Der Beitrag „How menopause reshapes the brain“ erschien im Mai 2023 in „Nature“. Die Vorstellung vom Gehirn als dem Motor der Menopause ist ein neues Konzept. Parallel dazu wurde im gleichen Monat in den USA ein nicht hormonelles Medikament für die Therapie von Hitzewallungen zugelassen.
Bislang wird die Menopause vor allem als ein endokriner Prozess wahrgenommen, neurologisch sind bestenfalls die Veränderungen des Thermoregulationssystems infolge von Schwankungen der Hormonproduktion des Ovars ein Thema [1]. Mittlerweile ziehen Wissenschaftler auch ganz andere Schlüsse [2].
Vor allem die Auswirkungen der Prämenopause auf die Hirngesundheit stehen im Fokus der Untersuchungen. In dieses Bild vom Paradigmenwechsel passt die Zulassung des Medikaments Fezolinetant durch die US Food and Drug Administration (FDA) im Mai 2023. Fezolinetant ist ein selektiver Antagonist des Neurokinin-3-Rezeptors, der physiologisch v. a. durch Neurokinin B aktiviert wird. Dies beeinflusst vor allem Kisspeptin/Neurokinin B/Dynorphin (KNDγ)-Neuronen, was wiederum die Aktivität im thermoregulatorischen Zentrum des Gehirns moduliert (Abb.). Die Plasmaspiegel der Sexualhormone werden hierbei nicht relevant verändert. Das Mittel geht auf jahrzehntelange Forschungen der Neuropathologin Naomi Rance zurück. Rance hatte entdeckt, dass der Hypothalamus bei postmenopausalen Frauen annähernd die doppelte Größe hatte [3]. Eine plausible Erklärung dafür steht aus. Nennenswerte Aufmerksamkeit erregten ihre Entdeckungen nicht, sie setzte ihre Menopause-Neuronen-Studien fort und entwickelte ein Rattenmodell für die Untersuchung von Hitzewallungen. Die vegetative Störung wird vermutlich im Hypothalamus ausgelöst.
Die Phase der Neuprogrammierung
Estrogen hat für das Gehirn eine wichtige Funktion – es stimuliert die Glucoseaufnahme und die Energieproduktion. Ist der menopausale Übergang abgeschlossen, gewöhnt sich das Gehirn an die neue physiologische Situation. Während der Perimenopause, aber mit fluktuierenden Hormonen und charakteristischen Symptomen der Menopause, könnten Schaltkreise im Gehirn leicht aus dem Gleichgewicht geraten und in einem „neuronalen Discord“ enden.
Die Perimenopause ist daher womöglich eine „Schlüsselzeit“, indem der Übergang zur Menopause und zudem auch die Intensität altersbezogener Krankheiten, die danach sprunghaft zunehmen, abgemildert werden könnten. In Studien zur Hormonersatztherapie sind vielfach nur postmenopausale Frauen eingeschlossen, vielfach Jahre nach ihrer letzten Periode. Das erschwert die Untersuchung der Frage, warum manche Frauen perimenopausale Symptome nur kurze Zeit haben, andere aber Jahre oder Jahrzehnte. Zunehmen stellt man sich aber die Frage, ob dies etwas mit ihrer Gesundheit im Rest ihres Lebens zu tun hat.
Als unstrittig gilt, dass verminderte Estrogenspiegel bei Nagern und Menschen enorme Auswirkungen auf den Metabolismus des Gehirns und den Immunstatus haben [4,5]. Maßgeblich ist dabei die Bedeutung des Estrogens für die Aufnahme von Glucose, die wichtigste Ernährungsquelle des Gehirns. Wenn die Estrogenpegel sinken, stürzt die metabolische Tätigkeit des Gehirns initial ab, das Gehirn versucht als Ersatz Lipide zu verwenden. Diese Verschiebung kann Entzündungen auslösen, die während der Menopause erhöhte Risiken für Alzheimer und Parkinson zur Folge haben. Nach einer Periode der „neurobiologischen Unruhe“ findet das Gehirn zur postmenopausalen Normalität zurück. Leistung des Gedächtnisses und der Kognition verbessern sich wieder. Fezolinetant, das auf die Arbeiten von Naomi Rance zurückgeht, besteht im wesentlichen aus der Blockade des Rezeptors für Neurokinin B, das in Ratten Hitzewellen-ähnliche Reaktionen hervorruft [6]. Auch der Inhibitor MLE4901 reduziert gemäßigte bis schwere Hitzewallungen während der Menopause [7].
1 Santoro N et al, Endocrinol Metabol Clinics 2015; 44: 497–515
2 Ledford H, Nature 2023; 617: 25–7
3 Rance NE et al., Endocrinology 1991; 128: 2239–47
4 Yin F et al., Neurobiolog Ageing 2015; 36: 2282–95
5 Mosconi L et al., Sci Rep 2021; 11: 10867
6 Dacks PA et al., Endocrinol 2011; 152: 4894–905
7 Prague JK et al., Lancet 2017; 389: 1809–20
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