Das tiefere Verständnis der Pathomechanismen hat zu erheblichen Fortschritten in der Therapie der Psoriasis, aber auch ihrer systemischen Manifestationen und Komorbiditäten geführt. Zudem existieren mittlerweile digitale Angebote, die die Betroffenen begleiten und die mitunter komplexe Behandlungen vereinfachen.
Dr. med. Kira Süßmuth
Klinik für Dermatologie und Allergologie
Helios Klinikum Berlin-Buch
Kira.Suessmuth@helios-gesundheit.de
Welche häufigen Komorbiditäten gibt es bei Psoriasis?
Die Schuppenflechte ist mit dem Vorliegen kardiovaskulärer Risikofaktoren assoziiert. Dazu gehören Erkrankungsbilder des metabolischen Syndroms. So treten erhöhte Blutfettwerte bei Patientinnen und Patienten mit Psoriasis häufiger auf als bei denjenigen ohne Schuppenflechte. Diese Zusammenhänge sind besonders bei Menschen mit schwerer Schuppenflechte zu sehen. Auch eine Assoziation zwischen Diabetes und Psoriasis wurde bereits 1897 von Strauss et al. beschrieben [1]. Das Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse und Vorliegen von Risikofaktoren ist unter anderem durch die Aktivierung bestimmter inflammatorischer Signalwege, die Modulation von Neutrophilen, die Aktivierung der Angiogenese sowie den erhöhten oxidativen Stress bei Menschen mit Psoriasis zu erklären. Es gibt Untersuchungen, die nahelegen, dass die Schuppenflechte ein unabhängiges Risiko für das Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse wie einen Myokardinfarkt darstellt [1,2].
Die Psoriasis-Arthritis ist eine gut untersuchte und häufige Komorbidität der Psoriasis. Angaben zu ihrer Prävalenz liegen bei bis zu 42 % aller an Psoriasis Erkrankten [1,3]. Diese Personen leiden auch häufiger an Uveitiden [2,4]. Ein Anteil derer, die von einer Arthritis betroffen sind, bleibt jedoch immer noch undiagnostiziert [1].
Außerdem treten bei Menschen mit Schuppenflechte gehäuft Autoimmunerkrankungen auf, insbesondere chronisch-entzündliche Darmerkrankungen. Die Psoriasis kann auch mit einer Reihe von psychologischen und psychiatrischen Komorbiditäten wie Depressionen, Angst- und Suchterkrankungen sowie Fatigue einhergehen [1,5]. Eine Übersicht relevanter Komorbiditäten bietet die Tabelle.
Warum ist die Früherkennung von Komorbiditäten wichtig?
Die Früherkennung kann helfen, schwere Folgeschäden und Folgeerkrankungen zu verhindern bzw. frühzeitig zu behandeln. Werden kardiovaskuläre Risikofaktoren zeitig erkannt und therapiert, kann Herzinfarkten und Schlaganfällen vorgebeugt werden. Das frühzeitige Erkennen von erhöhten Blutzucker- oder Blutfettwerten kann einen behandlungspflichtigen Diabetes bzw. eine nicht alkoholische Fettleber bestenfalls verhindern. Die Behandlung einer Arthritis ist wichtig, um Gelenkfehlstellungen und Arthrose zu verhindern. Treten Gelenkbeschwerden im Zuge einer Psoriasis auf, ist die Abklärung und Behandlung dieser Symptome in der Regel führend vor den Hautsymptomen. Die systemische Behandlung einer Psoriasis-Arthritis bessert oftmals auch die Symptome an der Haut. Die Diagnose einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung ist insbesondere im Hinblick auf die Wahl der Systemtherapie relevant. Konventionelle Immunsuppressiva sind beim metabolischen Syndrom eher ungünstig, da sie unter anderem einen negativen Einfluss auf den Blutdruck und die Nierenwerte haben können. TNF-α-Hemmer sollten bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz nicht angewendet werden. IL-17-Blocker sind beim Vorliegen einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung ungeeignet, da sie sich negativ auf die Darmentzündungen auswirken können. Die Psoriasis-Arthritis hingegen kann auf eine Therapie mit Biologika oder auch Immunsuppressiva wie Methotrexat gut ansprechen [2,4]. So ist die Behandlung der Schuppenflechte ein gutes Beispiel für innovative und personalisierte Therapieansätze, die nicht nur die Inflammation der Haut berücksichtigen. Die Behandlung sämtlicher Komorbiditäten ist auch hinsichtlich der Lebensqualität von an Psoriasis Erkrankten wichtig, da diese bekanntermaßen nicht nur durch die Hautveränderungen stark beeinträchtigt ist [1,5].
