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Allgemeinmedizin

Grippesaison steht bevor

Impfen bedeutet Schutz auch für andere

Prof. Dr. med. Klaus Wahle

In vielen Arztpraxen laufen die Vorbereitungen für die Impfungen; vorbestellte Impfstoffe werden geliefert, Kühlschränke vorbereitet. Für „schutzbedürftigere“ Senioren stehen Alternativen zu den Standardimpfstoffen zur Verfügung.

Die Diskussion um die besten Influenzaimpfstoffe ist inzwischen schon Jahrzehnte alt und ein Ende ist nicht absehbar. Standard-Influenzaimpfstoffe nutzen als Antigen für eine entsprechende Immun­ant­wort der Impflinge in der Regel die Oberflä­­ch­en­anti­gene des Influenzavirus, bestehend aus Hä­mag­­glu­tinin und Neuraminidase. Es ist die Aufgabe der WHO jeweils im Februar ­eines jeden Jahres die aktiven auf der südlichen Hemisphäre zirkulierenden Influenzavirenstämme zu definieren (2x Stamm A, 2x Stamm B), die dann als tetravalente Impfstoffe für die nördliche He­­­­m­is­­phäre produziert werden sollen. In einem ins­gesamt sechsmonatigen Prozess werden die Impfstoffkandidaten auf die Bebrütung bzw. Vermehrung in Hühnereiern vorbereitet und dann ­wenige Wochen später geerntet. In aufwendigen Prozeduren wird die Virusernte gereinigt, die Oberflächenantigene isoliert und mit unterschiedlichen Rezepturen zu den eigentlichen Impfstoffen verarbeitet. Die Auslieferung der Influenzaimpfstoffe beginnt dann in der Regel im August.

Kranke Kinder und ältere Menschen benötigen mehr Schutz

Die verschiedenen vom Paul-Ehrlich-Institut zugelassenen Influenzaimpfstoffe sind nicht gleich. Es können Spaltimpfstoffe, Subunitimpfstoffe und virosomale Impfstoffe unterschieden werden, nasal zu applizierende Lebendimpfstoffe, adjuvantierte Impfstoffe sowie auch neuerdings ein auf zellkulturbasis produzierter Influenzaimpfstoff. Diese breite „Produktpalette“ macht auch deutlich, dass es den idealen Influenzaimpfstoff wohl noch nicht gibt. Erwachsene verfügen über eine Schutzrate vor Infektionen von 80 %, somit eignen sich bei der Mehrheit von ihnen Standardimpfstoffe (Spalt- oder Subunitimpfstoffe). Bei chronisch kranken Kindern sinkt die Schutzrate jedoch auf deutlich unter 45 %. Sie sollten daher ihre erste Influenza­impf­dosis zweimalig im Abstand von vier Wochen erhalten. Bei älteren Erwachsenen beträgt die Schutz­rate vor Infektion durch Erreger nur noch ca. 35–40 % – eine schlichtweg unbefriedigende Situation. Dennoch lohnt sich die Impfung der Älteren, denn zumindest schützt sie vor dem Tod beispielsweise durch bakterielle Superinfektion bzw. vor stationärer Behandlung im Rahmen einer Influenza. Inzwischen gibt es durchaus Alternativen für die ältere Bevölkerung: ein adjuvantierter Influenza­impfstoff (derzeit jedoch nur trivalent verfügbar) erzielt deutlich höhere Antikörpertiter. Und der neue zellkulturbasierte tetravalente Impfstoff scheint durch die innovative Produktionstechnik besser vor den tatsächlich zirkulierenden Viren zu schützen als die durch Hühnereier entstandenen. Außerdem ist er frei von Hühnereiweißen und Antibiotikaresten. Auch ein intradermal zu applizierender Influenza­impfstoff (derzeit in Deutschland nicht mehr verfügbar) zeigte sich im Vergleich zum Standardimpfstoff als deutlich immunogener. Der Influenza-Impfstoffbezug in Deutschland ist jedoch relativ strikt geregelt: Die Kostenträger übernehmen für die GKV-Versicherten grundsätzlich nur die Kosten der preisgünstigsten Impfstoffe. Hier besteht für Privatpatienten ein deutlicher Vorteil.

Mit Argumenten mehr Patienten zur Impfung bewegen

Da Influenzaimpfstoffe nur für etwa sechs Monate einen sicheren Schutz vor Infektion bieten, empfiehlt es sich, die Impfkampagne in der Praxis erst im Oktober zu beginnen. Dabei ist ein ausgefeiltes Praxismanagement unabdingbar, denn die chronisch niedrigen Durchimpfungsraten in Deutschland von wenig mehr als 50 % müssen dringend angehoben werden, um den Forderungen der WHO nach einer Durchimpfungsrate von 75 % in absehbarer Zeit gerecht zu werden. Grundsätzlich sollten alle Patienten, die die Praxis betreten, bereits an der Rezeption von den Mitarbeiterinnen auf die Influenzaimpfung angesprochen werden. Ein wichtiges Argument ist dabei: „Wir alle im Team sind bereits geimpft, um sie nicht anzustecken.“ Hierdurch wird deutlich, dass es bei der Influenzaimpfung nicht nur um den Eigenschutz geht, sondern auch um die Verhinderung einer Infektionsausbreitung, den Bevölkerungsschutz.  Die Überzeugung unserer Patienten von der Sinnhaftigkeit der Influenzaimpfung ist immer wieder ein hartes Stück Arbeit und eine Herausforderung. Wenn das gesamte Praxisteam hier an einem Strang zieht und deutlich wird, für wie wichtig jeder im Team die Grippeschutzimpfung hält, dann kann es durchaus gelingen die Impfquote in der eigenen Praxis von Jahr zu Jahr deutlich zu steigern.

Der Autor

Prof. Dr. med. Klaus Wahle
Facharzt für Allgemeinmedizin und Diabetologie
48161 Münster

klaus@inua.eu

Literatur beim Autor

Bildnachweis: moonnoon (iStockphoto); privat

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