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Fokus Naturmedizin

Pathogenese malignes Melanom

Wie sekundäre Pflanzenstoffe in Signalwege eingreifen

Dr. rer. nat. Christine Reinecke

Die Pathogenese von Tumorerkrankungen wird durch Signalwege gesteuert, so auch beim malignen Melanom. Diese Pfade regeln die Proliferation und die epithelial-mesenchymale Transition bei der Metastasierung, aber auch die Resistenz gegenüber Arzneimitteln.

Phytochemicals aus Gemüse, Früchten, Wurzeln und Kräutern wirken auf bestimmte Signalpfade und besitzen damit das Potenzial für eine mögliche komplementäre Therapie.

Grüner Tee

Werden die getrockneten und gerösteten Blätter des Teestrauches, Camellia sinensis, mit 90 Grad heißem Wasser aufgegossen, entsteht grüner Tee. Bis zu einem Drittel aller Krebspatienten konsumieren das Getränk. Das hat seinen Grund, denn grüner Tee enthält eine Vielzahl biologisch aktiver Polyphenole. Die Haupt­komponente, Epigallocatechin-3-Gallat (EGCG), wirkt im Experiment antientzündlich, antioxidativ, antimutagen und antikanzerogen. Wie die Substanz beim Melanom agiert, war lange unklar. Kürzlich wurde gezeigt, dass physiologische Dosen von EGCG Melanomzellen in ihrem Wachstum hemmen, normale Melanozyten aber nicht beeinflussen. Das geschieht, indem der Transkriptionsfaktor Nf-KB in den Tumorzellen unterdrückt und die Ausschüttung von Interleukin-1β verringert wird. In diesen Prozess sind Inflammasome eingebunden, zytoplasmatische Proteine der angeborenen Immun­antwort, die auf Entzündungsreize reagieren. Für die Wirkung von EGCG wird folgender Mechanismus postuliert: Herunterregulierung des Inflammasoms – verminderte Sekretion von Inter­leukin-1β– geringere Aktivität des onkogenen Faktors NfKB – verringertes Zellwachstum.[1] Vorsicht ist jedoch geboten, wenn Patienten zu große Hoffnungen in die Wirksamkeit des grünen Tees setzen und den Antitumor-Erfolg ihrer Chemotherapie erhöhen möchten. Hier können unerwünschte Wirkungen drohen, denn EGCG hem­mt direkt die Wirksamkeit von Bortezomib, einem Proteasom-Inhibitor. Grüntee oder dessen Produkte wie beispielsweise Matcha sind deshalb während der Therapie kontraindiziert.[2]

Resveratrol

Trauben, Erdnüsse und Cranberrys enthalten Res­veratrol, ein Phytoalexin, das Pflanzen bei mikrobiellen Infektionen schützt. Im Experiment wirkt die Substanz antioxidativ, immunmodulierend und antientzündlich und besitzt darüber hinaus antikanzero­gene Eigenschaften. So hemmt Resveratrol das Wachstum von Melanomzellen und induziert die Apoptose, indem es den Zellzyklus in der S-Phase anhält und die phasenspezifische Steuerung durch Cycline herunterreguliert. Wie kürzlich gezeigt wurde, erhöht Resveratrol die Empfindlichkeit von Melanomzellen gegenüber einer Bestrahlung. Die Signalwege werden beeinflusst, indem das β-­mel­anozyten­stimulierende Hormon gehemmt wird. Auch die typischerweise stark erhöhte Acetylierung des Transkriptionsfaktors STAT3 wird unterdrückt. Schließlich triggert Resveratrol die schützende Autophagie.[3]

Vielversprechende Anti-Melanom-Eigenschaften

Verzehrt man Erdbeeren, Mangos, Kiwis, Äpfel, Gurken oder Zwiebeln, nimmt man Fisetin auf. Das Flavonoid wirkt antiproliferativ gegen das maligne Melanom und andere Hauttumoren. Wie in dreidimensionalen Äquivalenten der menschlichen Haut dargestellt, reduzierte Fisetin das invasive Potenzial von Melanomzellen, und zwar auch hier durch Hemmung der Signalwege.4 Curcuma in Gelbwurz (curcuma longa) verleiht Currygerichten die appetitliche Farbe. Schon in der traditionellen indischen Medizin war die Wurzel als antientzündlich, antioxidativ und antikanzerogen bekannt. Tat­sächlich wirkt der Inhaltsstoff Curcumin chemopräventiv, und zwar durch Induktion der Apoptose und Hemmung der Angiogenese. Sicherheit und Wirksamkeit wurden in klinischen Studien der Phase I und II dokumentiert. Auch in Melanomzellen induziert Curcumin die Apoptose und begrenzt die Immortalisierung. Das Tumorwachstum verringert sich, die Metastasierung wird gehemmt. Es wird auch vermutet, dass Curcumin die Mehrfachresistenz des Melanoms umkehren kann, indem es die Glutathion-S-Transferasen hemmt.[3] Apigenin, ein Flavon mit chemopräventiver Wirksamkeit, findet sich in Petersilie, Sellerie, Artischocke und Kamille. In zwei separaten Studien wurde deutlich, dass Apigenin das Tumorwachstum beim Melanom in vivo hemmen konnte. In vitro unterband die Substanz die Sekretion des Endothelwachstumsfaktors.[5]

Studienlage ausbauen

Untersuchungen an Zellkulturen zeigten, dass bestimmte Phytochemicals die molekularen Prozesse der Signalgebung beim Melanom beeinflussen. Klinische Studien fehlen bisher. Dennoch ist es für die Zellen förderlich, wenn Hautkrebspatienten gezielt sekundäre Pflanzenstoffe über die Ernährung aufnehmen. Diese sind sicher, wenig toxisch und unterstützen die Compliance. Bis es gelingt, die sekundären Pflanzenstoffe mit zielgerichteten Therapien zu kombinieren, sind weiterführende Studien nötig.

[1] Ellis LZ et al., Biochem Biophys Res Commun 2011; 414(3): 551–556
[2] Golden EB et al., Blood 2009; 113(23): 59272009
[3] Pal HC et al., Mini Rev Chem 2016; 16(2): 953–979
[4] Pal HC et al., PLoSOne 2014; 9(1): e86338
[5] Chao SC et al., Evid Based Complement Alternat Med. 2013; 2013: 817674

Bildnachweis: appleuzr, vreemous (iStockphoto)

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