Wer gehört zur Risikogruppe für Psoriasis-Komorbiditäten?
Personen mit einer schweren Schuppenflechte an der Haut haben ein erhöhtes Risiko, eine Komorbidität zu entwickeln. Auch Menschen mit schon lange bestehender Psoriasis gelten als Risikogruppe für Komorbiditäten [4]. Patientinnen und Patienten mit bereits bestehenden Komorbiditäten können stärker von diesen betroffen sein als diejenigen ohne zusätzliche Schuppenflechte [1].
Warum sprechen an Psoriasis Erkrankte Symptome oft nicht beim Arzt oder der Ärztin an bzw. warum werden Begleiterkrankungen oft erst spät entdeckt?
Es kann viele Faktoren geben, die ein Erkennen von Begleiterkrankungen erschweren: Zum einen berichten die Betroffenen häufig aus Unwissenheit nicht von möglichen Begleiterkrankungen und weiteren Beschwerden. Ohne ein gezieltes Abfragen berichten viele eventuell nur über die aktuellen facharztspezifischen Beschwerden. Manchmal kann auch Scham dazu beitragen, Symptome und Hautveränderungen nicht zeigen oder benennen zu wollen. Ein Lösungsansatz, um Komorbiditäten leichter zu identifizieren, ist die Sorea-App von Nia Health. Mit diesem digitalen Helfer haben Patientinnen und Patienten einen wertvollen Ratgeber an ihrer Seite, der sie genau für eben jene Komorbiditäten sensibilisiert und es ihnen erleichtert, diese zu erkennen. Zum anderen sind sich auch die Behandelnden oft nicht der Tragweite der Psoriasis-Symptome bewusst, stehen wenig im Austausch mit anderen mitbehandelnden Kolleginnen und Kollegen und haben im Alltag wenig Zeit, sich um eine ganzheitliche Behandlung der Schuppenflechte zu kümmern.
Wie können Ärztinnen und Ärzte schnell Symptome von Psoriasis-Komorbiditäten abfragen?
Es gibt eine Reihe von Fragebögen, die bereits im Wartezimmer ausgefüllt werden können, um einen ersten Überblick über mögliche Komorbiditäten zu erhalten. Der „Dermatology Quality of Life Index“ (DLQI) kann helfen, die Einschränkung der Lebensqualität durch die Erkrankung zu erkennen und liefert Hinweise auf psychische und physische Belastungen durch die Psoriasis [2,4]. Mit dem „German Psoriasis Arthritis Diagnostic Questionnaire“ (GEPARD-Fragebogen) können Gelenkbeschwerden abgefragt werden. Aber auch einfache Anamnesefragen, die man bei allen Psoriasis-Patientinnen und -Patienten ohne großen zeitlichen Aufwand abfragen kann, helfen bei der Früherkennung von Komorbiditäten.
Die regelmäßige Bestimmung bestimmter Laborwerte kann Hinweise auf Fettstoffwechselstörungen oder einen Diabetes geben, auch die Messung des Blutdrucks kann ein wichtiges Hilfsmittel zum Screening sein (Tab.) [5]. Das Screening-Intervall muss individuell festgelegt werden. Bei Fehlen bekannter Komorbiditäten schlagen einige Quellen jährliche Intervalle für die Kontrollen vor [3,6].
Wie könnte eine effektive Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen zur Früherkennung von Komorbiditäten aussehen?
Sicherlich wird die Digitalisierung in Zukunft helfen, den Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Fachrichtungen zu verbessern und somit eine interdisziplinäre Zusammenarbeit für Menschen mit Psoriasis gewährleisten. Wichtig ist die ärztliche Aufklärung über die systemischen Manifestationen einer Psoriasis in den verschiedenen Fachrichtungen und ein früher Beginn der Screening-Maßnahmen bei einer Erstmanifestation im Kindes- oder Jugendalter [3]. So kann mithilfe der Sorea-App durch systematische Aufzeichnungen sowohl in Schrift als auch Bild insbesondere eine Informationsweitergabe innerhalb der Ärzteschaft wesentlich erleichtert werden. Mithilfe der digitalen Anwendung ist es möglich, dass die Behandelnden Muster im Krankheitsverlauf über einen längeren Zeitraum hinweg erkennen. Dies fördert den Austausch und kann sich maßgeblich positiv auf den Behandlungserfolg auswirken. Hierfür verwenden Apps klinisch validierte Metriken wie den DLQI, um subjektive Wahrnehmungen standardisiert und longitudinal beobachten zu können.
Bildnachweis: MiM Agentur