Mit der neuen Krankheitsnomenklatur der Europäischen Akademie für Allergie und klinische Immunologie (EAACI) werden neue Krankheitsendotypen beschrieben, die nicht mehr nur auf der Krankheitsbeschreibung basieren, sondern auf dem Verständnis komplexer immunologischer und metabolischer Mechanismen.
Das exponentielle Wachstum der Instrumente der Präzisionsdiagnostik, einschließlich der Omic-Technologie, der Molekulardiagnostik, der hochentwickelten genetischen und epigenetischen Analysen, der Bildgebung und der Nanotechnologien sowie des Zugangs der Menschen zu einer umfassenden Gesundheitsversorgung hat zu riesigen Mengen an Daten geführt, die eine eingehende Charakterisierung von Krankheiten ermöglichen. Dieser neue Ansatz hat den Übergang von einer Krankheitsbeschreibung, die sich auf Symptome und Organdysfunktionen konzentriert, zur Identifizierung von Biomarkern und komplizierten pathogenetischen und metabolischen Wegen erleichtert. Infolgedessen wurden neue Krankheitsendotypen für verschiedene allergische Erkrankungen identifiziert, was eine Überarbeitung der derzeitigen Krankheitstaxonomie zur besseren Kategorisierung erforderlich macht. Die Geschichte der Allergie und der zugehörigen Terminologie lässt sich bis ins frühe 20. Jahrhundert zurückverfolgen. Der Bedarf an aktualisierten Klassifizierungssystemen und neuen Allergiekonzepten ist durch ein tieferes Verständnis der zellulären Funktionen, der Immunmechanismen, der Gewebereaktionen und der therapeutischen Möglichkeiten entstanden.
Das Positionspapier der EAACI von 2023 schlägt eine aktualisierte Nomenklatur für allergische Erkrankungen vor, die den Fortschritten des Wissens und der Forschung auf diesem Gebiet Rechnung trägt [1]. Überempfindlichkeitsreaktionen wurden in 9 verschiedene Typen eingeteilt. Die ursprünglich von Gell und Coombs klassifizierten Antikörper-vermittelten Reaktionen vom Typ I, Typ II und Typ III wurden erweitert und mit ihren Verbindungen zu neu beschriebenen klinischen Zuständen detailliert definiert. Die von Pichler vorgeschlagenen zellvermittelten Reaktionen, Typ IVa (T1), Typ IVb (T2) und Typ IVc (T3), wurden auf der Grundlage der neuen Erkenntnisse über T1-, T2- und T3-Reaktionen weiter klassifiziert. Epitheliale Barrieredefekte (Typ V), direkte zelluläre und entzündliche Reaktionen auf chemische Substanzen (Typ VI) und stoffwechselbedingte Immundysregulation (Typ VII) werden als gewebsbedingte Mechanismen einbezogen. Einen Überblick über die neuen Endotypen allergischer Reaktionen gibt die Tabelle.
Der Autor
Prof. Dr. med. Ludger Klimek
Präsident des Ärzteverbandes Deutscher Allergologen
Zentrum für Rhinologie und Allergologie
65183 Wiesbaden