Intrauterine Kontrazeptionsmethoden fristen in Deutschland eher ein Nischendasein. Das hat viele Gründe, zu denen auch unbegründete Ängste seitens der Patientinnen und mangelnde Erfahrung auf Ärzteseite gehören. Der Einsatz von transabdominalem Ultraschall während der Einlage kann beide Aspekte deutlich verbessern.
Die Einlage einer Spirale ist vor allem eins: Schmerzhaft! Diese beunruhigende „Wahrheit“ findet man in jedem Internetforum zum Thema Kontrazeption, folglich sind diese „Fakten“ auch jeder potenziellen Nutzerin bekannt. Obwohl tatsächlich nur 17 % aller Nulliparae und 11 % aller Multiparae sehr starken Schmerz während der Einlage einer Spirale angaben, wurde die gesamte Prozedur von vielen Patientinnen als belastender Vorgang wahrgenommen. Die Autoren einer retrospektiven Analyse von 17 Studien kamen zum Schluss, dass tatsächlich keine Schmerzmedikation notwendig schien, da die indirekte Angst vor der Einlage der führende kritische Punkt war.[1] Wenn Ängste übermächtig werden, ist Resignation eine häufige Reaktion und die Frauen verzichten lieber auf die Einlage einer Spirale. Das ist mit Sicherheit ein wichtiger Aspekt, wenn man die in Deutschland doch eher geringen Nutzungszahlen intrauteriner Systeme analysiert.
Wie kann man am besten mit dem Thema Angst umgehen? Prof. Dr. med. Michael Bajka aus der Schweiz war einer der ersten, der das Problem der Angst als fundamentalen Bestandteil der geringen Verordnungen erkannte und sich dem Angstmanagement widmete. Im Umgang mit den Patientinnen muss zwischen der extrinsischen Angst vor der Einlage als konkrete Situation und der intrinsischen Angst unterschieden werden, die jeder Mensch unabhängig von einer konkreten Bedrohung haben kann. Hier spielen Erfahrung, überliefertes Wissen und eigene Befindlichkeiten eine Rolle. Beide Angsttypen müssen gesondert angesprochen und gewürdigt werden. „Für mich war Angst an sich kein großes Thema. Es war eher das Gefühl von Unsicherheit, weil man nicht abschätzen kann, was passiert, wenn man so etwas noch nie gemacht hat“, sagte mir eine 27-jährige Patientin auf die Frage, wie sie die Zeit vor der Einlage erlebt hatte. Es muss davon ausgegangen werden, dass – neben anderen Faktoren – diese Ängste die meisten der knapp eine Million Frauen in Deutschland davon abhält, eine Spirale als Verhütungsmethode zu wählen.
In Deutschland geben 69 % der Frauen im fertilen Alter an, dass sie regelmäßig verhüten möchten.[2] Das entspricht rund 17,5 Millionen Frauen. Darf man der Choice-Studie[3] glauben, würden sich davon knapp 60 % Frauen nach einer entsprechend ausführlichen Aufklärung für ein intrauterines System entscheiden. Die tatsächliche Quote liegt allerdings nur bei knapp 7 %. In der Studie spielten finanzielle Faktoren sicher eine Rolle – die Frauen erhielten die gewählte Kontrazeption kostenlos. Laut der Coco(Contraceptive Counceling)-Studie wünschen sich 60 % der Frauen eine estrogenfreie Verhütung und gut die Hälfte möchte einen natürlichen Zyklus behalten, ohne Einbußen bei der kontrazeptiven Sicherheit.[4] Obwohl diese Wünsche immer deutlicher geäußert werden und wir mit den Intrauterinsystemen die passende Antwort auf diese Wünsche hätten, bleibt die Pille in Deutschland seit Jahren auf einem nahezu gleichen Level.[5] Unabhängig von der ärztlichen Verordnung hat die Rate der Pillenverweigerer bei den 18- bis 25-Jährigen um fast 20 % zugenommen. Gleichzeitig wurden rund 10 % mehr Kondome benutzt.[6] Als Folge dieses Trends sehen wir ein neues Rekordhoch von 128 Schwangerschaftsabbrüchen auf 1.000 Schwangerschaften. Man muss also leider festhalten: Die Angst lähmt und richtet Schaden an.
Langzeitverhütungsmittel sind besonders effektiv, wenn es um die Vermeidung ungewollter Schwangerschaften geht. Die US-amerikanischen Leitlinien der ACOG (American College of Obstetricians and Gynocologists) empfehlen diese Methoden daher mit Nachdruck. Hier wird auch für junge Frauen bereits ein LARC (Long-Acting Reversible Contrazeption) zur Prävention ungewollter Schwangerschaften empfohlen.[7] Diese Empfehlung würden wir Gynäkologinnen und Gynäkologen vielleicht auch in Deutschland ernster nehmen, wären da nicht diese überall zitierten Schmerzen und Ängste. Hinzukommt auch die Unsicherheit vieler junger Kolleginnen und Kollegen, die in ihrer Facharztausbildung auf alles vorbereitet wurden – außer der Beratung zu Verhütungsfragen. Vom Legen einer Spirale ganz zu schweigen. Die Sorgen rund um die Einlage einer Spirale auf beiden Seiten des gynäkologischen Stuhles sind eine schlüssige Erklärung für die geringe Zahl an Spiralen in Deutschland.
