Eine immer spezifischere Einteilung der Herzinsuffizienzstadien und individualisierte Therapieansätze halten auch in die Leitlinien-Aktualisierungen Einzug – so auch in die 2022 herausgegebenen AHA/ACC/HFSA-Guidelines. Schlüssel für eine gelungene personalisierte Therapie könnte der flächendeckende Einsatz von Heart Failure Nurses werden.
„Die mittlere Sterblichkeit der Herzinsuffizienz (HI) liegt ebenso hoch wie die der meisten Krebsformen“, führte Prof. Dr. med. Dirk Westermann (Hamburg) in das Thema ein. „Die HI muss daher gleich von Anfang an konsequent therapiert werden – dadurch erreichen wir Lebenszeit!“ Denn ist der Patient erst einmal im Stadium des „Worsening Heart Failure (HF)“ angekommen, hat er laut Studien ein signifikant höheres Mortalitäts- und Rehospitalisierungsrisiko als Personen mit De-novo-Ereignissen – unabhängig von Alter und Geschlecht. Auch reiche die NYHA-Einteilung als Bewertungskriterium von besonders mortalitätsgefährdeten Patienten nicht aus, besser sei die Beurteilung anhand von Veränderungen im Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire Overall Summary Score (KCCQ-OS; ≥5 Punkte). Ein schnelles Handeln nach Dekompensation einer HI ist ebenfalls diagnoserelevant, so Prof. Dr. Dr. med. Stephan von Haehling (Göttingen). Wird Furosemid innerhalb der ersten 60 Minuten verabreicht, könne die Sterblichkeit laut einer Studie in allen Risikogruppen signifikant gesenkt werden.
Einen neuen therapeutischen Ansatz verfolgt Vericiguat, ein seit 2021 in Deutschland zugelassener Aktivator der löslichen Guanylatzyklase (sGC), der zu einer Stickstoffmonoxid(NO)-unabhängigen Vasodilatation der glatten Muskulatur führt. Die Zulassungsstudie VICTORIA, bei der Patienten mit Worsening HF nach kürzlich behandelter Dekompensation mit Vericiguat behandelt wurden, ergab ein um 10% reduziertes Risiko für kardiovaskulären Tod oder Rehospitalisierung im Vergleich zur Placebogruppe. „Mit Vericiguat haben wir eine Substanz, die wir jetzt im Alltag testen sollten“, so Haehling. Zusätzlich zu den Leitlinienempfehlungen rücken personalisierte Therapieansätze und Einzelfallentscheidungen immer mehr in den Vordergrund. Ein besonderer Stellenwert kommt hier den Heart Failure(HF)-Nurses zu, die HI-Patienten sowohl kontinuierlich überwachen als auch gemeinsam mit ihnen Behandlungsplan und -ziele besprechen und so ein Schlüsselelement in puncto Selbstmanagement und Eigenverantwortung der Patienten darstellen. Ihre Ausbildung erfolgt derzeit an zwölf Standorten in Deutschland, ein Stipendium hierfür kann bei der DGK beantragt werden. Laut einer Studie von Prof. Dr. med. Stefan Störk (Würzburg) konnte die Mortalität nach sechs Monaten Intervention durch die HF-Nurse um 7% gesenkt werden. Nach fünf Jahren lag die Hazard Ratio (HR) für Rehospitalisation bei 0,86 (95%-KI 0,74–0,99), nach zehn Jahren die Mortalität bei einer HR von 0,83 (95%-KI 0,72–0,97). Die Lebensqualität der Patienten verbesserte sich um im Mittel 4,3 (95%-KI 0,2–8,3) Punkte im KCCQ. „Die Zusammenarbeit von HF-Nurses mit telemedizinischen Zentren (TMZ) und Heart Failure Units (HFU) wäre noch effektiver“, so Störk.
Hinsichtlich der Umsetzung der individualisierten HI-Therapie im ambulanten Bereich sprach Dr. med. Karin Rybak (Dessau-Roßlau) von weiterhin ineffizienten Behandlungsstrukturen in 2022. So würden innerhalb von 30 Tagen nach Klinikentlassung 24,1% der HI-Patienten erneut hospitalisiert werden. Sie plädierte für eine engere Zusammenarbeit der Hausärzte mit den niedergelassenen Kardiologen und eine leitliniengerechte Therapie – derzeit nur bei etwa 50–60% der Patienten zu finden. Als gute Hilfestellung für die Therapie von HI-Patienten mit diversen Komorbiditäten empfahl sie die Publikation von Rosano et al. [1].
[1] Rosano GMC et al., Eur J Heart Fail 2021; 23: 872–881
Symposium der 88. Jahrestagung der DGK „Personalisierte Herzinsuffizienztherapie – Von Studiendaten zur praktischen Erfahrung“ (Veranstalter: Bayer Vital GmbH), Mannheim, April 2022