamin E, 600 mg Alpha-Liponsäure pro Tag) hatte sich die makrovaskuläre Funktion (gemessen durch die arterienflussvermittelte Dilatation am Oberarm) um ca. das Zweifache verbessert und der oxidative Stress ­(Malondialdehyd) hatte sich verringert (von 6,81 ± 2,80 auf 6,22 ± 2,8 μm); die eisenreduzierende Kapazität im Plasma nahm zu (von 6,08 ± 2,80 auf 6,70 ± 1,59 mm). Die Antioxidantien-Gabe verbesserte also die prozentuale Vasodilatation bei Personen mit HFrEF, wobei die Patienten und Patientinnen niedrigere durchschnittliche Werte aufwiesen als die gesunden Kontrollteilnehmenden (2,63 ± 1,57 % bzw. 5,62 ± 2,60 %). Die Gefäßverbesserungen begannen 10 Tage nach Behandlungsbeginn und verschwanden 1 Woche nach Behandlungsende. Damit könnte eine antioxidative Kombination die makrovaskuläre Gesundheit von Herzinsuffizienz-Betroffenen mit HFrEF verbessern, den oxidativen Stress abschwächen und die antioxidative Kapazität erhöhen, schrieb das Ärzteteam. Möglicherweise gebe es sekundäre Effekte auf das sympathische Nervensystem. Da dieses mit der endothelvermittelten Vasodilatation assoziiert ist, könnte die verringerte sympathische Aktivität im Muskel die Endothelfunktion möglicherweise ver­bessern [5].

Guter Magnesiumstatus – geringeres Herzinsuffizienzrisiko

Magnesium wirkt im Herzmuskel als Gegenspieler von Calcium und erweitert die Gefäße, es wirkt dem Risiko für Herzrhythmusstörungen und der Thrombenbildung entgegen. Um den Status einzuschätzen, kann man den Magnesium-Depletions-Score (MDS) heranziehen. Ob dieser mit einer Herzinsuffizienz in Zusammenhang gebracht werden kann, wurde bei 19 227 Personen des US-amerikanischen National Health and Nutrition ­Examination Surveys (NHANES) untersucht. Dem Score entsprechend wurden 3 Gruppen gebildet (niedrig: MSD 0–1, mittel: MSD 2, hoch: MSD 3–5). Die geschätzte Prävalenz der Herzinsuffizienz nahm zu, je höher der Score war (niedrig: 0–1: 0,86 %, mittel: 4,06 %, hoch: 13,52 %; p < 0,001). Verglichen mit dem niedrigen MD-Score hatten die Teilnehmenden der mittleren und hohen Gruppe ein signifikant ­höheres Risiko einer Herz­insuffizienz. Wie die Subgruppen-Analyse zeigte, konnte eine ­adäquate Magnesiumaufnahme das Herzinsuffizienzrisiko bei den Teilnehmern und Teilnehmerinnen verringern, die nicht die empfohlene tägliche Magnesiumaufnahme (RDA) erreichten. Außerdem wurde eine Wechselwirkung zwischen koronarer Herzerkrankung und dem MD-Score in Bezug auf die Herzinsuffizienz deutlich (pInteraktion < 0,001). Das zeige, dass der MD-Score als neuer Marker für Magnesiummangel mit dem Risiko für eine Herzinsuffizienz zusammenhänge. Die ­Personen, die gemäß RDA genügend Magnesium aufgenommen hatten, könnten ein niedrigeres Herzinsuffizienz­risiko ­haben, schlussfolgerte das Kardiologen-Team [6]. Bei Herz- und Gefäßerkrankungen wird organisch gebundenes Magnesium in einer­ ­Dosis von 400–600 mg empfohlen.

Verbesserte Prognose bei koronarer Herzerkrankung

Die langkettigen Omega-3-Fettsäuren sind Bestandteil von Zellmembranen, sie verbessern die Endothelfunktion und senken den Blutdruck. Außerdem stabilisieren sie den Herzrhythmus und verbessern die rheologischen Eigenschaften. Ob die mehrfach ungesättigten Fettsäuren die kardiovaskulären Endpunkte bei koronarer Herzkrankheit verbessern können, untersuchte eine chinesische Arbeitsgruppe anhand von 12 klinischen Studien mit 29 913 Personen. Auf schwerwiegende unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse hatten Omega-3-Fettsäuren keinen Einfluss (RR 0,93; 95%-KI 0,85–1,01; p = 0,09). Jedoch reduzierten ­Omega-3-Fettsäuren die allgemeine und kardiovaskuläre Sterblichkeit (RR 0,90; 95%-KI 0,83–0,97; p = 0,005 bzw. RR 0,82; 95%-KI 0,75–0,90; p < 0,0001), das Risiko für Myokardinfarkt, Revaskularisation und plötzlichen Herztod (RR 0,77; 95%-KI 0,68–0,86; p < 0,000; RR 0,80; 95%-KI 0,69–0,93; p = 0,003 bzw. RR 0,67; 95%-KI 0,52–0,86; p = 0,002) sowie für Krankenhauseinweisung aufgrund von Herzinsuffizienz oder unstabiler Angina pectoris (RR 0,75; 95%-KI 0,58–0,97; p = 0,03) bei koronarer Herzerkrankung. Das Schlaganfallrisiko wurde nicht reduziert. Die ­Effekte der Omega-3-­Intervention auf MACE waren

in den Subgruppen mit erhöhten Triglyceriden (≥ 1,7 mmol/l) ausgeprägt. Damit scheint die zusätzliche Behandlung mit Omega-3-Fettsäuren die Prognose bei koronarer Herzkrankheit zu verbessern [7]. In Deutschland werden zur Primärprävention 500 mg Omega-3-Fettsäuren pro Tag empfohlen, zur Sekundärprävention 1 g pro Tag.