Wie also mit diesen Sorgen und Ängsten umgehen? Eine gute Möglichkeit scheint es zu sein, durch simultane abdominale Sonografie bei der Einlage sowohl die Angst der Patientin als auch die Unsicherheit des Arztes zu reduzieren. Das Verfahren ist nicht wirklich neu, bereits 2005 hat eine Arbeitsgruppe in der Türkei dieses Verfahren angewendet. Dabei ging es um eine LNG-IUS-Einlage zur Behandlung von Blutungen bei Myompatientinnen. Um die richtige Lage im Uterus myomatosus zu sichern, wurde eine assistierte abdominelle Sonografie durchgeführt. Diese gewährleistete trotz der schwierigen Bedingungen einen hohen Anteil an korrekter Lagen der Intrauterinsysteme.[8] Die Sicherheit während der Einlage für den Arzt war auch Bestandteil einer prospektiv randomisierten Studie in Ägypten.[9] Hier wurden insgesamt 40 Patientinnen pro Arm hinsichtlich einer sonografisch assistierten IUD-Einlage versus einer konventionellen Einlage randomisiert. Primärer Endpunkt war die korrekte Lage, und tatsächlich zeigten die assistierten Einlagen mit 95 %, verglichen mit den konventionellen blinden Einlagen mit 68 % (p = 0,02), einen signifikant besseren Wert an korrekter Platzierung. Auch die als erfolgreich gewerteten Einlagen waren mit 98 % zu 80 % (p = 0,04) zugunsten der ultraschallgestützten Verfahren signifikant besser. Diese Daten dürften die unerfahrenen und vielleicht auch besorgten Einleger hierzulande erfreuen.
Die Schmerzen und Ängste der Patientinnen wurden erst in einer späteren Studie thematisiert und zwar wiederum durch eine Arbeitsgruppe in Ägypten.[10] Sie postulierten, dass die Ängste und Schmerzen multifaktorieller Natur sind und dass neben den wenig beeinflussbaren Größen wie Erfahrung und Vorkenntnis auch der Instrumenteneinsatz mit den daraus resultierenden Manipulationen am Genital eine mögliche Rolle spielen. In einer prospektiven und randomisierten Studie an über 100 Patientinnen untersuchten sie, ob das Minimieren des Instrumentariums bei der Einlage zusammen mit dem transabdominalen Ultraschall (TAS) bei der Einlage einen positiven Effekt auf die Ängste der Patientin und letztlich auf das Ergebnis haben würde. In der TAS-Gruppe wurden die Einlagen ohne Messen der Sondenlänge durchgeführt und anteilig auch ohne Anhaken der Muttermundslippe, je nach Lage des Uterus. Die Blase war stets gefüllt, die Lagekontrolle während der Einlage erfolgte über die abdominale Sonde. Im Kontrollarm wurde sowohl die vordere Muttermundslippe angehakt als auch die Sondenlänge gemessen. Die korrekte Lage wurde über eine nach der Einlage durchgeführten transvaginalen Sonografie gesichert. Anschließend sollten die Patientinnen ihre Schmerzen auf einer visuellen Analogskala von 1–10 angeben. Im TAS-Arm lag dieser Wert mit 2,4 signifikant niedriger als im Kontrollarm (5,0; p = 0,01). Interessant war auch die Zeitersparnis im TAS-Arm (32,2 vs. 77,7 Sekunden, p = 0,01). Beim entspannten Lesen dieser Zahlen im Sessel mag einem der Zeitunterschied unwichtig erscheinen. Aber die ängstliche Patientin auf dem gynäkologischen Stuhl erlebt das sicher anders. In dieser Situation werden Sekunden wie eine Ewigkeit wahrgenommen und die schnellere Einlage trägt neben der Minimierung der Manipulation am Uterus sicher zur Angstreduktion bei. So sah das auch meine Patientin, die ich oben schon einmal zitiert hatte. „Durch den Ultraschall war ich etwas abgelenkt und es war spannend zu sehen, was da ungefähr passiert. Dass man da am Bildschirm etwas mitverfolgen kann, macht es auf jeden Fall leichter, sich von der Aufregung abzulenken“, berichtete sie, bezogen auf die TAS-Einlage einer Kupferkette.
Fazit
Zur Verbesserung der Versorgung verhütungswilliger Frauen scheint alles sinnvoll, was die Ängste der Patientinnen schmälert und den Einlage-Komfort des Anwenders steigert. Und die TAS scheint dafür eine sehr geeignete Maßnahme zu sein. In Deutschland haben wir aufgrund der technischen Voraussetzungen in den meisten gynäkologischen Praxen die Möglichkeit, dieses Verfahren anzuwenden. In anderen Ländern ist das flächendeckend sicher nicht so einfach durchführbar. Teilweise noch nicht veröffentlichte Studien zeigen einen direkten Zusammenhang: Je schwieriger sich eine Einlage gestaltete, umso höher wurden die Schmerzen von Seiten der Patientin angegeben. Der Wert auf der Schmerzskala war um das Dreifache höher, wenn die Einlage von Seiten des Arztes als sehr schwierig eingestuft wurde. Durch Einsatz der TAS konnte in verschiedenen Studien statistisch signifikant gezeigt werden, dass die Einlage einfacher und schneller war. Die Patientinnen zeigten über alle Studien hinweg geringere Schmerzen und höhere Zufriedenheit. Das Verfahren hat somit das Potenzial zum Standard.
Der Autor
Dr. med. Massimo Lombardo
Praxis Centrogyn
Hackenstraße 2
80331 München
Literatur beim Autor
Bildnachweis: Dr. med. Massimo Lombardo