Die diesjährigen Kardiologentage standen unter dem Motto „HerzTurnier – Wettbewerb für Herz und Gefäße“. Wie Patientinnen und Patienten mit Hypercholesterinämie von einer frühen und konsequenten Therapie profitieren, zeigte „Der Cholesterin-Achter – gemeinsam schneller auf das Ziel“.
Ein verspäteter Therapiestart hat Folgen für Menschen mit Hypercholesterinämie. Der Effekt sei ähnlich wie im Rudersport, erklärte Prof. Dr. med. Simon Greulich (Tübingen): Wenn man den Start verschlafe, dann sei man schnell in einer ungünstigen Position. Die frühe Senkung des LDL-C-Spiegels reduziere kausal und kumulativ das Risiko für koronare Herzerkrankungen. Dieses erhöhe sich ab einem kritischen Schwellenwert der kumulativen Lipidexposition (5 000 mg/dl × Jahre) überproportional. Bei einem durchschnittlichen LDL-C-Wert von 125 mg/dl werde der kritische Schwellenwert im Alter von 40 Jahren erreicht. Danach steige das Myokardinfarkt-Risiko exponentiell von 1 bis auf 16 % im Alter von 80 Jahren. Bei einem mittleren LDL-C-Wert von 80 mg/dl hingegen beginne diese Hochrisikophase erst im Alter von 63 Jahren. Um Risikopatientinnen und -patienten rechtzeitig zu erkennen, könne man in jungen Jahren wiederholt den LDL-C-Wert messen, schlug Greulich vor.
Kardiovaskuläres Risiko berücksichtigen
Taktgeber für die Therapie sei das individuelle kardiovaskuläre Risiko, betonte auch Prof. Dr. med. Amir-Abbas Mahabadi vom Universitätsklinikum Essen. Er befürwortete den Einsatz des Risikorechners SCORE2 und SCORE2-OP (Systematic Coronary Risk Evaluation – older persons), um das Risiko zu bestimmen.
Gerade in der Sekundärprävention seien zudem Verlaufskontrollen wichtig, denn die Therapieerfolge würden im Alltag insgesamt deutlich überschätzt. Würden die individuell angemessenen Zielwerte jedoch erreicht, gegebenenfalls nach Eskalation, verbessere dies das Outcome und könne Plaques stabilisieren.
Auch die Bestimmung des Calcium-Scores könne helfen, das individuelle Risiko korrekt einzuschätzen. So profitierten Betroffene mit moderaten und ausgeprägten Verkalkungen (Score > 160) dramatisch von einer Statintherapie, erklärte Mahabadi.
Wie Prof. Dr. med. Ingo Hilgendorf (Freiburg, Bad Krozingen) schilderte, erlaubten Kombinationstherapien mit PCSK9-Inhibitoren die potenteste LDL-C-Senkung (75–85 %). Die Injectables, zu denen PCSK9-Antikörper und Inclisiran gehören, seien verträglich und effektiv. Die Therapieadhärenz sei hoch, bei Spritzabständen von 2 bis 4 Wochen (PCSK9-AK) oder 3 bzw. 6 Monaten (Inclisiran).
Ausnahmen vom Verordnungsverbot im Falle von Mehrkosten verglichen mit anderen Lipidsenkern gälten bei familiärer homozygoter Hypercholesterinämie (nur Evolocumab), bei heterozygoter familiärer oder nicht familiärer Hypercholesterinämie mit dokumentiert therapierefraktärem Verlauf (≥ 12 Monate) sowie bei nicht familiärer Hypercholesterinämie mit gesicherter vaskulärer Erkrankung und weiteren kardiovaskulären Risikofaktoren.
Kardiologentage „HerzTurnier – Wettbewerb für Herz und Gefäße“ (Veranstalter: Novartis Pharma GmbH), Berlin, April 2024