Omega-3-Fettsäuren und Statine

Die Behandlungsleitlinien empfehlen Patientinnen und Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen, Statine einzunehmen. Ob sich ergänzend dazu ­Omega-3-Fettsäuren eignen, wurde in einer aktuellen Metaanalyse aus 14 Studien mit 40 991 ­Per­sonen untersucht. Im Fokus standen die kar­­dio­vaskulären Endpunkte sowie die Lipid- und Ent­­zün­dungsmarker. Die primären Endpunkte: tödlicher und nicht tödlicher Schlaganfall, koronare Revas­ku­larisierung, kardiovaskulärer Tod, MACE, unstabile Angina, Krankenhauseinweisung aufgrund von unstabiler Angina sowie der Lipidvolumenindex. Die sekundären Endpunkte umfassten Lipidmarker, hsCRP, EPA-Spiegel und das Verhältnis von Eicosapentaensäure zu Arachidonsäure.

Unter der Therapie mit Omega-3-Fettsäuren plus Statin nahm die Inzidenz von Myokardinfarkt, schwerwiegenden unerwünschten kardiovaskulären Ereignissen, unstabiler Angina und von Krankenhauseinweisungen signifikant ab, ebenso das Gesamtcholesterin, die Triglyceride, das hsCRP und der Lipidvolumenindex, verglichen mit Placebo plus ­Statin (p < 0,05). Ein Unterschied in der Inzidenz von tödlichem und nicht tödlichem Schlaganfall bestand nicht, ebenso wenig in Bezug auf Revaskularisation und kardiovaskuläre Mortalität. Die Ergebnisse weisen darauf hin, berichteten die Internisten aus Karachi, Pakistan, dass alle Patienten und Patientinnen, unabhängig von ihrer kardiovaskulären Gesundheit, von der Supplementation mit Omega-3-Fettsäuren zusätzlich zu ihrer Statintherapie profitieren [8].

Wie aktuelle Studien und Übersichtsarbeiten zeigten, ist die Gabe von Coenzym Q10 (auch in Kombination mit Selen) mit verringerten schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignissen verbunden und damit mit einem verbesserten Überleben.

Die antioxidative Kombination aus Alpha-Liponsäure, Vitamin C und Vitamin E kann die Gefäßgesundheit bei Personen mit Herzinsuffizienz und HFrEF verbessern. Das fett- und wasserlösliche Antioxidans Alpha-Liponsäure liegt hoch konzentriert im Herzmuskel vor. Die Vitamine C und E wirken antioxidativ und antithrombotisch; Ascorbinsäure reduziert Lipoprotein (a) und CRP.

Eine gute Magnesiumversorgung vermag das Risiko für eine Herzinsuffizienz senken.

Omega-3-Fettsäuren können die Prognose bei koronarer Herz­erkrankung verbessern. Auch Herz-Kreislauf-Patienten und ­-Patientinnen, die mit Statinen behandelt werden, profitieren von der Supplementation mit Omega-3-Fettsäuren. Unterstützend wirken die Vitamine B1, B6, B12 und Folsäure, da sie den Homocysteinspiegel senken.

Die Autorin

Dr. rer. nat. Christine Reinecke
70378 Stuttgart

dres.reinecke@t-online.de
www.hello-biology.com

Dr. Christine Reinecke ist promovierte Diplom-Biologin und ­seit über 25 Jahren freiberufliche Autorin zahlreicher Publikationen der Naturheilkunde, Medizin und Pharmazie

  1. Schmidt N et al., Z Orthomol Med 2024; 22: 24–6
  2. Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, European Society of Cardiology: ESC Pocket Guidelines 2021 – Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, https://leitlinien.dgk.org/files/03_2021_pocket_leitlinien_praevention_aktualisiert.pdf
  3. Mortensen AL et al., Cardiol J 2019; 26: 147–56, DOI 10.5603/CJ.a2019.0022; https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30835327/
  4. Alehagen U et al., PloS one 2015; 10: e0141641
  5. Bunsawat K et al., Exp Physiol 2020; 105: 1384–95, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7977718/
  6. Zhao D et al., Biol Trace Elem Res 2024; 202: 454–65, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/37198357/
  7. Chao T et al., Nutr Metab Cardiovasc Dis 2024; 34: 537–47
  8. Irfan A et al., Curr Probl Cardiol 2024; 49: 102245
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